Samstag, 18. April 2020

Lange Schatten, der vierte Fall für Gamache, Louise Penny, gelesen von Hans-Werner Meyer, 8 CDs, 11 h 1 min. gekürzt



Lange Schatten, der vierte Fall für Gamache, Louise Penny, gelesen von Hans-Werner Meyer, 8 CDs, 11 h 1 min. gekürzt

Wie jedes Jahr zu ihrem Hochzeitstag am kanadischen Nationalfeiertag 1. Juli fährt Armand Gamache, Leiter der Mordkommission der Sûreté du Québec mit seiner geliebten Ehefrau Reine-Marie in das Manoir Bellechasse. Das Luxushotel von zurückhaltender Eleganz und Solidität, das einst eine riesige Jagdhütte inmitten der kanadischen Wildnis war, ist ein Geheimtipp, und trotz seiner Vergangenheit das Töten streng verboten. Dieses Jahr ist es leider nicht so idyllisch wie in den 25 Jahren zuvor. Bis auf ihr Zimmer, sind alle anderen mit Mitgliedern der seit Jahren zerstrittenen Familie Finney belegt. Zu Ehren des verstorbenen Patriarchen soll eine Statue mit seinem Konterfei im Garten errichtet und eingeweiht werden. Die Einweihung fällt leider aus, da die Gärtnerin unter ihr begraben, eine von der Statue erschlagene Tochter der Familie findet. Doch es war kein Unfall, sondern Mord. Die Stimmung kippt und wird nun alles andere als gemütlich. Auch Gamache wird offen angefeindet, ihn wurmt vor allem, wie denn eine so schwere Statue überhaupt hatte umkippen können. Ohne schwere Geräte, war dieser Koloss nicht zu bewegen, oder? Gamache tappt im Dunkeln und fürchtet, das das Motiv für diese Tat schon Jahrzehnte zurückliegt.

Ein schier unmöglicher Mord und das auch noch außerhalb von Three Pines! Ich hatte ja zu Beginn befürchtet, dass dieser Fall ganz ohne die liebgewonnen, sehr eigenwilligen Charaktere aus dem verborgenen Dörfen auskommen muss, aber nein, dem ist nicht so. Wer gründlich gelesen hat, bemerkt, dass sowohl das Hotel, als auch Three Pines tief in den Wäldern von Québec liegen und somit gar nicht so weit von einander entfernt. Dennoch spielt der Ort mit den meisten seiner Bewohner eine untergeordnete Rolle, allerdings bringt der Briefträger schweren Herzens eine Einladung für die ungeliebte Familienfeier im Manoir Bellechasse in eines der Häuser im Ort, ohne zu verraten, an wen diese adressiert ist. Dies ist einer der schriftstellerischen Kniffe der Autorin. Sie streut kleine Hinweise, die einen ins Grübeln bringen, wenn man sie aufschnappt und auf deren Auflösung man gespannt ist. Andere vergisst man im Laufe des Hörens wieder, nur um am Ende festzustellen, dass sie doch relevant für die Lösung des Falles waren.

Die Stärke der Reihe liegt ganz eindeutig in den Charakterbeobachtungen. So gibt es in der versammelten Familie lediglich 1 Kind. Bean, 10 Jahre alt, über das ein scharfer Beobachter bemerkt: „Bean kann nicht hüpfen“. Gamache trifft diese Bemerkung, seine rechte Hand versteht sie nicht. Ein Gedanke an meine zehnjährige Tochter und ich bin geschockt, denn selten gehen Kinder in dem Alter, sie springen, hüpfen, tänzeln, schleichen..... Solche Beobachtungen führen Gamache auch letztlich zur Lösung einer scheinbar unmöglichen Tat. Wie um alles in der Welt sollte es ein Mensch mit bloßen Händen schaffen, einen so schweren Stein zum Kippen zu bringen? Die Familie ist viel zu zerstritten, um die Tat gemeinsam zu begehen und warum ausgerechnet sie? Je mehr Gamache nachdenkt und in der Vergangenheit wühlt, desto mehr Gründe für einen Mord entdeckt er, wenn auch nicht an diesem Opfer, sondern an den noch Lebenden.
Doch das ist nicht alles was ihn beschäftigt. Sein Sohn Daniel wird erneut Vater und teilt ihm den Namenswunsch mit, falls es ein Sohn würde. Gamache ist entsetzt und muss sich seiner eigenen Vergangenheit und Ängste stellen. Dabei tritt ein weiterer Gast als Katalysator auf, denn er ist seinem Vater begegnet und erzählt von dieser Bekanntschaft. Das führt nicht unbedingt dazu die Stimmung zwischen dem Ermittler und den Gästen zu entspannen und vermag scheinbar den Leiter der Mordkommission zu sehr von der Aufgabe vor Ort abzulenken.
Es ist ein ruhiger Krimi, fernab von Handynetzen, in einer Art Zeittunnel zurück in der Vergangenheit. Denn auch wenn das Manoir Bellechasse mit jeglichem analogen Komfort ausgestattet ist, so sind die Wälder doch ein einziges Funkloch, der digitale Fortschritt ein Fremdwort. Das entschleunigt und bringt Zeit zum Nachdenken, dabei drängt die Zeit, sollte der Täter sich in die Enge gedrängt fühlen.
Denken ist das zentrale Motiv der Reihe, keine minutiöse forensischen Analysen, keine ausführliche Leichenbeschau, keine unappetitlichen Szenen, die man nicht unbedingt beim Kochen hören möchte.... Kultiviert und gebildet, mag der aufmerksame Hörer eventuell noch einiges lernen. Ich mag die Reihe mit jedem Fall mehr, je mehr ich von Familie Gamache erfahre und die Arbeit der Mordkommission kennenlerne...

Hans-Werner Meyer höre ich sehr gerne. Er klingt gepflegt, besonnen, kultiviert und unaufgeregt, genau wie Gamache. Interessanterweise sind es nicht die weiblichen Interpretationen, die ich bei ihm nicht so mag, sondern die einiger Männer. Beauvoir, die rechte Hand des Chefinspektors klingt immer leicht näselnd und überheblich, dabei ist er kein übler Kerl. Pierre Pattenod der Maître de mit seiner zurückhaltenden Eleganz eigentlich sympathisch, aber auch er klingt bisweilen etwas ältlich trottelig, obwohl er doch stets fast alles im Griff zu haben scheint. Wirklich stören tut mich aber Peter und das wird mit uns beiden wohl nichts mehr werden. Bislang sollte er wohl ein sympathischer Charakter sein, auch wenn er Gamache hin und wieder zu fragwürdigen Äußerungen hinreißt, für mich klingt er aber stets trottelig! Mein Liebling war bislang Ruth Sardo, die spitzzüngige Dichterin und auch wenn ihr Auftritt diesmal nur kurz ist, ist er nicht weniger gelungen. Dafür brilliert Hans-Werner Meyer als Eliane Finney, die herablassende, Familienobere mit der giftigen Zunge. Jeder bekommt seine eigene erkennbare Stimme.... Als Hamburger ist er vielleicht des Franzsösichen nicht so mächtig, da ich mir sicher bin, dass einige Namen anders ausgesprochen werden, aber wer weiß das bei Franco-Kanadiern schon so genau?

Ein kniffeliger Fall, wobei ich die Reihe mit jedem Fall lieber mag, da für mich Armand Gamache immer mehr an Profil gewinnt. Auch wenn dieser Band bereits 2008 erstmals in Kanada erschien, mindert dies nicht seinen Reiz, da es nicht um technische Finesse, sondern um Esprit geht und der ist zeitlos!

Ich bedanke mich ganz herzlich bei Der Audio Verlag für mein Wunschhörbuch zum #zuhausehören

Hier findet Ihr die Hörprobe:

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Freitag, 17. April 2020

Amulett #2 – Der Fluch der Steinhüterin, Kazu Kibuishi, Adrian Verlag



Amulett #2 – Der Fluch der Steinhüterin, Kazu Kibuishi, Adrian Verlag

Band 1 endet mit einem fiesen Cliffhanger, da Emilys und Navins Mutter nach dem Angriff der Elfenkrieger ins Koma fiel. Das Gift breitet sich immer weiter in ihr aus und es steht nicht gut um sie. In der majestätischen Stadt Kanalis hoffen sie Hilfe zu finden, doch in die pulsierende Stadt an den Wasserfällen sind auch schon die gefährlichen Elfenkrieger eingedrungen. Emily und ihre Helfer retten sich noch schnell in das dortige Krankenhaus und von dort aus über ein geheimes Tunnelsystem mit den Ärzten, Pflegern und Patienten aus der Gefahrenzone. Der kriegerische Fuchsmensch und Kopfgeldjäger Leon beschließt Emily von nun an beizustehen, haben die Elfenkrieger doch auch seinen Vater umgebracht. Von ihm erfährt Emily, dass auch der Elfenkönig einst ein Steinhüter war, der aber die Kontrolle über den Stein verloren hat und in seinem Streben nach Macht, dessen Versuchung erlag. Dadurch vollzog sich eine Verwandlung, die aus ihm ein gnadenloses Geschöpf mit unstillbarem Machthunger geschaffen hat. Emily, Leon und Miskit machen sich auf in den uralten Wald, der die Frucht hütet, die Emilys Mutter heilen kann. Ein Weg von dem bislang niemand zurückkehrte.

Franziska (10) und Jonathan (9) finden die Reihe unglaublich spannend und verschlingen die Bände. Beide sind eigentlich sehr sensibel, wenn es um Hörbücher oder Erzählungen geht. Bei dieser Reihe macht es ihnen aber noch nicht einmal etwas aus, wenn Köpfe abgeschlagen werden. Wahrscheinlich, weil es ja eine Graphic Novel ist, fernab ihrer kindlichen Realität. Pädagogisch finde ich dieses Abenteuer jetzt nicht wirklich, auch wenn der innere Kampf von Emily gegen den Versuch der Machtübernahme durch den Stein ziemlich heldenhaft ist. Allerdings finde ich es bewunderswert, wie tief die Kinder in diese Welt der Bilder mit wenigen Worten, eintauchen. Es zieht sie völlig in ihren Bann. Die Logik der Geschichte ist für die Kinder völlig klar. Roboter, sprechende Bäume mit Gesichtern und Menschen die sich in Kanalis immer mehr in Tiere verwandeln, sind einfach faszinierend. Auch der klare Kampf von Gut gegen Böse entspricht ihrer Vorstellung, ebenso wie der ungebrochene Wille, die Familie zu schützen.

Die Schrift ist recht klein, da die Textmenge aber sehr überschaubar ist, strengt es nicht sehr an. Ich habe den Eindruck, dass die Textmenge gegenüber Band 1 noch etwas weniger geworden ist. Dafür erfährt man mehr über die Hintergründe, sowohl über Emilys eigene Familie, als auch über Steinhüter und deren Aufgabe im Besonderen. Dennoch ist kein Ende des Abenteuers in Sicht. Allerdings lernt man mit dem Elfenprinz einen interessanten Charakter kennen, der noch nicht deutlich offenbart, auf wessen Seite er eigentlich steht. Kein Wunder, dass auch dieses Abenteuer  wieder mit einem Cliffhanger endet.

Der Zeichenstil ist besonders hinsichtlich der Landschaften und Roboterwesen sehr eindrucksvoll, die Gesichter der Personen sind aber schlichter. Dennoch kann man an ihnen die Emotionen klar ablesen.

Die Kinder finden die Reihe super, ich weniger. Spannend und fantasievoll ja, aber für mich einfach zu brutal. Richtig ärgerlich finde ich allerdings, dass unser Exemplar bereits beim 2. Lesen in seine Bestandteile zerfällt, im Gegensatz zum 1., der immer noch ganz manierlich aussieht. Franziska und Jonathan wollen auf jeden Fall weiterlesen!

Ich bedanke mich ganz herzlich bei der Agentur Buchcontact und dem Adrian Verlag für unser Rezensionsexemplar.

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