Dienstag, 9. Juli 2019

Explorer Academy (2) – Die Feder des Falken, Trudi Trueit, National Geographic



Explorer Academy (2) – Die Feder des Falken, Trudi Trueit, National Geographic

Im ersten Band ist der bald 13 jährige Cruz Coronado, wie vor ihm seine inzwischen verstorbene Mutter Petra und seine Tante Marisol, an der Explorer Academy aufgenommen worden. Es ist eine Eliteschule für junge Forscher und Entdecker, auf der neben den intellektuellen Fähigkeiten auch die sozialen gefordert und gefördert werden. Cruz musste entdecken, daß seine Mutter wahrscheinlich ermordet wurde, weil ihre Forschungsergebnisse der mächtigen Pharmafirma Nebula nicht gefallen haben. Sie hat ihm die Formeln in einzelnen codierten Teilen hinterlassen, auf die sie mittels eines holografischen Tagebuchs Hinweise für ihn versteckt hat. Seine Tante und auch der Kapitän des Schulforschungsschiffs wollen ihm dabei behilflich sein, die Formel wieder zusammenzusetzen und ihn vor weiteren Anschlägen zu schützen. Schon schnell zeigt es sich, daß jeder an Bord ein Feind sein könnte, so daß Cruz nur seine Kindheitsfreundin Lani auf Hawaii, seinen Mitbewohner Emmett und die Neuseeländerin Sailor in sein Geheimnis eingeweiht hat. Doch als sie die Suche nach dem nächsten Puzzlestück gen Norden führt, ist es Cruz heimlicher Schwarm, die Isländerin Bryndis, die immer dann, wenn die drei nicht weiterwissen, ahnungslos die Lösung präsentiert. Neben der gefährlichen Suche nach dem nächsten Teil des Rätsels, stellt aber auch die Schule neue Herausforderungen an sie. Die Schüler sollen erstmals das Erlernte und die neuesten technischen Erfindungen zum Wohle der Umwelt einsetzen und Wale retten. Das erweist sich als ebenso atemberaubend, wie auch gefährlich. 
 

Warum Cruz, Lani, Emmett und Sailor ausgerechnet Bryndis nicht einweihen wollen, die ihm bereits im ersten Band eine unschätzbare Hilfe war, haben wir immer wieder vergeblich versucht zu begreifen. Ja, es ist für Cruz scheinbar unmöglich zu unterscheiden, wer Freund und wer Feind ist, aber Bryndis halten wir eindeutig für eine Gute. Wir finden, sie hätte mehr Vertrauen verdient. Aber vielleicht macht Liebe blind? Sehr gut gefiel uns die Walbefreiungsaktion. Bei dieser kommen neue Erfindungen zum Einsatz, die es in der Realität so noch nicht gibt. Es ist sehr beeindruckend wie friedlich diese riesigen Meeressäuger sind und wie sehr sie uns doch trotz all ihrer Größe und Stärke ausgeliefert sind! Ein tolles Plädoyer an die jungen Leser zum Umweltschutz, das durch die doppelseitige farbige Illustration noch einmal nachdrücklich unterstrichen wird. Die neuen Technologien fand meine fast 10 jährige Tochter zwar sehr interessant und spannend, aber sie kannte nicht alles, worauf sie basieren, so daß es für sie hilfreich war, mit mir zusammen zu lesen, so daß ich ihr alles Unbekannte und Neue erklären konnte. Es ist nicht immer alles aus dem Text als solches heraus verständlich. Eine gewisse Technikbegeisterung und Vorkenntnis wird durchaus vorausgesetzt. So ist diese neue Welt für sie faszinierend und unbegreiflich zugleich.

Cruz Auftrag wird immer gefährlicher, denn in kurzen Zwischenkapiteln kann man immer wieder die geheimen Missionen der Gegner mitverfolgen. Es ist klar, daß auch die Orion von Spionen Nebulas unterwandert ist. Auch Cruz hat das Gefühl niemandem trauen zu können. In jedem Band, wird mindestens ein Feind enttarnt, aber dieser sofort wieder von Nebula ersetzt. So macht sich ein leicht paranoides Gefühl breit, aber durchaus altersangemessen und sehr spannend.

Band 1 haben wir als gekürztes Hörbuch gehört. Wir haben uns nun wegen der hochwertigen Aufmachung für das Buch entschieden, auch weil wir wissen wollten, ob die technischen Ausführungen dann für Kinder leichter verständlich sind, oder ob wieder hilfreich ist, der Geschichte gemeinsam zu folgen. Die Illustrationen und die Kapitelanfänge mit Koordinaten, sobald das Schiff ein neues Ziel ansteuert haben uns sehr gut gefallen. Auch das Decodieren fällt deutlich leichter, wenn man das neue Rätsel liest, statt es zu hören, dennoch blieb ich als allwissende Mitleserin unverzichtbar. Dabei war auch mir einiges neu. Den Saatguttresor auf Spitzbergen kannte ich noch nicht und auch auf Island scheint sich seit meinem Besuch dort einiges verändert zu haben. Diese Einblicke in fremde Länder und die Bemühungen das genetische Erbe der Fauna und Flora zu erhalten, fanden wir beide sehr interessant. Abgerundet wird der wissenschaftliche Anspruch mit durch einen Glossar, in welchem erklärt wird, auf welche realen Forschungsergebnisse und Entdeckungen diese Geschichte zurückgreift.

Anspruchsvolle Agentenaction mit wissenschaftlichem Hintergrund für Kinder, sowohl Jungen als auch Mädchen ab 10 Jahren.

Wir bedanken uns ganz herzlich für dieses Rezensionsexemplar bei der Agentur Literaturtest.

Montag, 8. Juli 2019

Der Wald, Nell Leyshon, gelesen von Laura Maire Random House audio, 8 CDs 10 h 2 min.



Der Wald, Nell Leyshon, gelesen von Laura Maire Random House audio, 8 CDs 10 h 2 min.

Warschau im zweiten Weltkrieg. Die großbürgerliche Familie des kleinen Pawel erträgt die Besetzung ihrer Heimat nicht und engagiert sich im Widerstand. Bislang war seine Oma eine erfolgreiche Ärztin, seine Mutter eine begabte Cellistin und sein Vater ein Maler. Die Eltern lebten in ihrer Welt der schönen Künste, bis der Krieg hereinbrach. Doch dann bringt der Vater einen schwer verletzten englischen Piloten ins Haus, dem die Großmutter das Sterben erträglicher machen soll. Allerdings verliebt sich seine labile Tante Joana sich in Fremden und pflegt ihn gesund. Mit Kindern im Haus kann man keine Geheimnisse bewahren und Pawel und seine Mutter müssen in den Wald flüchten und ihr einst so kultiviertes Leben dreht sich nur noch um ihr Überleben, eine Aufgabe, auf die sie bislang niemand vorbereitet hat. Ganz anders als die alte Einsiedlerin Baba, die sie gegen Bezahlung aufnimmt.

Laura Maire erzählt diese Geschichte aus Pawels zu Beginn kindlich naiver, verwunderter Sicht. Mal klingt sie verstört, mal verwirrt. Sehr verletzlich in dieser Welt, in der nichts so ist, wie er es kennt. Sie nimmt bisweilen ihre Emotionen zurück, wodurch sie noch eindringlicher klingt, denn das Kind, in das sie sich einfühlt weiß nicht, was es denken und fühlen soll. Doch trotz der unaufgeregten Interpretation klingt sie nie gleichgültig oder monoton, wie es mir bisweilen bei Hörbüchern mit ähnlich ernster Thematik vorkommt. Hier hat die Zurückhaltung, Stil und Ausdrucksstärke. Auch wenn diese preisgekrönte Interpretin den Charakter dieses ungewöhnlich nachdenklich, verträumten Kindes trifft, vermag auch sie es nicht über die Längen im Mittelteil hinweg zu helfen. Der Kontrast zwischen den Kriegsszenen in Warschau und den introvertierten Szenen auf dem einsamen Waldhof, auf dem die Zeit nicht zu existieren scheint und sich alles auf das Sein zu reduzieren scheint, ist zu groß. Die einst so feinsinnige, kultivierte Mutter Sophia, die ein Leben mit Dienstboten und gepflegten Gesprächen gewöhnt war, kommt mit der Einfachheit und Eintönigkeit im Wald nicht klar. Statt wie ihr Sohn lieben zu lernen, was die Natur um sie herum ihr bietet und seine Regeln zu lernen und zu verstehen, scheint sie in Apathie zu verfallen. Sie versteht sich und ihre Gefühle nicht mehr. Wahrscheinlich ist sie soviel Introspektion nicht gewohnt und doch ist sie ein Mensch der stets nachdenkt und das Denken nicht sein lassen kann. . Sie ist zerrissen zwischen ihrer Mutterliebe und ihrer Irritation über seine ungewöhnliche Sensibilität und über die Stärke ihrer eigenen Gefühle. Bislang gab es auch immer Angestellte die ihr alle lästigen Arbeiten abnahmen, so dass sie sich ganz sich selbst und dem, was einer Frau in ihrer Position oblag, widmen konnte. Dabei wirkt sie bisweilen hart. Anders als z.B. die meisten Trümmerfrauen dargestellt werden, die anpacken, weil es sonst nicht weiterginge, schafft sie durch ihre Gedanken Distanz statt Bewunderung. Die feinsinnige Künstlerin lernt man als bisweilen sehr selbstkonzentriert kennen. Doch Pawel kennt es nicht anders. Erst Jahre später begreifen beide die Bedeutung dessen, was diese Zeit in der Abgeschiedenheit des Waldes für sie bedeutet hat. Während Pawel die Welt so akzeptieren lernt wie sie ist, kämpft Sophia auch nach dem Krieg mit unerfüllten Wünschen und Erwartungen. Trotz teilweise erstaunlicher Weitsicht, ist sie jedoch lange Zeit nicht bereit, sich ihren eigenen Schlussfolgerungen zu beugen. In dem letzten Teil der Geschichte, der mehr aus ihrer Sicht erzählt wird, schafft es die Interpretin gekonnt, den Perspektivwechsel auch stimmlich nachzuvollziehen, und klingt nun nach der vom Leben gezeichneten Mutter.

Dieser Roman hat bisweilen etwas kammerspielartiges, selbst in den Kriegsszenen, wobei mir diese durch die innere und äußere Entwicklung deutlich besser gefallen. Sowohl Pawel, als auch seine Mutter beobachten stets und können das Denken nicht lassen. Doch anders als Sophia ist Pawel ein Träumer. In Kriegszeiten ist dies eventuell gefährlich, aber auch vielleicht, die beste Möglichkeit nicht den Verstand zu verlieren. So ist dieser Roman auch sehr stark von inneren Monologen geprägt. Wer bei diesem Thema actionreiche Szenen auf der Flucht erwartet, ist hier völlig auf dem Holzweg, sehnt er sich nach Action, sollte er sich ein anderes Hörbuch suchen. Hier liegt die Stärke in der Poesie der Beobachtungen und Gedanken zweier Künstlerseelen, die in eine unbarmherzige Zeit hinein geboren wurden und sie dennoch begreifen möchten. So sind ihre Gedanken auch bisweilen poetisch und auch entsprechend verbalisiert. Es ist keine dahinplätschernde seichte Unterhaltung und man sollte auch ein gewisses Sprachniveau besitzen. Schade finde ich, daß man das ungefähre Jahr, in dem die Geschichte jeweils spielt, stets erraten muß und man die Zeitsprünge nicht unmittelbar bemerkt, sondern erst wenn er bereits eine Weile begonnen hat, wenn es z.B. Hinweise auf das Alter, Umzüge oder ähnliches gibt. Ob das in der Buchvorlage auch so ist, weiß ich nicht.

Eine Geschichte über das Leben, das uns prägt, mit allen Schicksalsschlägen, daß wir aber lernen müssen uns, und die, die wir lieben so zu akzeptieren, wie wir bzw. sie sind. Ändern kann man nur sich selbst, nicht seine Lieben. Die Schicksalsschläge machen uns auch nicht zu anderen Menschen, das liegt alles schon von Geburt an in uns, aber unsere Teevorlieben könnten zum Beispiel durch ein Überleben im Wald verändert werden oder wir lernen, die Natur zu verstehen, von der uns bislang gar nicht bewußt war, wie sehr wir sie lieben. Eine starke Mutter-Sohn-Beziehung, die durch die Zeit und ihre Entwicklungen dahin mäandert.

Ein schönes Hörbuch, dessen Titel und Klappentext aber etwas anderes erwarten lässt, als man zu hören bekommt. Es bedarf schon einer gewissen Bereitschaft, sich auf eine Geschichte und Gedanken einzulassen, die mehr eine Familiengeschichte, als ein Widerstandsdrama ist.

3,5 Sterne gerundet auf 4.

Ich bedanke mich ganz herzlich beim Bloggerportal für dieses ungewöhnliche Hörexemplar.