Mittwoch, 19. Juni 2019

Der Esel Pferdinand (6) Abrakadabra einmal grauer Esel, Suza Kolb, Ill. Carola Sieverding, Magellan Verlag



Der Esel Pferdinand (6) Abrakadabra einmal grauer Esel, Suza Kolb, Ill. Carola Sieverding, Magellan Verlag

Endlich wieder Ferien und Emmi ist bei Oma und Opa Hoppe und ihrem geliebten Esel Pferdinand, der kleine Esel, der sich so sehr bemüht wie ein Pferd zu sein. Dabei ist er doch viel besser als ein Pferd! Vor allem viel besser als der eingebildete Pitt, der seinem Reiter Lenni und Emmis guter Freund, das Leben schwer macht mit seinen Launen. Doch Lennis Geburtstag steht unmittelbar bevor und diesmal soll es eine Überraschung geben. Da kann nichts seine gute Laune verderben. Im Dorf gibt es seit neuestem einen Zauberer und der soll auf seiner Party auftreten! Emmi glaubt ja nicht, daß Herr Rabzack wirklich zaubern kann und meint, daß das alles nur Tricks seien. Doch als Pferdinand sieht, wie der Zauberer weiße Mäuse aus dem Hut zaubert, sieht er seine große Chance gekommen! So ein Magier kann ihn doch sicher auch in ein Pferd verwandeln!

Meine Töchter lieben den Esel Pferdinand so wie er ist! Voller lustiger Ideen, abenteuerfreudig und ein loyaler Freund. Seine Freunde wollen ihn auch genauso so haben und wissen nicht so richtig, wie sie ihn von seinem Plan abbringen sollen, nicht daß er genauso wird wie Pferd Pitt!


In diesem Abschlußband der Reihe geht es darum, was wirklich zählt im Leben. Ist es wirklich die Erfüllung von vermeintlichen Schönheitsidealen, oder doch etwas ganz anderes? Warum sind einige wie Pitt oder Eselsbruder Zottel so fies? Sind sie wirklich gemein, oder steckt doch was ganz anderes dahinter? Diese Fragen beleuchtet der 6. Band und kommt für den kleinen Esel zu ganz erstaunlichen Ergebnissen! Aber natürlich ist das hier keine langweilige Moralpredigt, sondern wie immer ein echtes Abenteuer voller Überraschungen und Hindernissen. Dabei treffen die Freunde vom Klausen- und Hoppehof auf alte Freunde und lernen neue kennen. Klar sie sind ja offen und haben ein großes Herz, was machen da schon Größenunterschiede aus.
Suza Kolb erzählt ganz liebevoll eine Geschichte über ungleiche Freunde, die nichts trennen kann, da sie sich einfach verstehen. Ja, auch Emmi und Lenni wissen einfach, was ihnen die Tiere sagen wollen, selbst Kater TomTom und Hahn Bernd. Die Kombination der Tiere, deren Freundschaft jeden erdenklichen Rahmen sprengt, ist einfach witzig und ermutigt Kinder, doch einfach mal ungewöhnlich zu denken. Der absolute Liebling meiner Jüngsten ist übrigens der kleine Ziegenbock Paule, der beste Freund des grauen Träumers. Den findet sie viel niedlicher auf den Bildern und meistens ist er auch der vorsichtigere von den beiden, dabei sind sie eigentlich nur gemeinsam so richtig mutig. Freundschaft macht halt stark und Einsamkeit mies gelaunt und muffelig. 

Die Schriftgröße ist für sehr junge Leser ab Klasse 2 noch angenehm groß. Die Sprache ist gut verständlich und gut lesbar. Die Kapitel haben eine überschaubare Länge und mit rund 140 Seiten können die kleinen Leser stolz auf sich sein, ohne sich jedoch vom Umfang erschlagen zu fühlen. Ein echtes Buch um Spaß am Lesen zu bekommen.

Dabei wird diese Geschichte mit den wunderbaren, farbenfrohen Illustrationen von Carola Sieverding verschönert. Ganz zu Beginn der Geschichte gibt es im Einband sogar ein Bild von den tierischen Bewohnern von Opa und Oma Hoppes Garten, mit Namen. Das macht es Neueinsteigern leichter und weckt bei den Kennern der Reihe schöne Erinnerungen.

Mit diesem Band erhält die Reihe ein würdiges Ende, in sich schlüssig, rundet es alles richtig ab und vermittelt Kindern vor allem eins: Akzeptanz als Zauberwort!

Wem dieses Buch gefällt, kann neben den übrigen 5 Bänden der Reihe auch noch die erfolgreiche Ponyreihe „Die Haferhorde“ von Suza Kolb entdecken.

Eine sehr empfehlenswerte Reihe für junge Leser ab Klasse 2, die aber meine Töchter, obwohl schon deutlich älter, immer noch lieben.

Montag, 17. Juni 2019

Das Mauerschweinchen, Eine Wendegeschichte, Katja Ludwig, gelesen von Stefan Kaminski und Nana Spier, cbj audio, 2 CDs 2 h 30 min. gekürzt



Das Mauerschweinchen, Eine Wendegeschichte, Katja Ludwig, gelesen von Stefan Kaminski und Nana Spier, cbj audio, 2 CDs 2 h 30 min. gekürzt

Deutschland in den 80er Jahren, Berlin ist eine geteilte Stadt. Eine Mauer zerschneidet sie in zwei Teile Ost (DDR) und West (BRD) und damit auch mitten durch Straßenzüge wie z.B. die Sonnenallee, die Schwedter Straße oder die Wolliner Straße. Das macht auch heute noch das Navigieren durch Berlin schwierig, aber damals war die Mauer zwischen den 2 politischen Systemen schier unüberwindbar. In der Wolliner Str. 54 lebt Aron vorübergehend. Seine Eltern sind als linientreue Genossen zu einem Forschungsaufenthalt in Moskau, so daß Aron, ein leidenschaftlicher Drachen- und Flugzeugkonstrukteur zu seiner Oma zieht. Die ist nicht ganz so linientreu, aber Rentnerin und wohnt in einem der Mauerhäuser. Während sie mal wieder einem ihrer Ausflüge in den Westteil der Stadt macht, was Rentner durften, bleibt Aron zurück. Und nicht nur er, auch Meerschweinchen Bommel von den Müllers, die in einer Nacht- und Nebelaktion ausgereist, oder geflüchtet sind. Wer weiß das schon. Die Nachbarn wollen Bommel grillen und verspeisen, das kann Aron nicht zulassen, aber bei Oma kann er auch nicht leben, wegen der Katze, die frisst bestimmt Meerschweinchen. Also muß Aron Bommel aus den Klauen der gierigen Metzgersfamilie befreien und in Sicherheit bringen.
Auf der anderen Seite der Mauer lebt Nora, in der Wolliner Straße 45. Sie wünscht sich nichts so sehr wie ein Meerschweinchen, doch ihre Eltern wollen keine Haustiere, noch nicht mal ein kleines Meerschweinchen. Darum drückt sich Nora auch immer in der Zoohandlung um die Ecke herum, um bei den Tieren sein zu können, so oft, daß sie mit Antonio, dem geistig zurückgebliebenen Sohn der Eigentümerin sogar schon befreundet ist. Als ihre beste Freundin nun auch dem „Vier-Pfoten-Club“ der Oberklassenzicke beitritt und zu einer Geburtstagsparty einlädt, zu der man nur mit seinem Haustier darf, hat Nora ein echtes Problem. Ob sie sich ein Meerschweinchen aus dem Zooladen ausleihen darf, oder woher soll sie ein Tier nehmen?


Es empfiehlt sich mit der CD von Arons Geschichte zu beginnen, da diese zeitlich zuerst beginnt. Dies ist nicht vermerkt, aber sinnvoll finde ich, nicht jedoch zwingend. Es ist eine Wendegeschichte, obwohl die Wende in der Politik sich noch nicht bemerkbar machte, die Teilung aber allzeit gegenwärtig in den Köpfen der Bewohner Berlins. Doch die Kinder heute können sich das gar nicht mehr vorstellen und es ist auch nicht mehr so viel davon zu sehen, außer daß es an einigen Stellen schwierig ist, die vom Mauerpark geteilten Straßen mit dem Auto zu durchqueren. Wie soll man also Kinder das begreiflich machen, was es damals bedeutete in Berlin zu wohnen, während heute die Problematik bezahlbarer Mieten im Vordergrund steht? Am Besten mit einer Geschichte, einer Geschichte, die in Ost und West spiel, aus der Sicht von Kindern, Junge und Mädchen, damit sich alle angesprochen fühlen. Und wofür brennen alle Kinder, meist vergeblich? Klar für Haustiere! Doch diese Geschichte hier basiert tatsächlich auf wahren Begebenheiten, das fliegende Meerschweinchen hat es gegeben, ebenso wie Aron und Nora, die aber wohl anders hießen, und natürlich die Plastiktüte.
Ich hatte befürchtet, es könnte langweilig sein, weil Arons und Noras Geschichten zu viele Überschneidungen hätten, aber es reizte mich, da das Buch ein Wendebuch ist, das man von zwei Seiten, aus verschiedenen Perspektiven lesen kann, dann dreht man es um und fängt wieder an. Wie soll das denn bitte schön, bei einem Hörbuch funktionieren? Es funktioniert sogar sehr gut! Als ich das Hörbuch auspackte, mußte ich grinsen. Solch eine Hülle hatte ich ja noch nie gesehen, sie lässt sich von vorne und hinten öffnen! Es gibt kein CD 1 oder CD 2, weil es kein vorne und kein hinten, kein richtig und kein falsch gibt. Es sind zwei unabhängige Geschichten, die sich am Ende bzw. in der Mitte bei der Rettung des Mauerschweinchens Bommel treffen, als Happy End sozusagen hat Bommel fliegend die Teilung der Stadt überwunden.
Stefan Kaminski ist selbst Ostberliner und hat auch schon zuvor „Das Labyrinth der Lügen“ einen Jugendkrimi zur Teilung der Stadt gelesen. Er liest Arons Geschichte sehr nachlebbar. Seine Unsicherheit, als seine Oma plötzlich auch weg ist, nachdem sie mal wieder rüber in den Westen ist, seine Verzweiflung, als Bommel gegrillt werden soll und seine Entschlossenheit ihn zu retten, all das hört man seiner Stimme an. Dabei schließen Aron und sein neuer Zufallsfreund einen kühnen Plan. Der ist nicht ganz ohne, denn in der DDR mußte man stets auf der Hut sein, vor Spitzeln, vor allen möglichen Gefahren und zu vertrauen konnte gefährlich sein. Doch für Bommel, wagt Aron es. Das Zögern, das Zweifeln, der Mut der Verzweiflung, all das kann man Aron, alias Stefan Kaminski sehr gut anhören und somit mitfühlen. Besonders das Bespitzelungsgefühl ist sehr gut gelungen, denn eigentlich sollte man sich ja als Kind mit diesem Gefühl nie auseinander gesetzt haben. Fast schon agentenmäßig spannend!
Die Westberlinerin Nana Spier spricht hingegen Nora (das Buchstabenspiel der Vornamen Aron und Nora von der Autorin finde ich schon klasse). Ebenfalls verzweifelt, weil sie ein echtes Problem hat. Sie wünscht sich sehnlichst ein Meerschweinchen zu Weihnachten und bekommt einen Zauberkasten! Außerdem hat sie Streit mit ihrer besten Freundin und die Klassenzicke, hackt auf ihr rum! Diesen Mädchenkonflikt kann man Nana Spier genau anhören, auch diese Biestigkeit von der Nora sich bedroht und verunsichert fühlt. Dennoch ist auch dieser Handlungsstrang, auch jungstauglich, denn sie ist ziemlich gewitzt und keine Tussi. Dilemmamäßig spannend!

Ein Hoch auf die wahrscheinlich tierliebste Plastiktüte der Literaturgeschichte.

Eine sehr außergewöhnliche Geschichte über den Alltag und seine Tücken in der damals geteilten Stadt. Deutsch-deutsche Geschichte wird so auch für Kinder ab 9 Jahren hör- und fühlbar!

Ich bedanke mich ganz herzlich bei cbj-audio für dieses wirklich andere Hörbuch.