Donnerstag, 28. Februar 2019

Gespensterponychaos (2) – Wäschegeister und Gekleister, Karin Müller, Stéffie Becker, Schneiderbuch Egmont



Gespensterponychaos (2) – Wäschegeister und Gekleister, Karin Müller, Stéffie Becker, Schneiderbuch Egmont

Vorgestern ist Mira Morgenschön, mit ihrem Vater Bjarne und der Katze Frau Morgenschön in eine alte Villa mit Schuppen gezogen. Da ihre Mutter auf einer Grabung in Kuala Lumpur für Monate beschäftigt ist, hat sie Frau Fiedler als Haushälterin engagiert. Diese ist eine ausgezeichnete Köchin und liebt belgische Pralinen, aber Tiere mag sie nicht und die stehen auch nicht in ihrem Vertrag. Katze Frau Morgenschön findet zum Glück Gnade in ihren Augen, doch das 413,5 Jahre alte Gespensterpony Belle, das Mira schon kurz nach dem Einzug entdeckte, darf sie auf keinen Fall kennenlernen. Doch Belle hat schon seit über 100 Jahren niemanden mehr zum Spielen gehabt und sich so lange gelangweilt, daß sie nun zu Übermut neigt. Mira und Frau Morgenschön haben alle Hände und Pfoten voll zu tun, ihre Schäden zu beseitigen und Spuren zu verwischen. Denn sollte Frau Fiedler kündigen, muss Mira ins Internat. Mit ihrem vergeistigten, lebensuntüchtigen Vater kann sie unmöglich alleine in dem großen Haus leben. Belle muss dringend Regeln lernen, damit Mira nicht weg muss. Doch zuerst muss Mira mehr über Belle erfahren. Zum Glück macht sie in ihrem Zimmer eine aufregende Entdeckung.

Ein unsichtbares Pony, das man Füttern, Streicheln und Striegeln kann, nur für sich allein, das klingt doch super! Zu dumm, daß es ein Geheimnis bleiben muss, weshalb Mira wirklich alle Hände voll zu tun hat. So bleibt kaum Zeit zu verschnaufen, oder ihr Gespensterpony zu genießen. Zu schnell folgt eine Katastrophe auf die nächste. Glücklicherweise können die Tiere untereinander sich verstehen, wenn auch Mira lediglich mit Belle sprechen kann. Aber auch wenn Frau Morgenschön ein wenig verstimmt ist, weil Mira dem Pony so viel Aufmerksamkeit schenkt, ist sie Miras engste Verbündete und sorgt immer mal wieder für Rettung in letzter Sekunde! Kaum zu glauben, daß auch diese Geschichte lediglich den Zeitraum von 2 Tagen umspannt, so viel wie in der Villa gerade los ist! Mira kommt kaum zum Atmen, die jungen Leserinnen haben dafür aber umso mehr Grund zu kichern. Für Langeweile bleibt da keine Zeit. Es ist aber super, wie Kinder beim Lesen merken, daß ohne Regeln das reinste Chaos ausbricht und zwar in einem Maße, daß es einfach keinen Spaß mehr macht. Nicht nur Kinder brauchen Regeln, auch Tiere ;) Eine Erkenntnis, die Mira ganz von alleine kommt und über die ihre Katze, als Stimme der Vernunft sehr erfreut ist. Auch wenn Frau Morgenschön so vernünftig und auch etwas überheblich ist, immerhin ist sie eine Schnurrkatze von Welt, muss man sie einfach gerne haben. Egal wie angefressen gerade ihr Ego sein mag, sie steht ihrer Mira treu zur Seite und rettet sie aus den schlimmsten Miseren. Doch zwischen all den Katastrophen hat Mira auch einen geheimen Lichtblick auf den es sich freuen kann. Im Möbelhaus hat sie ein Mädchen in ihrem Alter kennen gelernt, das sie zu einem Mondscheinturnier eingeladen hat. Oh je, bis dahin muss sie noch viel darüber lernen, wie man Belle sichtbar und wieder unsichtbar macht und noch manch anderes Geheimnis lüften. Bislang ist sie auf Belle ja noch nicht einmal geritten. Aber das ist das Abenteuer für mindestens Band 3.

Das Cover von Stéffie Becker ist wunderschön mit UV-Lackierung für den Titel und die Buchhelden auf matten Grund. Gespensterpony Belle glitzert sogar, um zu verdeutlichen, daß sie durchscheinend ist, wenn sie zu zwei Vierteln sichtbar ist. (uiuiui, wann und wie sie sichtbar bzw. unsichtbar ist, ist wirklich eine Wissenschaft für sich!). Auch innen ist das Buch durchgehend 3 farbig illustriert. Mit süßen kleinen Blümchenvignetten, pinken Geräuschchaoswörtern und auch mit Bilder von der empörten Frau Fiedler, der verzweifelten Mira oder der trotz allem hinreißenden Belle. Zusammen mit den größeren Drucktypen, dem großen Zeilenabstand und den kurzen Kapiteln ist es ideal für junge Leserinnen ab 8 Jahren. Sprachlich ist die Ausdrucksweise dem Lesealter angepasst, ohne Anglizismen oder recht ungebräuchliche Begriffe. So können sie sich schnell über Leseerfolge mit einer witzigen Pferdeabenteuergeschichte freuen. Für die Eltern hat es den Vorteil, daß es kein klassisches Pferdebuch ist. Ein Gespensterpony kann man nicht kaufen, da kann man die Geschichte mehr genießen, ohne gleich selbst die Eltern zu bestürmen, daß man doch dringend selbst ein Pony braucht (Mira darf ja auch keines haben). Da hat Autorin Karin Müller, die auch Autorin der wunderbar magischen Nordlicht-Reihe ab 12 Jahren, ein Herz für Eltern und Kinder bewiesen. Eine vergnügliche Mädchenreihe ab 8 Jahren, für alle jungen Leserinnen, die vergeblich von einem Pony träumen und Chaos und Spuk lieben!

Wir sind schon auf das nächste Abenteuer gespannt und bedanken uns ganz herzlich beim Schneiderbuch Egmont Verlag für dieses aufregend-chaotische Rezensionsexemplar.

Mittwoch, 27. Februar 2019

Die Richterin und die tote Archäologin, Ein Südfrankreich Krimi, Liliane Fontaine, Piper



Die Richterin und die tote Archäologin, Ein Südfrankreich Krimi, Liliane Fontaine, Piper

Untersuchungsrichterin Mathilde de Boncourt erholt sich langsam von den Schrecken des Anschlags auf ihr Leben, als sie sonntags an einen neuen Tatort gerufen wird. Ihre alte Schulfreundin, zu der der Kontakt abgebrochen war, die Archäologin Flavia Leone, wurde erstickt auf einer Grabungsstätte in der Nähe von Montpellier aufgefunden. Nachträglich wurde ihr die Replik einer antiken Totenmaske auf ihr Gesicht gelegt. Mathilde entdeckt ein Nest des Ehrgeizes, der Missgunst und der geheimen Liebschaften. Keines der augenscheinlichen Motive vermag Mathilde und ihr Team zu überzeugen. Außerdem ist ihr junger Cousin Sébastien mit Downsyndrom verschwunden. Weil anscheinend keiner für ihn Zeit hatte, hat er sich auf den Weg nach Deutschland gemacht. Commandant Rachid Bouraada plagen ganz eigene Dämonen, die ihn in einen tiefen Gewissenskonflikt zwischen seiner Familie und seinem Beruf stürzen. Nur der junge Lieutenant Felix Tourrain schwebt im 7. Himmel, er ist verliebt, wie nie zuvor.

Ein Krimi mit ganz viel Südfrankreich-Feeling, wobei sich diesmal der geographische Schwerpunkt vom Hinterland von Nimes die Küste entlang Richtung Montpellier, La Grande Motte und Sète verlagert. Das sonnige Feriengefühl wird hier wirklich um sehr interessante Infos und Fakten zu der Gegend, die wunderbar beschrieben ist, bereichert. Gerade durch das Setting der archäologischen Grabungen gibt es immer wieder Anlass, in die Geschichte des Landes Einblick zu nehmen. Ich empfinde es als sehr schönen Rahmen für diesen Krimi, der durch die persönlichen Probleme der Protagonisten zusätzlich gewürzt wird. Auch der erste Fall der Reihe, der nicht vollständig abgeschlossen werden konnte, da die Reichen und Mächtigen sich gegenseitig zu schützen wissen, wird wieder in Erinnerung gerufen. Es ist offensichtlich, daß Mathilde und ihr Team so schnell nicht aufgeben werden, aber derzeit gibt es keine neuen Spuren und als ein zweiter Toter aufgefunden wird, wird die Situation noch verwirrender. Die Autorin streut immer wieder Fragmente von Motiven und Möglichkeiten ein, doch keine mag recht zu passen und mancher anfangs verheißungsvoll erscheinende Ermittlungsansatz verläuft dann doch im staubigen Sande der Grabungen. Genügend unsympathische Gestalten, denen man eine Enttarnung als Täter wünschen könnte, sind auf jeden Fall vorhanden. Dennoch ist dies, trotz des sehr ernsthaften Themas, daß der Tat zugrunde liegt, eher ein Wohlfühlkrimi. Er ist mehr vom Sonnenschein, Weingenuss und der Landschaft, als von Grausamkeiten und Blutströmen geprägt. Selbst der Showdown erinnert mehr an Agatha Christie, und kommt gänzlich ohne Verfolgungsjagden und quietschende Reifen aus. Die Lösung steckt im Detail, wobei ich mir nicht sicher bin, ob ich den entscheidenden Hinweis, im Eifer um Aufklärung überlesen habe, oder ob dieses Detail nicht benannt wird. Diesen Fall konnte ich nicht lösen, ich hatte nur so ein merkwürdiges Bauchgefühl. Die Lösung führt allerdings die Brisanz des Falles wieder vor Augen und bindet den Prolog irgendwie in die Geschichte mit ein, auch wenn man ihn sich meiner Meinung nach hätte sparen können. Für mein Empfinden hat er mehr atmosphärischen Nutzen und regt zum Nachdenken über viel zu wenig beachtete Verbrechen an, ist für den eigentlichen Krimi allerdings ohne Belang.

Liliane Fontaine, die auch als Liliane Skalecki Krimis mit historisch-kritischem Bezug veröffentlicht, schreibt die Südfrankreich Krimis unter ihrem Mädchennamen. Aufgrund ihrer französischen und deutschen Wurzeln kennt sie sich in beiden Welten sehr gut aus und lässt ihre Beobachtungen immer wieder in den Roman mit einfließen. Da ich diese Gegend ebenfalls sehr liebe, empfinde ich es als wirkliche Bereicherung, die mich immer mal wieder schmunzeln lässt. Der Stil ist angenehm fließend und dabei sehr bildlich. Die Beschreibungen von Land und Leuten finde ich sehr treffend.

Ein guter Krimi mit sympathischen Ermittlern in einer traumhaften Gegend. Ich hoffe, ich werde der Reihe noch lange folgen können, denn der Schluss lässt Großes erwarten!

Ich bedanke mich ganz herzlich bei #netgalley für das Rezensionsexemplar, daß mir auch im Winter angenehmes Sommerurlaubsfeeling verschaffen konnte.