Dienstag, 19. Februar 2019

Iron Flowers (2) – Die Kriegerinnen, Tracy Banghart, gesprochen von Coco Plümer und Theresa Horeis, Goya libre



Iron Flowers (2) – Die Kriegerinnen, Tracy Banghart, gesprochen von Coco Plümer und Theresa Horeis, Goya libre

Nachdem Asa bei dem Putschversuch Nomi hintergangen hat, lässt er sie, Maris und den schwerst verletzten Malachi auf den Berg des Verderbens die Gefängnisinsel bringen. Doch die Wachen werden Malachi kurz vor Erreichen des rettenden Ufers ins Meer. Zumindest für Nomi und Serina gibt es ein glückliches Wiedersehen in brenzliger Lage. Nomi hatte sich unter Asas Versprechen andere, glücklichere Umstände vorgestellt. Die Enttäuschung über Asas Verrat tut weh. Er stimmt sie aber auch nachdenklich, ob nicht Malachi vielleicht doch die Wahrheit gesagt hat und er der bessere Verbündete gewesen wäre.  Serina ist sich hingegen Val Unterstützung immer sicherer und ihr Misstrauen ihm gegenüber schwindet. Mit ihrer Organisation des Aufstandes auf der Gefangeneninsel und ihrer Reihe als Anführerin der Rebellen, erstaunt sie ihre Schwester sehr. Das hätte ihr ihre Schwester, nie zugetraut. Immerhin hat diese ihr Leben lang davon geträumt als Grace dem Thronfolger zu gefallen. Doch beide Schwestern wachsen an ihren Herausforderungen und passen sich ausgezeichnet der neuen Situation an. Ihnen ist klar, daß ihre Tage auf der Insel gezählt sind. Sobald Asa erfährt, daß die Gefangenen sich befreit haben, würde er ganze Armeen schicken. Die ehemaligen Kampfrivalinnen bereiten, geeint unter Serinas Kommando, ihre Flucht von der Insel vor. Ihnen ist bewußt wie riskant ihr Vorhaben ist, aber nur wer wagt, kann Freiheit finden.

Das Cover ist wieder wunderschön und passt fast spiegelgleich zu dem von Teil 1 „Iron Flowers – Die Rebellinnen“. Doch damit die Rebellinnen den Berg des Verderbens überhaupt verlassen können, müssen sie erst einmal kämpfen. Kampflos lässt man sie nicht ziehen und die letzten verbliebenen Wachen können überall lauern und nach ihrem Blut dürsten. Nicht umsonst sind auch sie auf die Gefängnisinsel verbannt worden. Es ist unglaublich spannend geschrieben, wie die Frauen einerseits zwischen ihrem Gewissen und ihrem Überlebenswillen hin und hergerissen werden. Die Nahrung wird knapp. Wollen sie sie wirklich mit ihren Gefangenen teilen? Aus vier verfeindeten Clans wächst langsam ein Team zusammen, wobei ihnen allen klar ist, dass die bevorstehenden Kämpfe nicht alle überleben werden. Ist Ihnen die Freiheit das wert? Diese Ausweglosigkeit und der Preis der Freiheit wird den Hörerinnen deutlich vor Augen geführt. Auch wenn wir noch keine völlige Gleichbehandlung erreicht haben, ist Freiheit für uns inzwischen selbstverständlich, ebenso wie eine unabhängige Justiz mit öffentlichen Verfahren. Nicht wie die meisten Gefangenen, die einfach ohne Prozess auf die Insel verfrachtet wurden. Anders als im ersten Teil bekommen inzwischen so viele der Clanmitglieder Namen und Eigenschaften, daß man etwas überfordert ist, zu allen eine emotionale Verbindung aufzubauen. Während ich in Band 1 noch um die im Kampf sterbenden Frauen trauern konnte, ist hier das Tempo und die Todesrate so hoch, dass die Spannung die Emotionen ein wenig ausblendet. Man bangt vor allen mit den vier Hauptfiguren, dass sie ihr Ziel, die Errichtung einer neuen Gesellschaftsordnung und Rettung ihrer Familie, erreichen mögen. Man fragt sich zudem, wie dieses neue System eigentlich aussehen soll und wer es regieren wird?  Diese Fragen blitzen immer wieder zwischen den Kampfszenen auf, die eindringlich von den zwei jungen Sprecherinnen aus wechselnden Sichten gesprochen werden. Coco Plümer schildert hierbei Nomis Sicht, während Serinas Part von Theresa Horeis übernommen wird. Beide haben klare, junge Stimmen, die sich auch in ihrer Weiblichkeit ähneln. Wenn man gut hinhört, kann man beide auseinanderhalten, aber auch inhaltlich werden die Perspektiven deutlich. Es ist nur ein größeres Hörvergnügen, wenn man die Sprecherwechsel mitbekommt. Es lohnt sich daher mal wieder genau hinzuhören und die Geschichte nicht an sich vorbei plätschern zu lassen. Durch die unterschiedlichen Stimmen kann man emotionaler in jeweils Nomis und Serinas Welt eintauchen, an ihre Ängsten und Hoffnungen teil haben.

Den Sternabzug kann ich leider nicht begründen, ohne zu spoilern. Natürlich ist in Romanen nicht immer der wahrscheinlichste Weg, der den die Helden wählen. Aber das Überleben einer Person finde ich so realitätsfern, daß ich mir darüber beim Hören echt geärgert habe und mir dadurch einige wichtige Informationen entgangen sind, die erst in der Wiederholung haften blieben.
Was mir ausgesprochen gut gefällt ist, das Ende. Es endet nicht einfach in einer letzten Schlacht und dann ist Friede, Freude, Eierkuchen. Nomi und Serina haben für eine gerechtere Welt gekämpft, eine Welt die den Wert der Frauen anerkennt. So etwas geht nicht über Nacht, alles andere wäre plump und unglaubwürdig. Stattdessen haben sie einfach einen Schritt in die richtige Richtung gemacht. Es geht voran, aber es liegt noch ein langer Weg vor ihnen. Aber sie sind nicht allein, sie haben starke Verbündete an ihrer Seite, die ihnen und der Leserin hoffnungsvolles Vertrauen in die Zukunft ermöglichen.

Eine spannende und emotionale Hörfassung von Freiheit, Gleichheit, Schwesterlichkeit und ein würdiges Finale dieser Diologie.

Ich bedanke mich ganz herzlich beim Jumbo Verlag/Goya libre für dieses heiß ersehnte Rezensionsexemplar.

Sonntag, 17. Februar 2019

Dönerröschen, Jaromir Konecny, digital publishers



Dönerröschen, Jaromir Konecny, digital publishers

Der 16 jährige Jonas zieht wegen des neuen Nachtwächterjobs seines Vaters Dok, mit ihm, Mutter Anne und dem schokosüchtigen Schoßhund Napoleon von Haching ins „Ghetto“ nach Neuperlach. Doch sind die Wohnungen günstig. Jonas hat Schulferien und als er am Bolzplatz ein Fußballspiel beobachtet, hat er den Eindruck, in einer anderen Welt gelandet zu sein, die allerdings auch tief in den Abgründen seines Gedächtnisses etwas zu erwecken scheint, irgendeine unbestimmte Erinnerung, die dort seit Jahren vergraben ist. Bis ihm einfällt was es ist, freundet er sich mit Schnauze, dem einzigen anderen Blonden dort an. Ein blonder Türke? Kann das sein? Nein, Schnauze hat sich nur so assimiliert, daß er schon selbst in den Neuperlacher Türkenslang verfallen ist. Vor lauter Staunen über die neue Welt in welcher er gelandet ist, tritt Jonas von einem Fettnapf in den nächsten und wird dabei ausgerechnet von einer hübschen Türkin ausgelacht. Diese tut fast so, als müsse er sie kennen, aber er hat keinen blassen Schimmer – findet sich aber gegen seinen Willen immer anziehender! Als ihn ein anderer Fußballkumpel nach Hause, auf die besten Burger der Stadt einlädt, brechen seine Vorurteile zusammen und der Clash der Kulturen spielt zum Liebesreigen!

Nein, nicht alle Männer sind Schweine! Ich kann ja diese Bad Boy turns Mr. Right-Bücher nicht leiden, aber zum Glück kann ich mich da bei Jaromir Konecny verlassen, daß er mir so einen Quatsch nicht präsentiert. Seine Helden sind ganz normale Jungs. Mit Hirn, Hang zum Fettnapf und ganz viel Herz. Liebe Mädchen lest mehr solche Bücher und merkt, nette, witzige Jungs sind der Hit und nicht irgendwelche verwegenen, ach so geheimnisvollen Brutalos, die sich nur für Dich in Schmusebären verwandeln. Quatsch, man ist, wer man ist, und das bei anderen zu entdecken ist spannend! Jonas taucht in einen für ihn völlig fremden Kosmos ein, obwohl, da war doch mal was, warum kann er sich nicht erinnern? Die gesammelten Peinlichkeiten seines Vaters würde aber sehr gerne vergessen, doch auch hier gilt. Ein anderer Blickwinkel kann manchmal Wunder wirken.

Übrigens, auch wenn Jonas mal nackt durchs Bild rennt, ob er ein Six-pack hat, wird nicht verraten, ist ja auch völlig unerheblich. Jeder Leser darf sich Jonas so vorstellen wie er mag, allerdings steht fest: er ist blond und blauäugig. Jaromir Konecny ist für mich der König der gefühlvollen Screwballkomödien. Seine männlichen Helden sind eigentlich die totalen Romantiker, aber ohne Kitsch, aber einer Menge Unsicherheiten. Auch wenn sie blank ziehen, oder anfangs im Neuperlacher-Jugendslang daherreden, kennt der Autor immer gut die Grenze der Leserbelastbarkeit. So empfinde ich die Nacktheitspannen in der Geschichte durchaus als sehr lustig und nie vulgär. Sprachlich ist der Einstieg von Jonas der auf die geballte Neuperlacher-Sprachschule trifft etwas prollig, aber auch hier gilt, ehe es anfing mich zu nerven, musste Schnauze Jonas versprechen normales Deutsch mit ihm zu sprechen und die Türken in ihrem Freundeskreis, sprechen ohnehin ganz normal. So liebt er es mit Vorurteilen zu spielen. Er übertreibt die Klischees, bauscht sie auf, um sie dann zu zerstören und neu wieder zusammen zusetzen. Das ist sowohl witzig, als auch entlarvend, denn bei der einen oder anderen Platitüde mag man sich fragen: „Na, wäre ich da wirklich besser?“. Der Autor als ehemaliger Flüchtling kennt sich sicher bestens mit Vorurteilen aus. Wer weiß, wie viele Bananen man ihm anfangs in Bayern wohl angeboten haben mag? Gabs doch im Osten nicht, oder? Dabei treffen die Klischees alle, auch den semmelblonden Schnauze, den deutschen Mittelschüler, der stets Geld in der Tasche hat. Ein 16 jähriger der nie pleite ist? Das kann doch nicht mit rechten Dingen zugehen.... Immer wieder wird mit Erwartungen gespielt... Und nein, für dieses Buch mußten keine Tiere leiden, dem Autor ist bewußt, daß Hunde keinen Schokokuchen essen sollten und in diesen Mengen, wie sie im Buch vorkommen auch sicherlich nicht überleben würden. In dieser Geschichte entwickeln sich alle fort, von Jonas, über seinen Vater über den Hund bis zur gefürchteten anatolischen Oma. Es ist nie zu spät um sich zu verändern und weiterzuentwickeln!

Drum Mädels, gebt den Jungs, der Liebe, Euren peinlichen Eltern und dem Leben ein Chance und lacht, was das Zeug hält!

Ich bedanke mich ganz herzlich bei Jaromir Konecny und den DigitalPublishers für die lebhafte Leserunde und diese herrliche Liebeskomödie!