Samstag, 8. Dezember 2018



Nacht über Tanger, Christine Mangan, gelesen von Bibana Beglau und Frederike Kempter, Random House Audio.

Dieser Roman spielt in den 50er Jahren. Er beginnt mit der Collegezeit von Alice Shipley und Lucy Mason, die das Schicksal als Zimmergenossinnen zusammen bringt. Alice ist seit ihrer Kindheit Vollwaise und bei ihrer begüterten Tante in England aufgewachsen. Sie selbst hat einen Fonds geerbt, auf den sie erst mit ihrem 21. Geburtstag zugreifen kann, bis dahin steht sie unter der Vormundschaft ihrer Tante. Lucy hingegen kommt aus der Nähe des Mädchen-College, sie hat ein Stipendium für Literatur und kommt aus einfachen Verhältnissen, auch ihrer Familie wäre gestorben sagt sie. Die Mädchen sind so unterschiedlich wie nur möglich, allerdings jede auf ihre Art sehr attraktiv. Sie werden beste Freundinnen, bis zu dem Tag, an dem Alice durch Zufall Tom, einen Sohn aus besten Kreisen, kennen und lieben lernt. Es kommt zu einem Bruch, der durch einen tödlichen Unfall noch verstärkt wird. Lucy verschwindet und taucht erst 1956 nach Alice Hochzeit in Tanger auf und verhält sich als wäre nichts geschehen. Die unsichere Alice, weiß nicht, wie sie mit der dominanten Lucy umgehen soll und wird immer mehr in einen sich scheinbar verselbstständigenden Strudel hineingezogen, der auf eine Katastrophe zusteuert, während Marokko die Unabhängigkeit ansteuert.

Der Klappentext hat mich auf Anhieb angesprochen, ich vermeinte die Hitze Marokkos, die würzige Luft, zu spüren und zu schmecken, während ich in einen Strudel der Ereignisse hereingezogen würde. Leider war das ein Irrtum, ich lauschte nicht gebannt, dabei bin ich durchaus nicht auf meine Erwartungen fixiert. Wird mir Hochspannung versprochen und es wird gut gemachte Cosy Crime präsentiert, bin ich noch durchaus zufrieden. Aber hier wurde ich mit den Charakteren nicht warm. Sie konnten weder meine Sympathie, noch meine Abneigung gewinnen. Sie waren mir beide zu apathisch/passiv bzw. zu extrem dominant/besessen. Mit diesen Persönlichkeitsstrukturen kann man auch nicht glücklich werden. Daher war für mich vieles vorhersehbar und die Entwicklung der politischen Lage in Tanger, von der ich ein Brodeln und eine zusätzliche Spannung erwartet habe, blieb für mich zu schematisch, faktisch präsentiert. Obwohl ich die Stimmen der Sprecherinnen Bibiana Beglau und Friederike Kempter mag und ich sie auch nicht als Fehlbesetzung wahrnahm, ließ mich ihr Schicksal kalt. Hätte ich das Hörbuch verloren und ich nicht weiter hören können, hätte es mich nicht weiter gestört. Das lag zum einen wohl daran, daß die Protagonistinnen für meinen Geschmack zu eindimensional waren. Alice ist ein Schaf und Lucy eine durchtriebene Manipulateurin und zum anderen die Sprecherinnen, trotz ihrer angenehmen Stimmen mich nicht emotional nicht packen konnten. Sie leierten ihre Texte nicht, sie betonten auch durchaus korrekt, waren klar verständlich und setzen die Pausen gekonnt, aber die Interpretation ließ die großen Emotionen vermissen, die durchaus hinter ihren Taten lauern müssen. Die Interpretation eines hypnotischen Dramas hätte mich mir nicht so nonchalant vorgestellt.  Dass ich enttäuscht bin von diesem Hörbuch liegt somit sowohl am Text als auch an der Interpretation. Alice Ehemann John hätte als Gegenpart zu Lucy Feuer in die Geschichte bringen können, aber dafür war er sich seiner selbst und der Passivität seiner Frau zu sicher, als daß er für echte Highlights sorgte.
Selbst die wohl überraschend gedachten Wendungen konnten mich nicht überraschend und ich glaube auch nicht, daß dies nur meinem routinierten Krimileser-Ohr oder meiner juristisch geschulten Denkweise zuzuschreiben ist. Auf CD 7 fing es an mich zu interessieren, als Alice versuchte die Schachzüge von Lucy vorherzusehen und dagegen zu halten, aber sie ist halt zu viel Schaf, um nicht die Zweideutigkeit einiger Verhaltensweise mit einzuberechnen. So ebbte die aufkeimende Spannung recht schnell ab, da klar wurde, daß sie kein gleichwertiger Gegner für Lucy ist. Das Ende kam auch nicht mit dem erwarteten Knalleffekt und hätte meines Erachtens knapper auf den Punkt gebracht werden können. Insgesamt, hätte für mich die Geschichte gestrafft werden dürfen.
George Clooney scheint meine Meinung übrigens nicht zu teilen, denn er sicherte sich an diesem Erstlingswerk von Christine Mangan, daß sich in 20 Länder verkaufte, bereits die Filmrechte. Mit den richtigen Schauspielern und Kameraperspektive ließe sich auch sicher etwas machen. So wie mich Camus „Der Fremde“ dank des schneidigen, ausdrucksstarken Schauspielers, als Film deutlich mehr überzeugte, als das Buch mit seiner nervenaufreibenden Gleichgültigkeit.

Nicht schlecht, aber leider nur unteres Mittelmaß, somit 2,5 Sterne gerundet auf 3.

Ich bedanke mich ganz herzlich bei Random House Audio für dieses ersehnte Rezensionsexemplar.

Freitag, 7. Dezember 2018

Petronella Apfelmus (6) – Schnattergans und Hexenhaus, Sabine Städing, Illus SaBine Büchner, Boje Verlag



Petronella Apfelmus (6) – Schnattergans und Hexenhaus, Sabine Städing, Illus SaBine Büchner, Boje Verlag

Auch ein noch so fleißiger Bäckermeister braucht mal Erholung und so beschließt Familie Kuchenbrand sich eine Woche Ferien auf dem Bauernhof zu gönnen. Petronella hütet unterdessen die Familienhühner und den Garten. Sollte Not am Mann sein, können die Zwillinge Lea und Luis über eine Tüte Milchstraßenstreusel Hilfe von Petronellas Cousine erbitten, die in der Nähe des Bauernhofs wohnt. Der Bauernhof ist auch wirklich toll und mit Rudi, dem Sohn des Hofs verstehen sie sich auch prima. Aber es kann der Frömmste nicht in Frieden leben... ja in der Ferienwohnung nebenan ist eine Familie mit Autopanne und zwei boshaften unerzogenen Kindern abgestiegen. Aus Langeweile ärgern sie nicht nur Lea und Luis, sondern auch die Tiere und auch vor dem Wald machen sie nicht Halt... Petronella will unterdessen zu Hause die Sturmschäden beseitigen. Da sie ihre geliebten Apfelmännchen vor der sehr schweren körperlichen Arbeit wie dem Ausbuddeln umgestürzter Bäume und dem Graben von neuen Pflanzlöchern verschonen will, hat sich extra einen Gartenzwerg als Aushilfe engagiert, ganz ohne ihre treuen Helfer zu fragen. Da steht auch ihr Ärger ins Haus.

Lea, Luis, Petronella und ihre magischen, sowie tierischen Freunde wiederzutreffen ist immer wieder eine große Freude. Der Einfallsreichtum der Geschichten kennt kein Ende und auch diesmal gibt es neben Abenteuern auf dem Bauernhof, eine Geschichte über den Umgang miteinander. Denn Petronella hat ziemlich eigenmächtig gehandelt und das kommt bei ihren treuen Freunden gar nicht gut an. An deren Missmut ist ganz leicht zu erkennen, daß es besser gewesen wäre, hätte sie vorher mit ihnen gesprochen. Doch die Apfelmännchen fühlen sich nicht nur nicht ausreichend wertgeschätzt, sie misstrauen dem unbekannten Gartenzwerg! Den kennen sie nicht, der kennt ihre Arbeitsweise nicht, der macht alles falsch! So machen es die Vorurteile und die fehlende Kommunikation nur noch schlimmer und Petronella hat alle Hände voll mit Streitschlichtung zu tun. Klar treffen Kinder normalerweise nicht auf Gartenzwerge, doch das Problem kommt in ihrem Alltag immer wieder vor: ein neuer Mitschüler kann als spannend oder fremd und störend angesehen werden. Alles eine Frage der Einstellung, aber es hilft sicher behutsam aufeinander zu zugehen, sich kennenzulernen und miteinander zu reden. Ist auch viel netter als zu zanken! Denn eigentlich sind die Apfelmännchen und Gartenzwerg Gambur ja ganz nette Typen. Ganz anders die Brummund Kinder. Die sind es gewöhnt einfach immer ihren Willen durchzusetzen und ohne Rücksicht auf andere. Da wird im Zweifel so lange gequengelt, bis die Eltern nachgeben. Auf den ersten Blick sehr praktisch, aber schlecht für den Charakter und wer will schon wirklich so fies sein wie Rita und Knut? Eigentlich niemand, denn Lea und Luis sind viel sympathischer. Aber natürlich wäre es kein Petronella Buch, wenn es einfach nur um normale Kinderprobleme ginge. Neben Petronellas Hexencousine, entdecken die Zwillinge noch einen eingesperrten Heidelbär, der eigentlich über das Wohl der Waldheidelbeeren wachen sollte und nicht im Kühlschrank der Brummunds eingesperrt sein.... Natürlich treten Lea und Luis sofort zur Rettungsmission an, zum Schutz des Waldes und des kleinen Magischen. Diese Mischung aus Abenteuer, Magie, Freundschaft und Alltagsproblemen kommt unheimlich gut an! Dabei hilft natürlich auch das Lesebändchen, das sicherstellt, daß man immer die richtige Seite auf Anhieb aufschlägt und die wirklich süßen Illustrationen von SaBine Büchner, die zahlreich die Seiten und die Textmenge auflockern! Mit rund 200 ist es echt schon für junge Leser ab der 3. Klasse schon echt ein dickes Buch, aber das scheint nur so. Durch die zahlreichen und teilweise ganzseitigen Illustrationen, kommt man sehr gut voran und diese Reihe hat ein ganz dickes Plus: die Schrift ist ziemlich groß, wenn auch nicht mir mit Fibellettern, aber auch der Zeilenabstand ist größer als üblich. Das hilft gerade unsicheren Lesern die zu lesende Zeile nicht zu verlieren und entspannt das Lesen ganz erheblich. Aus diesem Grunde lesen meine Lesemuffel diese Bücher auch wirklich gerne, man kommt schnell und entspannt voran und freut sich nicht nur über die tolle, liebevolle Geschichte, sondern ist relativ schnell stolz über den Erfolg ein so dickes Buch gelesen zu haben! Es ist gerade für Kinder, die sich mit dem Lesen schwertun sehr zu empfehlen.
Sabine Städing verzichtet auf Anglizismen, modernen Schnickschnack wie Smartphones - die Kinder lieben die Natur und die Tiere und brauchen, anders als die Quengelkids kein Wlan. Mit ihren immer neuen Einfällen hat sie uns auch dieses Mal wieder verzaubert.

Wir bedanken uns ganz herzlich beim Boje Verlag für dieses heiß ersehnte Rezensionsexemplar.