Sonntag, 28. Oktober 2018

Autorenportrait von Andrea Schomburg



Autorenportrait von Andrea Schomburg

am 12.10.18 habe ich das Vergnügen gehabt, Andrea Schomburg auf der Frankfurter Buchmesse zu treffen und 1 Stunde mit ihr zu plaudern.
Na gut, ich wollte es diesmal nicht als klassisches Interview führen, sondern die Themen aus dem Gespräch heraus entwickeln. Sie wurde in Kairo geboren und wuchs im Rheinland auf. Schon früh als Kind  begann Andrea Schomburg zu dichten und hat zuerst Lyrikbände für Erwachsene veröffentlich, der erste 2007. Doch mit der Zeit entwickelten sich auch Gedichte für Kinder und von diesen war es nicht mehr weit zu den Kinderbüchern, die durch integrierte Reime oder Gedichte eindeutig ihre lyrische Handschrift tragen. Egal ob bei der Reihe von Otto und dem kleinen Herrn Knorff (Lesereihe für junge Leser, dessen 3. und letzter Band dieses Jahr bei cbj erschien) oder ihren Bilderbüchern und kleinen Romanen aus dem Tulipan Verlag (z.B. das Geheimnis der gelben Tapete), mischt sie gerne Fantasie mit Spaß an Sprache. Meine Jüngste hat immer versucht sich die Reime von Herrn Knorff einzuprägen, ebenso wie sein Rezept für Knorffsuppe (wird sicher keine Mutter nachkochen, versprochen, aber lustig ist das Rezept allemal).
Übrigens arbeitete sie als Lehrerin an einem Hamburger Gymnasium, ehe sie Kinderbuchautorin wurde und nun seit 2012 auch Lehrbeauftragte an der Leuphana-Universität Lüneburg. Weil das ihr offenbar alles noch nicht reicht, tritt sie mit ihren Gedichten, Chansons und Prosasketchen in lyrischen Kabarettprogrammen auf.

Mit den Elbautoren setzt sie sich für die Leseförderung ein, so daß ich sie bat, auf der Messe, spontan ein kurzes Gedicht zu dem Thema zu verfassen:

Immer ist es so gewesen:
Hamburg, das heißt: gerne lesen.
Denn im Norden ist es kühl,
und so hat man das Gefühl,
dass man auf dem Kanapee
gern im Warmen sitzt, juchee,
und mit einem Buch, na klar.
wird’s erst richtig wunderbar.
Tja, vom Paradies ein Stück!
Und es gibt ja hier zum Glück
Elbautoren, alt und jung,
und die schreiben voller Schwung,
Buch um Buch, das euch gefällt -
Lieben Gruß vom „Tor zur Welt“.

Wir haben uns angeregt über Bilderbücher in Reimform unterhalten und wie wichtig es für Autoren und Lektoren ist, sich diese Bücher selbst laut vorzulesen. Kinder sind zwar klein, aber auch wenn sie selbst noch nicht lesen können, merken sie schon schnell, wenn ein Reim nicht wirklich klingt. Sprachgefühl entwickeln Kinder besonders durch schöne Reime, die Fantasie und Herz erreichen.
Meine Jüngste ist zwar aus dem Alter für Bilderbücher hinaus, liebt sie aber noch immer. Daher hat Andrea uns auch ihr von Kai Pannen illustriertes Bilderbuch „Klara schreibt mit blauer Tante“ empfohlen, ein lustiges Bilderbuch, über tanzende Vokale, das wir Euch gerne auch vorstellen möchten.

Viele ihrer Bücher werden von Dorothea Mahnkopf illustriert, wie „Das Geheimnis der gelben Tapete“ über Emilia, die sich darüber ärgert, daß ihre Freundin Julia immer bestimmen will, und Robert, dem Neuen in der Klasse, keine Chance geben will. Doch dann findet sie beim Renovieren des alten Hauses, in das sie ziehen, hinter der Tapete einen goldenen Schlüssel zu einem alten Tagebuch, das ihr das Geheimnis der Freundschaft offenbart! Diese Tagebucheinträge aus längst vergangener Zeit, in diesem einfühlsamen kleinen Roman ab 7 Jahren, fand meine Jüngste spannend und geheimnisvoll und liest sie zwischendurch einfach mal so..... Nun haben Andrea und Dorothea Mahnkopf ein Bilderbuch zum Thema Sport verfasst: „Warum ich Sport so toll finde“. Aus Kinderperspektive sieht die Welt des Sports ganz anders aus, da wird einiges umgedeutet und hinzugedichtet, da erwacht mit der Fantasie, die Lust auf Bewegung. Es muß ja nicht immer gleich Olympia sein ;) ab 4 Jahren)

Seit „Otto und der kleine Herr Knorff“ wissen wir noch etwas über Andrea: ihr Arbeitszimmer ist chaotisch, wie bei Otto zu Hause! Das finden wir sehr kreativ-sympathisch!

Ich durfte Andrea als unglaublich herzlich und offen kennenlernen. Eine Autorin, die sich viele Gedanken um die Gefühls- und Gedankenwelt der Kinder macht. Die sich in Kinder und Jugendliche und ihre Probleme und Gedanken hineinfühlt, wir sind schon sehr gespannt auf all die neuen Bücher, die wir im nächsten Jahr noch von ihr lesen dürfen: So erscheinen im Frühling 2019 „Wíe man ein Zottorunkel zähmt“ bei Fischer/Sauerländer Verlag, eine Geschichte, wie man einem Monster, das nachts heimlich die Küche plündert und verwüstet, mit den einfachen Zauberworten „bitte und danke“ Manieren beibringt – natürlich in Reimform, Herzensbruder-Bruderherz (ab 10 Jahren) über ein Mädchen, das erfährt, das sein Zwillingsbruder den Weg in die Welt leider nicht geschafft hat und sich dann vorstellt, wie er wohl wäre, würde er leben. Sie erzählt so viel, von ihrem tollen Bruder, daß ihn alle kennenlernen wollen und so stellt sie einen unbekannten Außenseiter als ihren Bruder vor, der von nun an, als cool und angesagt gilt. Und noch ein Pappbilderbuch für die Kleinen: „Tut-Tut, Töff-Töff-Tatü-Tata“.

Samstag, 27. Oktober 2018

3 Zimmer, Küche, Mord, Eine Ruhrpott-Krimödie, Lotte Minck, Droste Verlag



3 Zimmer, Küche, Mord, Eine Ruhrpott-Krimödie, Lotte Minck, Droste Verlag

Dies ist der 10. Fall von Loretta Luchs, der Erotik-Call-Center-Mitarbeiterin, die die dumme Angewohnheit hat, über Leichen zu stolpern und es nicht lassen kann, ihre neugierige Nase in die Ermittlungen zu stecken. Hierbei bringt sie sich und ihre Freunde bisweilen in höchste Gefahr. Mit so viel Gefahr konnte Freund Pascal, nicht leben, weshalb er sich von ihr trennte. Nun ist es daher Zeit für einen Neuanfang und dazu passt am Besten auch gleich eine neue Wohnung. Außerdem schwört sie sich, egal was passiert, nie wieder zu ermitteln, auch wenn ihr Chef ihr eine Detektei innerhalb des Callcenters eingerichtet hat. Versprochen, nie wieder! Doch dann zieht Loretta in ein scheinbar ehrenwertes Haus mit handverlesenen Mietern, die alle nicht ganz ohne Schrullen sind. Damit könnte Loretta eigentlich ganz gut leben, besonders da sie ihren neuen Balkon genießt und ihn nicht mehr missen möchte. Als sie allerdings nach kaum einer Woche früh morgens in den Hof schaut und einen der Nachbarn tot von der Bank kippen sieht, ruft sie zwar sofort die Polizei, aber auch ihre Neugierde erwacht. Ehe es ihr bewußt ist, steckt sie mitten in den Ermittlungen, schon weil die neugierigen Nachbarn sie bedrängen und mit Fragen bestürmen, die ihr auch nicht mehr aus dem Kopf gehen.

Der Einstieg in diesen 10. Fall von Loretta ist schon sehr originell. Loretta muß nämlich dem „Blockwart“ Frau Schiller des Mietshauses ihrer Wahl Rede und Antwort stehen, während sie auf ihre Eignung als potenzielle Nachbarin auf Herz und Niere geprüft wird. Hierbei legt Loretta eine große sprachliche Fantasie bei der Beschreibung ihres Arbeitsplatzes an den Tag, während Frau Schiller mit ihrem Nebenerwerb selbst Loretta noch zu erstaunen vermag. Richtig gut gefiel mir auch, daß gleich zu Beginn ein Großteil von Lorettas Freunden wieder auftauchte. Klar, so ein Umzug mit Einzugsumtrunk, da kann man ja fast nicht fehlen. Ihre beste Freundin Diana schafft es dann doch nicht von der Nordsee in den Pott, aber sie meldet sich immer wieder telefonisch und als es am Ende was zu Feiern gibt, ist auch ihr der Weg nicht zu weit.

Da sich die Leiche in einem geschlossenen Innenhof befand, ist der Täterkreis auf die Hausbewohner begrenzt, wobei Lorettas „Lieblingskommissarin“ Küppers, sie gleich mal ausschließt, da sie das Opfer noch nicht kannte. Doch warum eigentlich ausgerechnet der nette Herr Lembeck, der doch stets allen im Haus behilflich war, wenn sie Computerprobleme hatten? Da gäb es doch ganz andere Hausbewohner, die Lorettas Nerven strapazieren. Neben der neugierigen Frau Schiller, die bisweilen recht aufdringlich wird, wären da noch die älteren Eheleute Horst und Mitzi Kabolek mit dem blühenden Balkon, noch blühenderer Fantasie und dem erlesenen Geschmack, den Loretta nicht teilt. Der Geschmack von Arnold Reitmüller, den seine Freunde und somit nicht Loretta, Arnie nennen, gefällt ihr auch nicht. Dieser David Hasselhoff des Ruhrpotts hält sich wohl für unwiderstehlich, sehr zum Missfallen der 13-jährigen Tochter seiner Lebensgefährtin, die ihn zu hassen scheint. Immerhin die Studentinnen aus der WG unterm Dach, scheinen einfach nur das zu sein, was sie vorgeben, während die Zuchttauben von Taubenvatta Anton aus dem Nachbarhaus sich bisweilen für Elstern zu halten scheinen....

Die Konstellation der Bewohner ist bunt und schräg, das ist äußerst unterhaltsam. Leider zeichnet sich ein möglicher Täter allzu früh ab. Es ist zwar schön, wenn Krimileser die Möglichkeit haben, selbst den Täter zu erraten, aber vielleicht nicht ganz so früh. Dass mir das aber nicht völlig die Lust am Lesen lag, liegt in einem scheinbaren Nebenstrang des Buches. Loretta kann es nicht nur nicht lassen zu ermitteln, sie hat auch das dringende Bedürfnis zu helfen! Das bringt sie letztendlich in ganz schöne Schwierigkeiten, die für die eigentliche Spannung sorgen. Denn so viel darf verraten werden, am Ende kommt es noch knüppeldick und überraschend. Denn nicht der Täter ist das eigentlich Ziel der Ermittlungen, sondern ein Geflecht aus Lügen, Intrigen und geballter Vorurteile, die allzu gerne zu voreiligen Schlüssen verleiten. Da bin ich der Autorin ganz schön auf den Leim gegangen!

Dieser Fall spielt wieder mitten im Ruhrpott und da dürfen natürlich die üblichen Ruhrpott-Marotten nicht fehlen, ebenso wie der Ruhrpott-Jargon à la Lorettas Freund Frank Kropka, ein echtes Original. Gerade dieses Spiel mit Clichés und überzogenen Stereotypen sorgt für spaßige Unterhaltung, ohne zu nerven (manchmal ist es mir in einigen Romanen, die auf dieses Prinzip bauen, einfach zu viel und zu platt), da es zwischen den gängigen Vorurteilen auch immer wieder überraschende neue Marotten gibt, die liebenswert kombiniert werden.
Der Stil ist leicht, beschwingt und schwarzhumorig. Eine tolle Lektüre für zwischendurch oder um die Laune zu heben. Auch wenn dies Lorettas 10. Fall ist, kann man ruhig mit diesem Fall beginnen. Die einzelnen Bände bauen zwar aufeinander auf, so daß es lustiger ist, wenn man den Freundeskreis schon kennt, aber ich selbst bin auch erst bei Fall Nr. 5 oder so eingestiegen. Lustig ist es allemal und für alle, die gerne Krimödien ohne viel Blutvergießen oder Autopsie-Details lieben, ein echter Tipp.