Dienstag, 28. August 2018

Nordlicht (1) : Im Land der wilden Pferde, Karin Müller, Schneiderbuch Verlag



Nordlicht (1) : Im Land der wilden Pferde, Karin Müller, Schneiderbuch Verlag

Eine neue Reihe für Islandpferdefans, die auf Island, der Insel der Elfen, Trolle und Feen spielt und mit einem Hauch von Romantik, ab 12 Jahren. Meine 9 jährige Tochter sah die Bilder, las die Beschreibung und wollte es unbedingt lesen, ganz unbedingt und ich konnte es ihr nicht ausreden. Ich dachte, es würde ihr nie im Leben gefallen und dann muß ich es wieder alleine lesen und ich bin doch gar kein Islandfan! Aber da habe ich mich wohl geirrt, auch wenn sich Island hier so präsentiert, wie ich es kennengelernt habe, eiskalt, stürmisch und wirklich unwirtlich, so hat es uns doch beiden gefallen.

Die 15 jährige Elin hat sich geschworen, nie wieder auf einem Pferd aufzusitzen, sie hat mit dem Kapitel vor 2 Jahren abgeschlossen. Doch ihre alleinerziehende Mutter überrascht sie zu den Zeugnisferien im Januar (ich bin froh, daß wir im Januar keine Ferien haben) mit einem Kurztrip nach Island. Schlecht gelaunt steigt sie aus dem Flieger im isländischen Nirwana. Ihre Mutter macht sich auf die Suche nach dem Shuttlebus, während Elin auf das Gepäck aufpassen soll. Während sich Elin die Hände und Füße abfriert, wird sie Zeugin eines unerwarteten Schauspiels. Ein blondgelockter Junge, etwa in ihrem Alter, taucht mit einer Horde Wildpferde auf. Eine Stute ist verletzt. Sie reibt ihr Bein mit einer Beinwellsalbe, die sie noch von früher in den Taschen hat, ein und bindet ihr Halstuch darum. Der Junge spricht sie an, doch sie versteht kein Wort von dieser geheimnisvollen Sprache. Ein kurzer magischer Moment zwischen mystischen Steinhaufen und schon ist er mit den Pferden verschwunden. Hat sie die Begegnung nur geträumt? Als ihre Mutter sie gegen ihren ausdrücklichen Willen mit zu einem Wanderritt nimmt, lernt sie nicht nur die traumatisierte kleine Stute Ljosadis kennen, sie trifft auch den geheimnisvollen Jungen wieder. Von nun an, sieht sie ihn, an allen erdenklichen und unmöglichen Orten, doch sobald ihre Mutter hinsieht, ist er wieder verschwunden. Im Land der Feen und Elfen scheint alles möglich und so nimmt die Insel im hohen Norden sie langsam gefangen.

Wir haben das Buch im heißen Jahrhundertsommer begonnen zu lesen und es wirkte angenehm erfrischend, ansonsten ist es eher eine Geschichte, von der man sich bei einer heißen Tasse Tee oder Kakao verzaubern lassen sollte.
Ich selbst kenne Island auch nur im Winter (Ostern bei Schneesturm) und fand Land und Leute, sowie die Kälte ausgesprochen authentisch beschrieben, inklusive dem Mega-Muskelkater nach dem Ausritt und der isländischen Hot-Tubs und der dort geltenden Baderegeln. Nordlichter habe ich zwar keine sehen können, aber anders als Elin Wale, die bei Sturm von einer Fähre (natürlich bei Schneesturm) aus sichtbar waren. Elin auf Walsichtungstour bei eisigem Wind konnte ich lächelnd nachvollziehen, ebenso wie die magischen Steinhaufen für Elfen und Trolle. Meine Tochter bestätigte mir die Korrektheit der Infos über Islandpferde, woher sie diese Kenntnisse hat, wieß ich zwar nicht, aber wir erteilen das Prädikat besonders gut recherchiert (auch wenn ich meiner Tochter erklären musste, was „depressiv“ bedeutet). Keine Sorge, es reihen sich nicht unendliche Beschreibungen aneinander, aber Elins wiederkehrender Pferdebann, spielt nun einmal auf einer atmosphärisch besonders dichten und speziellen Insel, die zu bereisen, einem im Reisebüro oft versucht wird auszureden, da man für das gleiche Geld, meist doppelt so lange Urlaub an anderen attraktiven Orten machen kann), dadurch bleib Island einfach oft ein Sehnsuchtsort. Ich habe versucht meiner Tochter zu erklären, wie wenig Menschen auf Island leben, aber für eine 9 Jährige war es wohl wenig begreifbar, wenn man erklärt, viel weniger Menschen, als in Köln, sondern alle Bonner auf einer Insel. Nein, es ist kein Reiseführer, aber es ist eben durch das Setting sehr viel magischer, verwunschener als z.B. Bibi und Tina oder Ostwind.
Elin ist schon ein echtes Pubertier, das seine Mutter zwar liebt, aber schon auch genervt ist, daß ihre Mutter meint zu wissen, was für sie das Richtige ist und dann auch noch Recht behält! Denn Elins Seele hat vor 2 Jahren einen großen Verlust erlitten und hier lernt sich ihr Herz wieder zu öffnen, für ihre Liebe zu Pferden, der verwirrten Stute Ljosadis insbesondere, die Herzlichkeit der Bewohner Islands und die wilde, raue Natur – ach ja, und natürlich den geheimnisvollen Kari, der Pferdejunge, der immer wieder unerwartet in ihrer Nähe auftaucht, wenn sie alleine ist. So verlässt sie die Insel schließlich mit einem neuen Schmerz im Herzen: Abschiedsschmerz und der Gewissheit, daß sie zurückkehren wird!

Die romantischen Stellen sind in diesem 1. Band noch sehr behutsam, ohne Knutschi-Knutschi und mehr ein Sehnen. Von daher hat sich meine Tochter nicht weiter daran gestört, das dürfte sich jedoch im nächsten Band ändern. Mal sehen, wie sie das dann findet, aber sie will unbedingt noch den nächsten Band mit mir lesen. Sie will unbedingt noch mehr über Isländer und deren Heimat erfahren und wie es den verletzten Seelen, die hier zusammengefunden haben, künftig gehen wird.

Sprachlich passt der Erzählstil von Karin Müller sehr gut zum Setting. Meist erzählt sie aus Elins Sicht, doch zwischendurch gibt es auch Passagen aus der Perspektive von Kari, wodurch man auch in die Gedankenwelt der Ur-Isländer und ihrer Bräuche eindringen kann. Diese Passagen sind durch ein kursives Druckbild gekennzeichnet, so daß Verwirrungen ausgeschlossen sind. Karin Müller hat erfolgreich Tier-Ratgeber, Kinder und Jugendbücher geschrieben, nachdem ise als Radio- und Zeitungsredakteurin im Kulturressort gearbeitet hat. Sie lebt nun auf dem Land bei Hannover und sammelt Ideen am Gartenteich, auf Reisen oder beim Betrachten eines grasenden Pferdes.

Ein wirklich vielversprechender Serienstart den wir allen Mädchen, die Pferdebücher und Isländer lieben sehr empfehlen können, eigentlich ab 12 Jahren, aber bisweilen auch schon früher.

Wir bedanken uns ganz herzlich bei Schneiderbuch Egmont für dieses Herzenswunsch-Rezensionsexemplar.

Samstag, 25. August 2018

Drachenerwachen, Valija Zinck, Jona Mues, Argon Verlag, gekürzte Lesung 4 CDs



Drachenerwachen, Valija Zinck, Jona Mues, Argon Verlag, gekürzte Lesung 4 CDs

Die 11 jährige Janka wächst mit ihrem älteren Bruder im 9. Stock eines Hochhauses in Berlin auf. Es ist bei ihnen eng, das Geld ist knapp, sie teilen sich ein Zimmer, aber sie verstehen sich ja gut. Nur die Schuhverkäuferin Frau Tassilo, die unter ihnen wohnt, ist empört, daß das Kinderzimmer ausgerechnet über ihrem Schlafzimmer ist. Sie kann Kinder nicht leiden und geht besonders diesen beiden aus dem Weg. Doch als auf dem Rückflug aus dem Urlaub ihr pinker Koffer vertauscht wird,  und sie in dem falschen Koffer ein herrliches schillerndes Ei findet, sind ihr auch die Kinder egal. Sie will nur noch bei ihrem Ei sein und es bewundern. Als es dann aber schlüpft und sie sich einem kleinen Drachen gegenüber sieht braucht sie plötzlich dringend Hilfe, denn mit Drachenbabys kennt sie sich nicht aus, nur mit Schuhen, Nagellack und Schnäppchen. Ausgerechnet Janka und Johann bieten ihr die Hilfe, die sie braucht und beim Drachenaufziehen freunden sie sich richtig miteinander an, sie wissen ja noch nicht, in welcher Gefahr sie und ihr Drache sind: das Drachenei gehört einem internationalen Konzern und der hat viel Geld und große Hoffnungen in das Drachenbaby gesteckt. Sie müssen es unbedingt wieder haben und spinnen schon ihre Pläne, zu dumm nur, daß Frau Tassilo, Janka und Johann mittlerweile ein richtig gutes Team sind....

Penelop, der Vorgänger dieses Fantasyabenteuers für Kinder, hatte mich nicht ganz überzeugt, wohl aber meine 9 jährige Tochter und deren Freundin, also wollte ich Valija Zinck gerne noch eine Chance geben. Gleich der Einstieg in die Geschichte gefiel meiner 11-Jährigen und mir viel besser und das liegt eindeutig an der Geschichte selbst, denn beide Hörbücher sind wirklich super eingesprochen. Für mich liegt, glaube ich, wirklich der Charme an der ungewöhnlichen Konstellation der doch ziemlichen tussigen Frau Tassilo, die wirklich nur sehr begrenzt sympathisch ist und den wirklich handfesten, patenten Kindern, die ihrer abweisenden Nachbarin gegenüber auch ganz schön geduldig sind. Diese Geduld zahlt sich aber auf jeden Fall aus. Janka und Johann sind selbst sehr unterschiedlich. Johann ist ein Nerd und Janka eine sportliche Leseratte. Ihre Talente werden im Laufe der Geschichte wirklich noch sehr gefragt, während Frau Tassilo unglaublich gut dumpfbackig dreinschauen und mit Nagellack spielen kann, um ihre Gegner zu täuschen. Daran gefällt mir sehr gut, daß nicht die Verwendung von Nagellack hochstilisiert wird, das können Kinder schon alleine, sondern das Schätzen des jeweils anderen so wie er ist, mit dem was er kann, auch wenn er ganz anders ist. Aber sie haben ja ein ganz klares gemeinsames Ziel! Das führt sie in ein haarsträubendes Abenteuer, das es in sich hat und sowohl Jungs, als auch Mädchen ansprechen dürfte, trotz des pinken Koffers und des Nagellacks. Supernerd Johann macht dabei technische Zukunftsträume wahr, die auch den Eltern der Zielgruppe ein versonnenes Grinsen ins Gesicht zaubert.

Allerdings und dessen war ich mir nicht bewußt, ist dies der erste Band einer Reihe, die Geschichte ist nicht in sich abgeschlossen. Beim Einlegen der 4. und letzten CD war ich schon erstaunt, wie sich all diese Probleme in so kurzer Zeit denn alle lösen lassen, um dann am Ende zu merken, upps, es geht ja noch weiter, hoffentlich relativ bald. Bei Hörbüchern kann man ja zum Glück dann den 1. Teil ganz schnell zum Auffrischen noch mal Hören, wenn dann der 2. endlich erscheint.

Jona Mues ist meinen Töchtern schon von einer anderen Drachenabenteuerreihe bekannt, mir auch von Jugendkrimis und auch als Ensemblemitglied des Koblenzer Stadttheaters. Als Teil einer Schauspielerfamilie liegt es ihm im Blut, ebenso wie seinem Bruder Wanja und seinen zu früh verunglückten Eltern. Seine Stimme ist ausgesprochen angenehm und warm, es sei denn, es wird gerade brenzlig, dann merkt man schon, das jetzt Gefahr in Verzug ist.

Valija Zincks Sprache ist sehr bildhaft und zaubert sowohl triste Wohnsiedlungen, als auch entlegene Spielplätze und Drachenhöhlen den Zuhörern vor das innere Auge. Die Vermischung von Fantasy, Realität und Science-Fiction gefällt mir sehr gut als Cross-over. Warum in einem Genre bleiben, wenn man auch die Grenzen verschwimmen lassen kann? Die Poesie der Sprache könnte in ihrer Tanzerfahrung als Choreographin, Performerin und Tanzpädagogin liegen, oder einfach in ihrer Fantasie, wer weiß das schon? Allerdings schafft sie es auch immer wieder so kleine ironische Spitzen einzubauen, die sich nicht aufdrängen, mir aber auch in wirklich dramatischen Szenen ein Grinsen ins Gesicht zauberten. Ob diese Feinheiten bereits 8 Jährigen auffallen wage ich zu bezweifeln, das ist vielleicht eher so ein Sahnehäubchen für ältere Mithörer, die Jüngeren kommen auch so schon auf ihre Kosten, auch ohne z.B. zu wissen, was denn nun eine Kaffeefahrt ist.

Eine sehr spannende und fantastische Geschichte, die aber auch zum Nachdenken anregt (ich will hier nicht spoilern, denn was diese Geschäftsleute mit dem armen Drachen vor haben...) und uns auf jeden Fall noch begleiten wird! Hört rein und lasst Euch begeistern!

Wir bedanken und ganz herzlich beim Argon Verlag für dieses brandaktuelle Hörbuch!