Montag, 6. August 2018

Elitewahn, Biggi Rist/Liliane Skalecki, Gmeiner Verlag



Elitewahn, Biggi Rist/Liliane Skalecki, Gmeiner Verlag

Dies ist der 2. Fall für die selbstständige Gärtnerin Malie Abendroth und ihre Freundin, die Archivarin und Umweltaktivistin Lioba Hanfstängl.
Malie ist glücklich über ihren neuen Auftrag, den Park der Schlossanlage des Eliteinternats Schloss Waldesruh am Bodensee umzugestalten. Die Schüler sind wohlerzogen und gehen ihr mit ihrem jungen Sport- und Biologielehrer Malte Jansen kräftig zur Hand. Doch Malte Jansen fühlt sich im Internat immer unwohler und äußert Malie gegenüber, daß er den Eindruck habe, daß an der Schule mit militärischen Drill und rechtem Gedankengut gearbeitet würde. Eigentlich könne er es nicht mit seiner Einstellung vereinbaren dort zu arbeiten und überlegt, seine Beobachtungen zu melden. Doch dazu kommt er nicht mehr, er wird tot in seinem Internatszimmer aufgefunden.
Lioba erhält als Archivarin im Umweltamt eine schriftliche Anfrag eines emeritierten Professors, der sich für die Güter jüdischer Familien rund um Konstanz interessiert. Er möchte daher Einblick in die Bauunterlagen von Schloss Waldesruh nehmen, um mehr über den Bauherren zu erfahren.
Lioba kniet sich für den reizenden älteren Herren gerne in ihre Aktenberge und fördert erstaunliches zu Tage. Als sie sich mit ihm treffen will, um die neuesten Erkenntnisse auszutauschen, findet sie den Professor tot in seinem Wohnzimmer. Wem gehörte nur die 2. benutzte Kaffeetasse auf dem Tisch?

Malie ist Halbasiatin, liebt die fettarme asiatische Küche, asiatische Kampfsportarten und überhaupt Sport im Allgemeinen. Dazu veranstaltet sie in ihrer alten Villa gerne entgeltliche exklusive Dinners, für die Lioba schon mal gerne Probeessen darf. Da Lioba seit dem Mordanschlag auf sie in Band 1 deutlich an Gewicht zugelegt hat, will Malie sie mit gemeinsamem Sport und bewußter Ernährung zur Gewichtsreduktion animieren. Aus diesem Grunde wird in diesem Buch viel Sport getrieben und gekocht. Lioba bewundert Malie dafür, daß sie essen kann was sie will und nicht zunimmt. Aber ehrlich, wer so viel Boden umgräbt, Sport treibt und sich wie beschrieben ernährt, kann gar nicht zunehmen, schon gar nicht in dem Alter. Ich finde die Protagonistinnen schon sympathisch, aber da ist mir Malie dann doch etwas zu belehrend. Für mich ist es unerklärlich, wie sie sich als Gärtnerin solch eine freistehende Villa am Bodensee leisten kann und wie sie als Halbasiatin und Gärtnerin an einen derartigen Auftrag kommt. Ich hätte angenommen, daß eine Einrichtung mit solch rechter, elitärer Gesinnung dann doch eher einen blonden Landschaftsarchitekten engagiert. Aber auch nicht alle im Internat sind Malie gegenüber wohlgesonnen und beurteilen sie nach ihrer Leistung, sondern sind mehr oder wenig offen rassistisch ablehnend. Gerade mit dem Tod von Malte Jansen wird die Stimmung ihr gegenüber nicht unbedingt besser, schon gar nicht, weil sie bisweilen unangekündigt in verschiedenen Teilen des Internats auftaucht und Reden belauscht, die nicht für ihre Ohren bestimmt sind. Mir persönlich liegt die idealistische Umweltschützerin Lioba mehr, da mir Malie einfach etwas zu glatt und perfekt ist.

Da dieser Bodenseekrimi im Milieu moderner rechter Parteien mit mehr oder weniger faschistischen Ansichten spielt und es auch um das Schicksal der großen Vermögen während des 3. Reichs emigrierter Juden geht, wird in der Erzählperspektive auch mit Rückblenden gearbeitet. Wie war es für den Sohn der ehemaligen Schlossherren damals, als in Deutschland die Synagogen brannten? Was ist inzwischen aus ihm geworden und aus seinem Freund, dem Sohn des Gutsverwalters? Der historische Teil und Liobas Recherchearbeit zu dem Schicksal jüdischer Emigranten gefällt mir ausgezeichnet. Die Feinheiten der nationalsozialistischen Steuerverwaltung waren mir in ihrer Perfidie nicht bekannt. Mir wurde mal gesagt, daß kein Volk den Völkermord so akribisch organisiert hat, wie die Deutschen. Ein Aspekt, der einem beim Lesen gerade dieses Krimis immer wieder bewusst wird. Durch die gründlich Verwaltung und Buchführung ist es aber auch wiederum möglich Ungereimtheiten aufzufinden, wenn man erst einmal danach sucht.

Auch menschlich hat dieser Krimi viel zu bieten, hier liegen Tragödie und große Freundschaft nah beieinander, ohne daß es kitschig wird. Dafür wird dem Leser aber auch Wohlstandsverwahrlosung, Standesdünkel, rechte Überheblichkeit und die Macht von Geld aufgezeigt. Eine wirklich interessante Mischung, auch wenn man den Vorgängerband nicht kennt.

Für mich lag der Reiz gerade in der von den zwei Freundinnen ausgegrabenen Geschichte der Bodenseeregion, zu Zeiten des 3. Reichs. Die Krimispannung lässt etwas auf sich warten, wobei ich mich bei den Nachforschungen zur Geschichte überhaupt nicht gelangweilt habe. Der Showdown wird allerdings selbst für mich als absoluten Handymuffel etwas unglaubwürdig. Es gibt Momente, da gehe selbst ich nicht ohne Handy aus dem Haus. Wenn ich nachschnüffeln wollte, wo ich nicht wirklich willkommen bin, würde ich niemals alleine und ohne Handy hingehen, dass ist selbst für Kampfsportler unverantwortlich in Zeiten in denen im Darknet alles erhältlich ist. Allerdings werden offene Fragen geklärt und es gibt auch ein zum Teil sehr versöhnliches Ende, was mir wiederum gut gefallen hat.

Die Autorinnen Liliane Skalecki und Biggi Rist sind inzwischen ein eingespieltes Team und haben mindestens 5 Krimis gemeinsam geschrieben, oft mit brisantem politisch/historischen Hintergrund, allerdings zu ganz unterschiedlichen Themen.

Ein guter Krimi der mir einige gut recherchierte Aspekte deutscher Geschichte vor Augen führte.

4 von 5 Sternen.

Ich bedanke mich ganz herzlich beim Gmeiner Verlag für dieses Rezensionsexemplar.

Sonntag, 5. August 2018

Bim, die Zauselmaus (2) Das Freundschaftsfest, Stefan Gemmel, Ill. Elli Bruder, Carlsen Verlag



Bim, die Zauselmaus (2) Das Freundschaftsfest, Stefan Gemmel, Ill. Elli Bruder, Carlsen Verlag

Bim die Zauselmaus ist ein Ableger der Abenteuerreihe „Im Zeichen der Zauberkugel“ in der Bim sich zum heimlichen Liebling der Kinder entwickelt hat. Daher eine eigene Reihe mit Bim für jüngere Kinder, um mit viel Spaß Lesen zu lernen. In Band 1 hat Bim sich aus dem Haus von Alex, in welchem er wohnt gewagt und seine neuen tierischen Freunde, die er in allerlei misslichen Situationen getroffen hat, kennengelernt. Auf dem Dachboden haben es sich der witzige Hamster Lutz, der starke Degu Arnie, der verschlafene Siebenschläfer Schnarchibald, das dichtende Frettchen Sonnett bei Bim gemütlich gemacht. Sie planen und bauen gemeinsam ein kuscheliges Nest für alle. Als sie gerade fertig sind und stolz ihr Werk bewundern, geht plötzlich ein Nusshagel auf sie nieder. Mutig gehen die Freunde der Quelle des Nussregens nach und entdecken ein fremdes Eichhörnchen, das sie mürrisch und herausfordernd ansieht. Während Arnie den Eindringling fortjagen will, setzt Bim auf Freundlichkeit. Geduldig erfährt er den Namen des abweisenden Neulings und lädt ihn zum Essen ein. Das gefällt den anderen gar nicht, aber Eichhörnchen Brutus ist völlig überrascht, so viel Freundlichkeit kennt es nicht und kann auch nicht wirklich damit umgehen. Eine Geschichte über eines Widerspenstigen Zähmung und wahre Freundschaft.

Freundschaftsgeschichten für Kinder gibt es viele. Hier geht es aber mal um einen wirklich wichtigen Aspekt, den Kinder auch erst lernen müssen. Teilen. Zur Freundschaft gehört das Teilen dazu, denn wie Sonnett schon meint: „ Ein Essen schmeckt besonders dann, wenn man es mit Freunden teilen kann, und auch mit Glück ist's ebenso: Geteiltes Glück macht doppelt froh!“. Aber Freundschaft und Teilen sind kein Kommunismus. Nur weil Freunde untereinander teilen, heißt das nicht, daß sich jeder nehmen kann was er möchte. Dein und Mein bleiben bestehen, doch wer freundlich fragt, der erhält gerne von den Freunden etwas ab. Dies sollte sich aber auf Gegenseitigkeit beziehen und niemals dem Gebenden alles nehmen. Anders als beim Sterntaler wird hier schon in gewisser Weise auf Nachhaltigkeit geachtet. So regnet es keine Goldtaler vom Himmel, aber es wird eine solide Basis für echte Freundschaft und ein glückliches geregeltes Miteinander gesetzt. Denn funktionierende Gemeinschaften brauchen allgemeinverbindliche Regeln, die alle zu respektieren haben. Das klingt nun furchtbar trocken und für Kinder viel zu theoretisch, aber wenn es in Form von Nüsse werfenden diebischen Eichhörnchen erzählt wird, ist es für Kinder sehr gut nachvollziehbar und gar nicht langweilig. Wenn alle einander helfen, bleibt am Ende auch Zeit und Energie für eine tolle Party, ein Freundschaftsfest eben!

Wie schon Sonnetts Reim zeigt, geht es nicht nur um Regeln in der Gemeinschaft, sondern auch daran Spaß zu haben und jedes Tier hat seine eigenen Stärken und Schwächen. Sonnett ist zum Beispiel furchtbar vergesslich, sobald der Gedanke jedoch in Reimform verfasst ist, kann sie ihn sich prima merken, weshalb sie meist in Reimen spricht. Das kommt bei Kinder sehr gut an und bleibt nicht nur besser im Gedächtnis, sondern weckt auch die Freude am Spiel mit Sprache.

Als Buch, welches sich gezielt an Leseanfänger ab 6 Jahren richtet, ist die Geschichte von kurzen und einfachen Sätzen geprägt und bei Antolin zum Erwerb von Punkten gelistet. Gedruckt ist sie in großer Fibelschrift (die Schriftart der Lesebücher der 1. Klasse) mit einem hohen Anteil an farbigen Illustrationen. Hierbei wurde absichtlich eine andere Illustratorin als für die Hauptreihe engagiert, da diese Bilder spannend und geheimnisvoll wirken sollen, während für Leseanfänger fröhliche, farbenfrohe Bilder ansprechender sind. Elli Bruder lebt mit ihrem Mann und einem Stall voller Tiere in Norddeutschland und liebt es ganz besonders Tiere zu zeichnen.

Stefan Gemmel 1970 in Morbach geboren schreibt schon seit einiger Zeit erfolgreich Kinder- und Jugendbücher, die in 18 Sprachen übersetzt wurden. Neben Literaturprojekten und Schreibwerkstätten für Kinder, wagt er sich immer wieder an neue Weltrekordversuche auf dem Gebiet der Literatur Lesungen. Für seine ungewöhnlichen Lesungen, Lesenächten und Workshops, erhielt er zahlreiche Auszeichnungen, darunter „Lesekünstler des Jahres 2012“ - zu recht, wie wir finden, seine Erklärungen zu den unterschiedlichen Arten von Büchern, einschließlich Taschenbüchern, haben meine Töchter nachhaltig beeindruckt.

Eine wirklich schöne Reihe, von der nun auch gerade der 3. Band „Bim die Zauselmaus: Der gemeine Kuchendieb“ erschienen ist.

5 von 5 Sternen.