Donnerstag, 14. September 2017

Mit Pauken und Trompeten: Das Gespenst von Canterville, Orchester Hörspiel, Oscar Wilde, Headroom



Mit Pauken und Trompeten: Das Gespenst von Canterville, Orchester Hörspiel, Oscar Wilde, Headroom
Ich liebe Oscar Wilde und habe mit dieser Geschichte angefangen, die ich als Kind unglaublich traurig fand, da ich mir die Kraft der Liebe noch nicht so vorstellen konnte, wohl aber den Tod. Daher war ich auf diese Vertonung gespannt, da ich gerne klassische Musik mag.
Die  amerikanische Botschafter Otis zieht mit seiner Familie auf Schloss Canterville ein, wo schon seit 400 Jahren Sir Simon spukt. Allerdings lassen sich die Amerikaner nicht von ein wenig Kettenrasseln, Türen knallen und Blutflecken beeindrucken. Sir Simon, ein eigentlich gar übler Bursche zu Lebzeiten, ist verzweifelt, das hat er ja noch nie erlebt. Es ist doch seine Aufgabe die neuen Schlossbewohner zu Tode zu erschrecken! Während die Zwillingssöhne der Familie Otis ihm fiese Streiche spielen, hat ihre ältere Schwester Virginia ein weiches Herz. Sie hat Mitleid mit Sir Simon, der das Spuken leid ist und sterben möchte, damit er endlich Frieden findet. Kann sie ihn erlösen?
Empfohlen wird diese Aufnahme für die Altersklasse 6-7 Jahre alt. Für meine sensible 8 Jährige ist dies aber ungeeignet. Es ist ja keine klassische Spukgeschichte, sondern behandelt das ernste Thema der Erlösung durch den Tod, die Kraft der Liebe. Ich war als Kind beim erstmaligen Lesen sehr enttäuscht, weil ich damals einfach zu jung für diese Geschichte war. Für Kinder in der Altersklasse 6-7 Jahre noch etwas abstrakt. Doch die Stimmen sind ausgesprochen gut gewählt, Laura Maire spricht warm und lebendig. Der Hörspielteil ist wirklich sehr sensibel umgesetzt, auch wenn ich die Altersempfehlung nicht teilen kann. Die musikalische Umsetzung ist für Kinder allerdings recht gewöhnungsbedürftig. Klassik für Kinder ist meist eingängig und wohlgefällig. Auch nach mehrfachem Hören fing ich nicht an mitzusummen. Dafür ist es dem Komponisten aber durchaus gelungen, den Grusel, den Sir Simon nicht wirklich zu verbreiten vermag, musikalisch umzusetzen. Ich habe diese CD mehrere Nächte hintereinander zum Einschlafen gehört und hatte wirklich keine ruhigen Träume, bis ich mir eine andere Gute-Nacht-Geschichte suchte. Thematisch hat der Komponist das Thema somit perfekt umgesetzt, allerdings für meinen Geschmack zu perfekt für Kinder dieser Altersgruppe, die für Ängste durch unbewußte Klänge sehr empfänglich sind. Die Musik ist also atmosphärisch sehr passend, aber dann doch passender für Erwachsene oder ältere Kinder. Die Musik ist nicht abstoßend, aber eben auch schon etwas anspruchsvoller. Für jüngere Hörer ist es aber sehr gelungen, daß Laura Maire als Virginia anfangs eine Einführung in das Stück gibt und dabei auch die Bassklarinette und ihren Klang vorstellt. Das kleine Beiheftchen enthält noch Erläuterungen des Komponisten Henrik Albrecht zur Einführung von Kindern in die klassische Musik. Es wird der Aufbau einer Geige erläutert und ihre wichtige Rolle im Orchester, die Bedeutung eines Tremolos, das Zupfen der Streicher, das Pizzicato genannt wird und vieles andere. Klar, einigen Erwachsen und größeren Kindern ist dies möglicherweise bekannt, aber sicher nicht allen. Dieses Werk richtet sich auch an wissbegierige Zuhörer, die gerne auf anregende Weise dazu lernen und nicht bloß konsumieren möchten. Diesem Anspruch wird diese Aufnahme zweifelsohne gerecht.
Mir fällt die Bewertung mit Sternen sehr schwer, da die Umsetzung mit Orchester sehr gelungen ist, wenn auch recht anspruchsvoll. Daher ist sie wirklich sehr empfehlenswert ab mindestens 10 Jahren und auch für Erwachsene. Oscar Wildes Geschichte ist zeitlos und wunderschön, für Kinder von 6 Jahren allerdings zu anspruchsvoll. Oscar Wilde verbindet Witz, Ironie, Weisheit und Weitsicht wunderbar in dieser Geschichte. 6 Jährige vermögen die Tragweite dieses modernen Märchens nicht in ihrer vollen Tiefe zu verstehen.
Für 6 Jährige daher nur 3 Sterne, für Kinder ab mind. 10 Jahren und Erwachsene allerdings 5 Sterne. Diese Umsetzung dieses gar nicht so einfachen Stoffs von Oscar Wilde ist mit viel Liebe zum Detail und Kenntnis der Vorlage erfolgt.
Ich bedanke mich ganz herzlich für dieses wunderbare Rezensionsexemplar bei Headroom Productions

Wie Brausepulver im Bauch, Christine Fehér, cbt



Wie Brausepulver im Bauch, Christine Fehér, cbt
Frieda geht in die 4a. Sie ist eine gute Schülerin, sportlich, beliebt, aber leider in Mathe eine Niete. Als sie erstmals in Mathe eine 5 schreibt, macht sich ausgerechnet der Klassennerd Amseln (genannt Amsel) über sie lustig. In der Sportstunde danach revanchiert sich dann Frieda, als sie Amsel am Barren verspottet. Alle denken nun, daß die zwei sich hassen. Doch so kommt es gar nicht. Beim Üben für die Fahrradprüfung verursacht Froschfan Frieda durch eine Vollbremsung zur Krötenrettung einen Unfall mit Amsel, so statt wieder eine blöde Bemerkung zu machen, gibt sie sofort ihre Schuld zu und nimmt ihn in Schutz. Als sie sich kurz darauf im Park treffen, wo Amsel heimlich Radfahren üben will, gibt die sportliche Frieda ihm geduldig Tipps.
Tipps holt sich Frieda hingegen bei ihrer Mathenachhilfe, der coolen 14 jährigen Pia, denn nun wird es ganz schön verwirrend. Amsels blaue Augen gehen ihr nicht mehr aus dem Kopf und Pia meint glatt, Frieda sei verliebt. Frieda ist zuerst entsetzt, das kann doch nicht sein, oder? Ausgerechnet Amsel! Aber als er ihr sein Terrarium zeigte, war er unglaublich nett und ihr Bauch fühlte sich ganz kribbelig an!
Dieses Buch ab 9 Jahren nähert sich sehr sensibel und ohne Albernheiten dem Thema erster Verliebtheit im Grundschulalter und eignet sich daher sehr gut für 3. Und 4. Klässler. Als Fünftklässlerin fand sich meine 10 jährige Tochter jedoch schon zu alt und ih, bäh, verlieben!
Gerade das hat mir gut gefallen, daß hier kein Druck aufgebaut wird. Die Grundschüler knutschen nicht rum, sondern verbringen einfach gerne Zeit miteinander, sie suchen die gegenseitige Nähe und vermissen sich, wenn der andere nicht da ist. Die kindlichen Gefühle sind echt und keineswegs kindisch, doch was passiert, wenn sich mit den Sommerferien alles ändert und beide danach in unterschiedliche Schulen gehen, sie sich nicht mehr ständig sehen? Das wird sehr sensibel angesprochen, ebenso wie die Thematisierung des Neuanfanges, vor dem man keine Angst haben sollte. Dies kommt aber wirklich erst zum Ende des Buches und rundet es sehr gut und überhaupt nicht kitschig ab. Kinder und ihre Sorgen werden hier wirklich ernst genommen. Daher gefällt es mir, daß Frieda zwar beliebt, aber nicht der Klassenstar wird und ein Außenseiter wie Amsel durch Frieda aus seiner Rolle entspringen kann. Man kann sich auch in jemanden verlieben, der nicht unbedingt der Coolste ist, wenn er wirklich nett ist. Gerade in den Gesprächen mit Pia wird klar, daß Gemeinsamkeiten wichtig sind und Image nicht alles ist.
Geschildert wird die Geschichte aus jeweils zwei Perspektiven. Je ein Kapitel wird aus Friedas Sicht geschrieben und das nächste aus Amsels. Hierduch kann es auch ohne weiteres von Jungen oder Mädchen gelesen werden. Das Cover ist ebenso unkitschig wie Frieda, die nicht auf pink und Glitzer steht, das find ich toll. Für mich war jedoch der Frosch der totale Hingucker, denn ebenso wie Frieda liebe ich Frösche (kann aber viel besser Mathe als Turnen). Gerade die Durchbrechung der heutigen Coverklischees mit einem sonnigen Gelb finde ich klasse! Die Illustrationen fand ich hingegen süß, aber süß finde ich nicht so wirklich passend. Sie sind uns zu kindlich für diese Geschichte, die Kinder ja wirklich ernst nimmt (ich finde das Buch aber dennoch richtig süß, aber psst, das dürfen meine Töchter nicht wissen). Es hat uns aber dennoch gefreut, daß in diesem Buch noch zahlreiche Illustrationen enthalten sind, auch wenn sie für die Zielgruppe unserer Meinung nach nicht so optimal sind.
Ich als Mutter hatte während des Lesens ständig das Lied von Pe Werner „Dieses Kribbeln im Bauch“ im Ohr und bin stolz auf mich, es nicht meinen Töchtern vorgesungen zu haben. Dennoch war es eine schöne Assoziation beim Lesen. Denn seien wir ehrlich: Man ist nie zu jung oder zu alt, um sich zu verlieben und es ist immer einfach nur schön! Mögen unsere Sprösslinge die erste Liebe genießen, wenn es so weit ist.
Ein wirklich schönes Buch!
Ich bedanke mich ganz herzlich bei Cbt für dieses wunderbare Blubbern im Bauch!