Samstag, 24. Juni 2017

Otto und der kleine Herr Knorff, Andrea Schomburg, Stefanie Reich, cbj



Otto und der kleine Herr Knorff, Andrea Schomburg, Stefanie Reich, cbj
Weit weg, mitten im Meer, umhüllt von dichtem Nebel liegt Knorffien, das Reich der Knorffe. Wegen des dichten Nebels bleibt es unentdeckt und noch kein Mensch war dort. Das ist auch gut so, denn so angenehm ist es dort nicht. Bei den Bewohnern, den Knorffen herrscht furchtbares Chaos. Man ist rücksichtslos und setzt sich mit Ellenbogen durch. Die Lieblingsspeise ist Knorffsoppe, sie besteht aus Schlamm, Schneckenschleim und Popel. Knorffe lieben sie, alle bis auf einen. Der kleine Herr Knorbelius Knorff mag sie gar nicht. Weil er nicht rempelt und schubst, sondern sich höflich wartend anstellt, als einziger, bekommt er auch nie etwas von der Knorffsoppe ab. Er isst ohnehin lieber Himbeeren. Das schlimmste Schimpfworte für Knorffe heißt „Du Mensch!“ und so wird Knorbelius Knorff auch öfters von seinen Nachbarn genannt. Die Welt der Menschen stellt er sich herrlich vor. Sauber, ordentlich, und nach Seife und Blumen duftend. Also macht er sich eines Tages durch einen geheimen Spalt auf in die Menschenwelt. Nach den Knorffgesetzen muß er 13 Monate bei dem Menschen bleiben, der ihn findet. Das ist der chaotische kleine Otto, der im kreativen Chaos seiner Künstlerfamilie aufwächst. Wo ist Herr Knorff da nur hineingeraten! Otto ist auch nicht allzu begeistert.
Diese liebevoll erzählte Geschichte für junge Leser thematisiert nicht nur das Thema Ordnung und Sauberkeit. Am Rande schon, aber ohne erhobenen Zeigefinger. Es geht nicht um richtig oder falsch, es geht um Annäherung und Akzeptanz. Zu lernen den anderen so anzunehmen wie er ist und ihn zu mögen. Jeder hat Stärken und Schwächen und wenn man sich gegenseitig hilft und annimmt, kommt noch etwas viel besseres heraus. Außerdem helfen sich Freunde in der Not.
Sehr gut gefällt mir, daß das kreative Chaos, daß in Familien mit Kindern bisweilen herrscht nicht verteufelt wird, aber dezent angeregt wird, dies ein wenig abzubauen, auch durch die Kinder. Ottos Familie ist allerdings sehr liebenswert und offen. In ihrer Kreativität können sie allerdings jede Menge Dinge gebrauchen und finden vor lauter Schaffensdrang eher nicht die Ruhe aufzuräumen. Langweilig ist es daher bei ihnen nie, sie sind auch eigentlich zufrieden, wenn da nur nicht die Anderen wären, die mit dieser Art so ihre Probleme haben.
Zum Glück ist ja nun der weltbeste Aufräumer bei ihnen eingezogen. Knorbelius räumt auf, was das Zeug hält, aber leider ohne Sinn und Verstand, so daß es zwar schön aussieht, aber eigentlich auch wieder unordentlich ist. Das Stapeln von Buchmanuskripten in gleich große Stapel mag schön sein, aber nicht sinnvoll. Ich finde das Thema sehr sensibel aufgegriffen, da auch weniger das kreative Chaos angeprangert wird, als der rücksichtslose Umgang und die Ich-Bezogenheit der Übrigen Knorffe. Man spürt schon das Verständnis der Autorin Andrea Schaumburg für das kreative Chaos bei Ottos Familie, räumt sie gelernte Gymnasiallehrerin auch selbst ein, daß ihre Arbeitszimmer in Hamburg und Berlin immer etwas knorffig aussehen. Nach ihrer Zeit als Lehrerin, Lyrikerin und Kabarettistin, ist das Schreiben von Kinderbüchern allmählich zu ihrem Beruf geworden.
Die Kapitel haben eine für Zweitklässler sehr angenehme Länge, die durch fröhliche und farbenfrohe Illustrationen von Stefanie Reich die Geschichte zusätzlich auf lockern. Die Sätze sind sehr schön kurz und für Zweitklässler gut zu bewältigen. Dabei ist auch die Wortwahl geschickt auf das Publikum abgestimmt. Es wird auf Fremdwörter verzichtet, mit den fantasievollen Begriffen aus Knorffien, jedoch auch das Erlesen unbekannter Begriffe geübt. Die Reime und Gedichte, in denen die Knorffe sich nur zu gerne ausdrücken sind lustig und fördern das Gefühl für Sprachrhythmus und Reime.
Meine Tochter ist noch im zweiten Schuljahr und fand diese aufeinander prallende Welten sehr lustig. Diese ungewöhnliche Beziehung zwischen dem kleinen Chaoten und dem steifen kleinen Mann mit den höflichen Umgangsformen, brachten sie immer wieder zum Kichern. Auch Herrn Knorffs Reime mochte sie sehr gerne. Sie hatte großes Verständnis, daß Ottos Familie über Herrn Knorffs eigenwilliges Aufräumen nicht ganz so begeistert war. So sind die 80 Seiten ziemlich schnell gelesen gewesen, da sie auch gerne mal mehr als ein Kapitel am Tag las, wie sie doch neugierig war, wie es weitergeht.
Das ist ja auch das Stichwort, dies ist erst der 1. Band, wir sind gespannt, wie sich Knorbelius nun bei Ottos Familie einfügt und was sie noch für Abenteuer erleben werden, jetzt da sie Freunde sind.
Wir fanden diese ungleiche Freundschaft eine wirklich ungewöhnliche Geschichte. Sie hat uns großen Spaß bereitet und wir empfehlen sie sehr gerne mit 5 von 5 Sternen weiter.
Ein besonderer Dank geht an das Bloggerportal der Randomhousegruppe, für dieses tolle Rezensionsexemplar.

Madame le Commissaire und das geheimnisvolle Bild, Pierre Martin, Knaur



Madame le Commissaire und das geheimnisvolle Bild, Pierre Martin, Knaur
Madame le Commissaire, Isabelle Bonnet hat sich nach ihrem aufreibenden Leben in einer Antiterroreinheit in ihren Geburtsort Fragolin in der Provence versetzten lassen, wo sie das örtliche Kommissariat befehligt. Sie hat dort einen Untergebenen, die kauzig-schrullig aber liebenswerten Appollinaire. Ihren Sonderausweis des Elysée-Palastes durfte sie behalten und steht noch im regen Kontakt zum Chef der Police Nationale, der sie „Chérie“ nennt, ihr väterlicher Freund und Vorgesetzter Balancourt.
Dem Lebensgefühl der Provence folgend schließt Isabelle das Kommissariat und erklärt Betriebsferien für sich und Appollinaire. Faule Tage am Strand, Schwimmen, Joggen, gutes Essen, das Leben könnte so schön sein. Wenn nicht ihr Ex, der Bürgermeister (wohl eher Ortsvorsteher) Thierry Blès ein Matisse Museum um das ehemals ortsansässige Matisse-Modell Rosalie eröffnet hätte. Für dieses Museum erhofft er eine Dauerleihgabe des Kunstmäzens Rouven  Mandriniac. Ein unbekannter Matisse ist in Nizza aufgetaucht und der würde thematisch hervorragend in das Museum von Fragolin passen. Doch Rouven, der auch ein Auge auf Isabelle geworfen hat, nimmt diese mit zum Begutachtungstermin und hegt arge Zweifel an der Authentizität. Sein mobiler Kunstforensiker bestätigt die Fälschung und legt den Hilferuf eines entführten Kunstfälschers frei.
Ihr Chef lässt Isabelle freie Hand bei der Aufklärung dieses Falles, sofern sie sich auch um den seltsamen Tod eines Staatssekretärs beim Joggen kümmert.
Das Cover gefiel mir ausgezeichnet, der Klappentext war vielversprechend und der Kunstbezug versprach aufregend zu werden. So fing es auch mit einem spannenden Prolog an.
Nach und nach entdeckte ich irgendwie Parallelen zu James Bond, mit Isabelle als Doppelnull-Agenten mit besonderen Befugnissen, Balancourt als M. und dessen Sekretärin Jacqueline als emanzipierte Miss Moneypenny. Das fand ich irgendwie originell und besonders Assistenz Appollinaire fand ich zum Niederknien. Stets wartete ich darauf, welche Skurrilität er sich wohl als nächstes leisten würde. Isabelles Freundschaft zu Clodine (müßte es nicht Claudine heißen?), läßt sich wohl nur aus gemeinsamen Kindertagen herleiten. Viele Gemeinsamkeiten haben die zwei nicht und es wirkt nicht unbedingt so, als würden sie sich ergänzen.
Wirklich interessant fand ich auch die Einblicke in die Welt der Kunstsammler, wobei ich da an einigen Punkten durchaus so meine Zweifel hatte, daß bei den Expertisen wirklich so schlampig gearbeitet wird, wie hier dargestellt.
Doch ärgerte ich mich bis zum Schluß über Recherchemängel. Mir ist an mir selbst mal aufgefallen, daß ich mich über solche Mängel am meisten ärgere, je weniger mich die Geschichte packt. Hier schweiften einfach oft meine Gedanken ab und das lag nicht an der Hitze. So fand ich die Frage spannender, die sich mir stellte, als Jacqueline nebenbei zu Isabelle meinte, daß es schwierig sei, die gesuchte Person zu finden, da es in Frankreich keine Meldepflicht gäbe. Sorry, in Deutschland wird der Meldepflicht von sehr Kriminellen auch nicht nachgekommen. Das Bußgeld ist ja auch nicht durchsetzbar, wenn man nicht gefunden wird. Aber da fiel mir ein, Moment, wurde nicht früher in Frankreich das Wählerverzeichnis nach den Verträgen des EDF (Frz. Staatlicher Stromkonzern), was nach der Liberalisierung des Strommarktes unmöglich geworden sein dürfte? Ich bin sicher, jedem, der diese Rezi liest, brennt diese Frage nun unter den Nägeln ;) Sie hat mich echt stundenlang grübeln lassen. Fazit: Die Geschichte konnte mich nicht wirklich packen. Wie oft in Krimis wurden zwei Kriminalfälle parallel verfolgt, aber sie wurden nicht verknüpft. Am Ende fragte ich mich dann: Hä, und was sollte das nun? Gut, so wurde wenigstens nicht verknüpft, was nicht zusammen gehörte. Dennoch erschließt sich mir Sinn und Zweck dieses Handlungsstrangs nicht.
Die Spannung war mäßig, aber bis auf die Schreibweise des Namens der Freundin, über den ich mich immer wieder ärgerte, ließ er sich gut lesen. Die eingestreuten Brocken Französisch waren nett, aber nicht zwingend erforderlich. Für diejenigen die die Sprache nicht beherrschen, folgte die Erklärung auf dem Fuße.
Es las sich ganz gut, es wäre ein netter Krimi geworden, wenn nicht das für meinen Geschmack inakzeptable Ende gekommen wäre. Damit meine ich rund 80 Seiten. Dort hat Isabelle dann so eine Ahnung und macht Andeutungen. Allerdings streut sie so viele Hinweise, daß es wirklich jedem klar wird, wer denn der geheimnisvolle Unbekannte nun ist. Das fand ich zu plump, selbst bei der absolut drückenden Hitze der letzten Tage hätte ich einige Hinweise nicht so oft wiederholt benötigt. Außerdem war mir dafür die „Schlußszene“ einfach zu lang. Zum Schluß trifft Isabelle, die Umschwärmte, noch eine Entscheidung in ihrem Liebesdilemma, die außer ihr bzw. dem Autor, zumindest den meisten Lesern nicht gefallen dürfte.
Mehr will ich nicht verraten, nur so viel: dieser ansonsten nette Krimi hat hierdurch echt Sympathien verspielt, so daß ich ihn leider nicht empfehlen kann und es nur für 2 von 5 Sternen reichte.