Mittwoch, 8. Februar 2017

König Laurin, THiLO, gelesen von Rufus Beck




König Laurin, THiLO, Jumbo Verlag, gelesen von Rufus Beck
Diese alte Legende war mir kein Begriff, kommt sie doch aus Österreich. Aber irgendwie klang die Geschichte des zarten Königssohns Theodor, der am Tag der Ermordung seiner Mutter Doroteha aufhörte zu wachsen interessant an. Für den Mord an der beliebten Königin wurden die Zwerge verantwortlich gemacht, die bis dahin mit dem Königreich von König Dietrich in Einklang lebten und sich um die Pflanzen des Königreichs kümmerten. Seit ihrer Verbannung sind die Zwerge, allen voran ihr König Laurin schlecht auf die Menschen zu sprechen. Die Ernten des Königreichs werden immer karger und es gibt nur noch Fleisch mit Fleisch zu essen. Den Zusammenhang mit der ungerechten Verbannung der Zwerge mag jedoch keiner herstellen. Während Theo auf der Streckbank zu wahrer Größe gezogen werden soll, wird ihm immer sein großer, starker Cousin Wittich als Vorbild dargestellt. Doch Theo weiß, daß Wittich fies und verschlagen ist. Dennoch läßt er sich von Wittich herausfordern und blamiert sich bis auf die Knochen. Als Theo völlig verstört wegläuft, lernt er den verbannten Laurin kennen, der in etwa seine Größe hat. Die beiden freunden sich an und Theo lernt die Freuden der Gartenarbeit kennen. Doch ein großes Turnier, dessen Gewinner die schöne Grafentochter Similde zur Frau erhalten soll, stellt diese Freundschaft auf eine harte Probe.
Dieses Buch wurde nach dem Drehbuch zum gleichnamigen Film verfasst. Da bin ich eigentlich immer etwas skeptisch, aber Rufus Beck klang sehr verlockend, auch wenn mein letztes Hörbuch, das ich von ihm hörte, mir von der Geschichte her nicht zusagte. Was würde mich nun also erwarten, denn den Film kannte ich nicht.
Altersbedingt kenne ich Rufus Beck vor allem wegen der Filme „kleine Haie“ und „der bewegte Mann“ und nicht als Harry Potter Sprecher. Er liest diese Geschichte so brillant, daß ich beim Zuhören das Bild des Schauspielers (der in diesem Fall König Dietrich in der Kinoversion spielt) nicht vor Augen habe, sondern lediglich die Figuren die er spricht. Wie diese aussehen, verraten mir die Bilder zum Kinofilm auf der Hülle und im Inlet. Das können aber eine Menge Hörbuchsprecher. Was mich wirklich fasziniert, ist das er sprachliche Stilmittel des Buches so geschickt betont, daß mir unaufdringlich beim Hören auffällt, was mir beim Lesen vielleicht entgangen wäre.
Autor THiLO hat sich tatsächlich die Mühe gemacht, aus dem Drehbuch ein sprachliches Werk mit Witz, Alliterationen und Sprachspielen gemacht. Das Zusammenspiel zwischen dem wirklich nicht einfach zusammengeschusterten Text, sondern der mit Bedacht gewählten Worte und seinem Sprecher ist wirklich ausgezeichnet. Der Autor hat übrigens nicht nur eine Vielzahl von Kinder- und Erstlesebüchern verfasst, sondern auch zahlreiche Drehbücher u.a. für Bibi Blocksberg und Schloss Einstein. Er wäre also auch durchaus in der Lage gewesen das Drehbuch selbst zu verfassen. Inzwischen lebt der studierte Publizist und Germanist mit seiner Frau und vier Kindern in Mainz (na, bei vier Kindern weiß man was Kinder mögen).
Auf dem Filmplakat sieht man die raue Bergwelt und die mittelalterlich gekleideten Darsteller. Dennoch ist dies kein Mantel- und Degen-Abenteuer. Klar, es gibt ein Ritterturnier, Kämpfe, eine holde Maid, die der Gewinner zur Frau bekommt, aber diese Geschichte bietet deutlich mehr. Theo mag die Grafentochter und möchte sie vor seinem fiesen Vetter retten, aber will er sie wirklich schon zur Frau nehmen? Was will er eigentlich von seinem Leben? Die Freundschaft zu König Laurin lehrt ihn, wer er ist und was er kann und liebt. Theo ist klein, aber clever. Ist Cleverness nicht ebenso wichtig für einen König, wie Muskelkraft? Darf man für einen guten Zweck seinen besten Freund betrügen? Ist es nicht besser die Wahrheit zu sagen und offen zu reden?
Auch wenn König Dietrich glaubt, daß man groß und stark sein muß, um es weit zu bringen, daß man sich nicht mit Kleinkram abgeben darf, zeigt ihm sein Sohn, daß man manchmal klein, nicht groß denken muß, um ans Ziel zu gelangen.
Der Humor der Geschichte ist meist ein feiner leiser, so wie man erfährt, daß im Mittelalter die Autogrammkarten und Fanclubs erfunden wurden. Durch die wirklich geschickt vermittelten Werte wird dieses Ritter- und Zwergenmärchen zu etwas ganz besonderem
Diese Produktion ist absolut gelungen und Rufus Beck macht aus einem mit Bedacht geschrieben Buch etwas noch Größeres!
Den Film haben wir leider verpasst, aber das Hörbuch ist echt klasse! Meine 9 jährige Tochter hörte sich die Geschichte wirklich gebannt an und fand sie viel zu spannend um sie zum Einschlafen zu hören. Auch die Mutter fand sie wirklich zu spannend als Einschlafgeschichte, aber wir sind uns einig, daß wir sie sowohl für Jungs als Mädchen empfehlen, den Mädchen haben auch Köpfchen!
Wir ziehen den Ritterfräuleinshut vor diesem Meisterwerk, das von uns klar 5 von 5 Sternen erhält!

Montag, 6. Februar 2017

Gefährliche Empfehlungen: Ein kulinarischer Krimi, Tom Hillenbrand



Gefährliche Empfehlungen: Ein kulinarischer Krimi, Tom Hillenbrand, KiWi
Dies ist Band 5 der Reihe des Luxemburger Kochs, der immer wieder durch seine Laienermittlungen aus seiner Küche gerissen wird. Band 1 soll wohl gerade mit Moritz Bleibtreu in der Rolle des Xavier Kieffer verfilmt werden.
Xavier Kieffer, ist zur Eröffnung mit riesigem Medienspektakel des neuen Flagshipstores in Paris des Guide Gabin, seiner Freundin Valerie Gabin, eingeladen. Während der Rede von Präsident Francois Allégret, dem alten guten Freund von Valerie, bricht auf Grund eines Stromausfalls eine kleine Panik aus und ein aus der Bestandsbibliothek der französischen Nationalbibliothek nicht ganz offiziell entliehen seltenen Gastroführers Guide Gabin von 1939 bringt Kieffer ins Grübeln. Als der dauerrauchende Koch, die übrigen Leihgaben mit Bestechungswein an den Bibliothekar zurückgeben soll, wird er Zeuge des Mordes an diesem. Der Präsident persönlich fordert ihn auf, der Sache aufzuklären, seiner Freundin Valerie zu liebe. Klar, dem Präsidenten zu Liebe würde Xavier sich nicht aus seiner Küche begeben, denn ein netter Mensch wird nicht Präsident, dessen ist er sich sicher. Doch wie soll ein Koch diese kriminellen Machenschaften aufklären, wenn ihm mindestens ein Geheimdienst an ihm zu kleben scheint. Naja, wenn wer selbst keine Ahnung hat und vor allem kochen kann, der braucht gute Freunde mit speziellen Fähigkeiten oder Kontakten, wie sein finnischer Kumpel Pekka Vatanen, offizielle ein hoher finnischer EU-Beamter, aber eigentlich ein Liebhaber schöner Frauen und Luxemburger Rivaners. Allerdings werfen die Nachforschungen zuerst mehr Fragen und Gefahren auf, als das sie Antworten liefern.
Dies war mein erster Blick in Xavier Kieffers Küche des „deux Eglises“ in der Luxemburger Unterstadt.
Daher ist es mir auch völlig entgangen das hinten ein Glossar: Küchenlatein (naja, mehr Französisch oder Letzeburgisch) angehängt war, der gerade für Leser, die nicht aus dem tiefsten Westen kommen und kein Französisch oder Letzeburgisch verstehen, sehr hilfreich sind.
Für diejenigen die Luxemburg nicht kennen, sind genaue Beschreibungen dieses ungewöhnlichen kleinsten Mitgliedsstaates der EU in die Geschichte mit eingewoben. Paris ist deutlich weniger detailliert beschrieben, Lyon und Berlin ausführlicher als Paris, aber weniger als Luxemburg. Die Detailvielfalt der Ortsbeschreibungen scheint sich also an dem allgemein angenommenen Bekanntheitsgrad der Stadt zu orientieren. Ich kannte die Städte alle, selbst Lothringen und Nancy gegen Ende. Mir gefielen die Beschreibungen der bekannten Orte, andere fanden sie jedoch zu langatmig. O.k. dies ist vor allem ein Wohlfühlkrimi und trotz der involvierten Geheimdienste ist das Tempo der Geschichte an die Leibesfülle des Gourmets angepasst, denn Kieffer muß sich immer wieder eingestehen, daß er nicht wirklich in Form ist. Für Liebhaber guten Essens, netter literarischer Anspielungen an das französische Präsidentschaftssystem, den zweiten Weltkrieg, die Rolle des neutralen Luxemburgs im Krieg und die Geschichte seines Radiosenders, Sterne-Gastro-Führer, Promiköche und neue Restaurantkonzepte ist dieser Krimi jedoch dennoch unterhaltsam, informativ und rätselhaft. Denn ganz ehrlich, bis zuletzt tappte ich im Dunkeln, was es mit diesem speziellen 1939er Gastroführer auf sich hat, obwohl ich durch die Rückblenden zu Captain John Fisher, einen deutschstämmigen Nachrichtenoffizier der Army nach D-Day, immerhin Kenntnisse hatte, die Kieffer noch fremd waren.
Ich fand den Krimi wirklich sehr gut recherchiert und informativ. Nicht nur hinsichtlich des Einblicks in die Welt in die Töpfe der edlen Restaurantküchen dieser Welt, sondern auch die der politischen Intrigen, der kriegerischen Verschwörungen und der zersetzenden Kriegsführung, sondern auch im Hinblick auf die mögliche Entstehungsgeschichte des Guide Michelin. Seit meiner Kindheit hatte ich mich gefragt, was denn eine französische Autoreifenfabrik mit Restaurantführern zu tun haben könnte. Aber nun kann ich mir da schon einen Zusammenhang zusammenreimen.
Die Charaktere sind bisweilen etwas überzeichnet, aber das macht sie wie z.B. Pekka Vatanen oder den „argentinischen Küchenleonardo“ Esteban umso unterhaltsamer und liebenswerter. Gerade die Nebenrollen sind interessant besetzt und herausgearbeitet. Da einige von ihnen nicht zum ersten Mal in dieser Reihe auftauchen, sind sie eine beständige Bereicherung.
Während mich die Ortsbeschreibungen nicht störten, nervten mich bisweilen aber Xaviers ständiges Rauchen. Ich muß es als Leser ja nicht riechen, es bringt die Geschichte aber nicht weiter und bereichert auch nicht meinen Erfahrungshorizont.
Auch als Neuling der Reihe kann man gut folgen und hat keinerlei Verständnisprobleme, sofern man den Glossar findet oder „Küchenlatein“ beherrscht.
Der Autor Tom Hillenbrand wurde 1972 geboren und studierte Europapolitik. Das macht sich durchaus bemerkbar, da ich noch einiges über General de Gaulle lernte, was im Französisch LK weder beim Thema Europapolitik oder politische Reden vorkam. Für Leser informativer Romane und Krimis mit Hintergrundwissen ist es daher eine Bereicherung, daß er als Ressortleiter bei Spiegel Online ausstieg und sich dem Schreiben widmete.
Ein guter solider Krimi, der mich unterhalten hat und dessen eigenwilliger Ermittler mit bisweilen sperrigem Charakter mich auf die Verfilmung neugierig macht. Moritz Bleibtreu passt für mich als Besetzung nicht, aber mal schauen ;)
Ich bedanke mich herzlich für einen guten Krimi und eine anregende lebendige Leserunde!