Freitag, 12. Februar 2021

Internat der bösen Tiere (1) Die Prüfung, Gina Mayer, Jonas Minthe, Goya libre, MP3 450 min

 

Internat der bösen Tiere (1) Die Prüfung, Gina Mayer, Jonas Minthe, Goya libre, MP3 450 min

 

Noel erfährt bei der Trennung seiner „Eltern“ dass seine Mutter nicht seine Mutter, sondern seine Tante ist. Sie haben ihn adoptiert und entgegen der Namensgebung seiner Mutter, Christian getauft. Diese hat ihren Sohn, kurz nach der Geburt, zu Weihnachten vor 13 Jahren, ihrer Schwester in die Hand gedrückt und ist seither verschwunden. Der Vater ist gänzlich unbekannt und die Adoptiveltern, so sehr sie sich ein Kind gewünscht haben, völlig überfordert. Nun hat ihm sein ehemals bester Freund aus Eifersucht auch noch einen üblen Streich gespielt, den Noel aus Ungeschicktheit und Pech in eine Katastrophe verwandelt hat. Nun droht er auch noch von der Schule zu fliegen und nimmt Reißaus! Ein Hund hatte sich ihm in den Weg gestellt und mitgeteilt, dass er nachmittags zum Containerhafen kommen solle. Irgendwie begegnet er in der letzten Zeit vielen Tieren, die ihn zu etwas auffordern und sie sind nicht immer nett! Er versteckt sich in einem Überseecontainer und erhält Gesellschaft von einer Ratte, die ihm zeigt, wie er auf dem Frachter überlebt und ihm mitteilt, wann er über Bord springen soll, denn diese Reise soll ihn zu seiner Bestimmung bringen: das Internat der bösen Tiere.

 

Anfangs mussten wir uns erst einmal einhören, da mit einem kurzen Rückblick begonnen wird, bei welchem man die Protagonisten noch nicht kennt und man sich über die Geschehnisse im Skilager wundert. Wir haben uns aber auch über Noels Verhalten gewundert, bis wir erfuhren, dass er irgendwie anders ist und er selbst nicht so genau weiß, woran es bei ihm liegt. Weder zu seinen Klassenkameraden, noch zu seinen vermeintlichen Eltern findet er einen Draht. Er sieht sich selbst als Einzelgänger und manchmal kommt es ihm so vor, als habe sich alles gegen ihn verschworen. Andernfalls hätte für ihn der Befehl des Hundes sich am Containerhafen einzufinden auch sicherlich nicht attraktiv geklungen. Kaum ist er ein blinder Passagier auf einem Frachtschiff, stellen ihm sich die Probleme der Realität. Er hat Hunger und Durst und nichts mitgenommen, auch keine erwähnenswerten Geldsummen. Das finde ich sehr gut, denn auch wenn Noel wirklich kein normaler Junge ist, wie man nach und nach immer mehr feststellt, so fände ich es dennoch pädagogisch unklug, könnte man die Überfahrt auf dem Containerschiff romantisieren. Doch ehrlich, diese Beschreibung lädt nicht zum Nachmachen ein! Es ist rau, gefährlich und absolut ungemütlich. Durch die Ungewissheit, was ihn am Ziel erwartet, ist schon die Überfahrt spannend, doch zum Glück ist die Ratte recht gesprächig und verrät schon so einiges, was den Hörer sehr gespannt das Ziel der Reise erwarten lässt. Es geht auf ein geheimes Internat mitten im Meer, auf verschiedenen Inseln, die einige auch „die Inseln der bösen Tiere“ nennen. Das klingt ja schon mal gruselig, aber als Noel dort ankommt, ist er absolut fasziniert und fühlt sich endlich angekommen. Leider ist das nicht zwingend der Fall, denn das Internat nimmt nicht jeden und so muss er erst mal eine Aufnahmeprüfung bestehen, die ausgesprochen gefährlich ist!

Ich hatte etwas Sorge, ob ich es so gut finde, wenn meine Töchter sich ausgerechnet mit den Bösen solidarisieren, aber die Sorge kann ich Eltern nehmen: Noel ist nicht böse, er ist anders und weiß nicht warum. Auch auf den Inseln machen alle nur seltsame Andeutungen, die er überhaupt nicht einordnen kann. Er steckt mitten in der Pubertät, der klassischen Phase der Identitätskrisen und Selbstfindung und zu allen Problemen mit den Hormonen (ja, hübsche Mädchen kommen auch vor), kennt er seine Eltern nicht und kann die merkwürdigen Vorkommnisse um ihn herum überhaupt nicht einordnen. Gemeinsam sind wir mit ihm auf eine Reise ins Ungewisse gestartet. Schon alleine die Temperaturen auf See haben uns mit ihm mitschlottern lassen.

 

Noel ist ein verschlossener Typ, aber nicht unsympathisch. Einige der fiesen Aktionen seiner Mitschüler aus der normalen Schule verurteilt er ganz klar und dass ihm immer wieder Dinge vorgeworfen werden, die er gar nicht begannen hat, lässt einen sich richtig mit ihm verbrüdern. Wir haben es ihm von Herzen gewünscht, dass er die Aufnahmeprüfung schafft!

 

Allerdings mussten wir auf den im Cover angekündigten Leoparden ganz schön lange warten! Er kommt tatsächlich vor, seine genaue Rolle wird aber erst zum Schluss klar und wahrscheinlich wird seine Rolle in den kommenden Bänden wachsen und Noel wird wohl auch endlich richtige Freunde finden, wie es sich zum Schluss andeutet. Wir sind also schon sehr gespannt auf seine Entwicklung.

 

Gina Mayer ist nicht nur eine erfolgreiche Kinderbuchautorin z.B. mit der Reihe um den magischen Blumenladen, sondern auch eine Krimiautorin. Beide Leidenschaften verbindet sie hier sehr geschickt zu einer spannenden Abenteuer-Internatsreihe für ganz besondere Schüler. Und haben nicht Leser und Schüler ab 10 Jahren nicht ohnehin oft das Gefühl, anders zu sein als ihre Mitschüler? Hier fühlen sie sich verstanden.

 

Jonas Minthe klingt jung und frisch und man nimmt ihm den 13 – jährigen im Gefühlschaos gut ab, auch wenn er nicht nach Stimmbruch klingt. Er baut gekonnt Spannung auf und lässt seine Gefühle durchklingen, wie Verunsicherung, Verstocktheit und bisweilen echte Panik! Meine Töchter finden es super, dass er altersmäßig nach Ihresgleichen klingt und nicht wie ein auf jung getrimmter Erwachsener. Das verleiht ihm in ihren Ohren eine hohe Authentizität. 

 

Zum Glück ist die Fortsetzung schon erschienen, da müssen wir nicht lange rätseln wie es weiter geht!

 

Ich bedanke mich ganz herzlich bei Goya libre für 7,5 Stunden spannender Unterhaltung!

 

Hier findet Ihr eine Hörprobe:

https://www.jumboverlag.de/internat-der-boesen-tiere.-die-pruefung/index.php?cNG=540d887c-f20c-11ea-948b-001c42406321&productId=3234&f=true&cId=118&backToShop=true

 

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Dienstag, 9. Februar 2021

Fake News & Verschwörungstheorien – Wie man Gerüchten nicht auf den Leim geht, Gérald Bronner, Krassinsky, Jacoby Stuart

 

Fake News & Verschwörungstheorien – Wie man Gerüchten nicht auf den Leim geht, Gérald Bronner, Krassinsky, Jacoby Stuart

 

Teenager Leon wird am Familientisch von seinem Vater darauf angesprochen, dass er und die Mutter sich überlegt hätten, dass jetzt doch ein guter Zeitpunkt für eine Hepatitis B Impfung für ihn wäre. Leon rebelliert sofort! Er will doch kein MS bekommen, seine Eltern würden doch einfach alles unkritisch glauben, was sie in den Nachrichten sähen. Auch beim 11. September und allen anderen Anschlägen hätten sie die offiziellen Versionen einfach so hingenommen. Wütend stürmt er aus dem Haus und trifft gegenüber auf der anderen Straßenseite einen Typen, der ihm stets folgt und ihn mit der Stimme der Vernunft ganz schön reizt. Er stellt nämlich alles in Frage, hinterfragt es und weist auf die 150 Möglichkeiten der Manipulation und Irreführung unserer Meinungsbildung hin. Ganz logisch und dabei nahezu unerträglich konsequent und sachlich nimmt er Leons liebste Verschwörungstheorien und Informationsquellen auseinander. Er führt die Zusammenhänge auf, erklärt sie mathematisch und zwingend. Er zeigt, dass gerade dann, wenn wir uns am logischsten finden, wir am leichtesten zu verführen sind, weil wir auch nicht auf der Hut sind. Dabei werden ganz beliebte Themen der Verschwörungstheoretiker aufgegriffen. Da dieser Band aus dem Jahre 2019 stammt, sind Coronaleugner noch nicht aufgenommen, aber auch sie lassen sich mit der Stimme von Leons Vernunft entlarven.

 

Ganz erstaunlich finde ich, wie die komplexen Zusammenhänge mit so wenig Text und Raum, verblüffend nachvollziehbar dargelegt werden. Helden sind hier zwei Jugendliche, die natürlich die Welt in Frage stellen müssen, keine Fanatiker oder durchgeknallte Radikale. Einfach zwei Typen aus der Zielgruppe, die natürlich nicht einfach die Meinung ihrer Eltern übernehmen können.

 

 Dies ist ein Band der Comic-Bibliothek des Wissens, bei der der Jacoby Stuart Verlag Experten eines Wissensgebietes begabte Zeichner zur Seite stellt, um komplizierte Zusammenhänge gut verständlich in Form eines überschaubaren Comics zu vermitteln. Bei dem Titel musste ich natürlich sofort an Donald Trump denken, den Herren der Fake News. Die oft so offensichtlich sind, dass man sie eigentlich nicht ernst nehmen kann, da sie einfach so leicht zu durchschauen sind. Ich hatte irgendwie eine Verballhornung erwartet, aber das lag nicht an irreführenden Angaben des Verlages, sondern weil meine selektive Wahrnehmung mich bereits in die wahrscheinlichste Richtung führte und ich mir nichts anderes vorstellen konnte, trotz des unüberlesbaren „Comic-Bibliothek des Wissens“. Es wird hier tatsächlich Wissen vermittelt und es ist nicht einfach ein leichter Comic-Konsum, sondern es wird zum kritischen Hinterfragen aller Medien und der eigenen Informationsbeschaffung und Auswertung aufgerufen. Das ist wirklich anspruchsvoll und richtig interessant, selbst für Menschen, die nicht gerne lesen.

 

Gut, dieser Band hat nichts mit Donald Trump zu tun, dennoch ist es hoch aktuell. So werden zum Beispiel Impfgegner unter die Lupe genommen. Warum sind sie so vehement dagegen? Wie informieren sie sich und wie bilden sie ihre Meinung? Der bekannte französische Soziologe Gérard Bronner hat sich intensiv mit den Anschlägen am 11.9. und auf das Bataclan und folgende Attentate in Frankreich auseinander gesetzt. Wie kommt es dazu, wie erfolgte die Radikalisierung? Wie konnten sie verführt werden? Wie erreicht man die gewünschte Zielgruppe, der für Fanatismus Sensiblen? Seine Forschungsergebnisse hat er hier kurz zusammengefasst und mit geschickten Strichen und ausdrucksstarken Illustrationen von Krassinsky so unterstrichen, dass man auf relativ wenig Seiten, unwillkürlich auf Distanz zu diesen vermeintlich logischen Verführern geht. Denn Reife ist nicht eine Frage des Alters, sondern des Mutes sein eigenes Denken in Frage zu stellen. (inhaltliches Zitat, die genaue Stelle finde ich nicht mehr). Dabei finde ich die Wahl der Sachwissensvermittlung per Comic gerade für dieses Thema sehr geschickt, da sich Sinnestäuschung oft gerade bildlich sehr gut darstellen lassen. Wenn das Auge die Täuschung aufdeckt, ist das dahinterliegende Gehirn eher überzeugt, als von vielen Worten. Hier geht es nicht um erhobenen Zeigefinger, ums Lächerlichmachen, nein hier geht es ums Begreifen und das Ernstnehmen von Jugendlichen. So können sie die Auseinandersetzung mit Medien, Meinungsbildung und Informationsbeschaffung sicherlich deutlich besser akzeptieren, als mit vielen Worten!

 

Eine starke Verbindung die ich mir sehr gut auch im Einsatz im Religions-/Ethikunterricht vorstellen kann.

 

Das Vorwort sollte man besser erst lesen, wenn man mit dem Comic durch ist. Das Vorwort ist nicht nur recht lang, sondern auch sehr komplex und die Bereitschaft sich mit diesem Inhalt auseinander zu setzen, haben viele Jugendliche sicherlich eher hinterher, als vorher... Aber Achtung! Man sollte mit der Lektüre nicht erst warten, bis die Jugendlichen verführt sind. Denn zurecht weist die Stimme der Vernunft darauf hin, dass man mit einem Fanatiker oder Radikalisierten nicht mehr logisch argumentieren kann. Alles was man dann noch sagt, sieht er als Bestätigung seiner Überzeugungen. Daher bitte rechtzeitig lesen, Jugendliche und diejenigen, die mit ihnen regelmäßig zu tun haben.

 

Ich bedanke mich ganz herzlich beim Verlag Jacoby Stuart für meinen Adventskalender Gewinn auf Instagram!

 

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