Donnerstag, 14. November 2019

Die Reste frieren wir ein, Weihnachten mit Renate Bergmann, gekürzt gelesen von Carmen-Maja Antoni, Der Audio Verlags 2 CDs 2 h 13 min.



Die Reste frieren wir ein, Weihnachten mit Renate Bergmann, gekürzt gelesen von Carmen-Maja Antoni, Der Audio Verlags 2 CDs 2 h 13 min.

Es weihnachtet in und um Berlin. Renate Bergmann steht am Herd und kocht schon Monate im Voraus den Grünkohl für's Weihnachtsfest ein, das kann man so ja gar nicht kaufen! Es ist nicht nur das Fest der Liebe und Geschenke, sondern auch des guten deftigen Essens im Kreise der Familie oder der Lieben, was nicht immer zwingend dasselbe ist. Aber es ist auch die Zeit der Erinnerung. Also erinnert sich Renate Bergmann auch an vergangene Weihnachten zurück, an denkwürdige Momente. Es wird nicht unbedingt eine stringente Geschichte und vom Zuhören wird man nicht satt, dafür lernt man mal endlich Renates von und zu Schwiegermutter die Baronin kennen, wenn auch nicht unbedingt lieben.

Den Titel finden wir großartig, er passt genau zu Renate Bergmanns Generation und auch die Verwendung von Margarinedosen zum Einfrieren von Essensresten, lässt mich an meine Kindheit im tiefsten Westen zurückdenken. Es gibt schöne, liebevolle Erinnerungen, wie die Zeit, als im Advent die Spielsache verschwanden und liebevoll restauriert oder neu ausgestattet zum Fest wieder unterm Baum lagen. Es gibt Lektionen im sparsamen Haushalten, von gerissenen Landfrauen, die den Städtern verstümmeltes Geflügel verkauften und sich über die Geflügelpfanne zu Weihnachten mit den Resten freuten. Natürlich darf auch die vegane Tochter Kirsten nicht fehlen, Freundin Gertrud, die es mit der Butter im Gemüse sehr großzügig ist, bis es einmal zu viel ist, Freundin Ilse mit Gatte Kurt und dem Coyota. Natürlich hat Kurt im seinem Karnickelverein auch noch ein paar Freunde, die Weihnachtsgänse züchten... und so kommt Renate vom Hölzchen aufs Stöckchen und irgendwie ist Weihnachten immer was los, selbst oder gerade, im Hungerwinter 1946/47, als das Essen rationiert war und man zu Opa und Oma Strelemann ins Bergische zog. Ein wenig Nostalgie, eine Prise Lebensschläue und patente Hilfe für Freunde und Familie. Das ist Weihnachten mit Renate Bergmann und ihrem speziellen Kosmos.

Renate Bergmann geb. Strelemann wohnt in Berlin-Spandau, war Trümmerfrau, Reichsbahnerin, ist und bleibt Haushaltsprofi und ist vierfach verwitwet aber nur einfache Mutter von einer schon erwachsenen Tochter Kerstin, Veganerin, esotherisch angehaucht und von Renate oft missverstanden. Aber eigentlich ist Renate ein Autor namens Torsten Rode, Jahrgang 1974, dessen Twitter-Account von Renate Bergmann sich zum Hit entwickelte.

Carmen-Maja Antoni ist wirklich die Idealbesetzung für Renate Bergmann mit ihrer schnodderig-herzlichen Berliner Schnauze trägt sie das Herz auf der Zunge! Jahrgang 1945, geboren in Berlin hat die Vollblutschauspielerin den Hungerwinter 46/47 offensichtlich ebenso gut überstanden wie Renate Bergmann. Man nimmt ihr die Rolle absolut ab und vermag sich kaum vorstellen, dass sie selbst nicht so ist, dabei kann sie auch anders und hat bereits Brechts Mutter Courage verkörpert, spielte die kauzige Schwester von Horst Krause im TV, oder die Sekretärin von Iris Berbens „Rosa Roth“ und ist auch noch immer auf den Bildschirmen zu sehen.

Leider konnte uns dieser Band nicht ganz überzeugen. Es kamen einige schöne Pointen vor, aber man hatte etwas den Eindruck, dass dem Autor die Ideen ausgehen, es ist ja auch schon der zweite Weihnachtsband mit Renate Bergmann. Vielleicht dreht sich für mich diesmal einfach zu viel ums Essen. Ja, es ist die Generation der guten Hausfrauen, wobei mir da bis auf meine Oma wohl die Vorbilder fehlen ;) Auch wenn es bei den uns bislang bekannten Geschichten stets eine Rahmenhandlung mit Hauptthema gibt wie Kreuzfahrt oder Hausbau, ist das Thema Weihnachtsessen nicht ganz so vielfältig seiner Absurdität der Möglichkeiten. Carmen-Maja Antoni gibt jedoch alles, um die noch so kleinste Absurdität aufzuspüren und so wurden wir dennoch angenehm unterhalten und geben 3,5 von 5 Sternen, für die großartige Carmen-Maja Antoni.

Wir bedanken uns ganz herzlich bei Der Audio Fahrt für diese Familienunterhaltung. Wer nun neugierig ist, kann hier hineinhören:

Mittwoch, 13. November 2019

Exploring London with Sherlock Holmes – Mit Sherlock Holmes durch London, erzählt von John Sykes, zweisprachig, dtv



Exploring London with Sherlock Holmes – Mit Sherlock Holmes durch London, erzählt von John Sykes, zweisprachig, dtv

Sherlock und Watson sitzen in Sherlocks Wohnzimmer in der Baker Street, als sich gleich zwei Besucher ankündigen: ein Kutscher, der Sherlock in der Vergangenheit schon wertvolle Dienste geleistet hat und ein Dienstbote aus dem Privathaushalt des Premierministers. Der Kutscher schildert einen finster aussehenden Kunden, den er quer durch London fahren musste und der ihn an den wichtigsten Monumenten der Stadt halten ließ. Er ist überzeugt, dass dieser Fahrgast Übles im Schilde führe. Der Angestellte des Premierministers übergibt Sherlock eine Einladung in die Downing Street 10 für 14.00 h am Nachmittag. Während Watson einen Termin beim Barbier empfiehlt, ist Sherlock entschlossen der Kutschroute zu folgen, überzeugt, dass dieser Auftrag in direktem Zusammenhang zu seinem späteren Termin steht. Nach und nach begleitet man den legendären Privatdetektiv und seinen Chronisten vom Buckingham Palace über Westminster Abbey bis zur Tower Bridge. Dabei treffen sie Geister, historischer Größen, die ihre Ruhestätten bewachen und verteidigen. Durch sie lernt man einiges über die Geschichte des Landes, der Stadt und dieser Orte.

Die Zweisprachigkeit des Buches wird gewährleistet, indem auf der jeweils linken Seite der Text auf Englisch abgedruckt ist und auf der rechten, auf Deutsch. Sollte man also irgendwo im Test hängen bleiben, kann man kurz mal aus die gegenüberliegende Seite schielen. Das Sprachniveau ist für Fortgeschrittene. Es ist allerdings an die Zeit und den Stil von Sherlock und Watson angepasst. Wer also sein Sprachniveau auch durch die Lektüre von englischen Klassikern erreicht hat, wird das Lesen als einfacher finden, als ein Fan von MTV im Original, oder wer seine Sprachkenntnisse mit amerikanischen Serien im Original erreicht hat. Keine Ahnung von alten englischen Kutschbezeichnungen? Kein Problem, ein Blick nach rechts genügt, das ist aber auch zugegebener Maßen sehr verführerisch, aber wer kennt schon die Bezeichnung für Hänge- oder Zugbrücken, oder der verschiedenen antiken Kirchendecken auf Englisch? Zugegeben, es ist etwas ungewohnt nur jede zweite Seite zu lesen, aber man gewöhnt sich sehr schnell daran.

Besonders spannend wird die Geschichte erst ganz am Ende, als es zum Showdown, mit dem unbekannten Erpresser kommt. Bis dahin ist es eine unterhaltsame Spurensuche, die interessanter ist, je mehr man sich für Geschichte interessiert. Im Stil von Dickens Weihnachtsgeschichte, treffen Holmes und Watson auf die Geister verstorbener Persönlichkeiten, deren Leben besonders eng mit dem jeweiligen Wahrzeichen verbunden war, auf dass der Schurke einen Anschlag vornehmen könnte. Doch die Geister schützen ihre Denkmäler und Gedenkstätten und vertreiben den Bösewicht erfolgreich. Anschließend erzählen sie dem Ermittler davon, wodurch der Leser eine Menge über die historische Örtlichkeit, als auch die erzählende Person erfährt. Im Glossar ist dann noch ein Überblick über die Persönlichkeit der „Zeugen“ und der Ermittler mit Erläuterungen angehängt, zu diesen gehören z.B. William Shakespeare für den Temple District, oder Eliza Doolittle in Covent Garden, Lord Nelson für den Trafalgar Square, Sir Horace Jones, der die Tower Bridge entwarf. Viele kleine interessante Anekdoten finden sich so in diesem besonderen Stadtrundgang und viele Namen und Örtlichkeiten, über die ich mich stets wunderte, haben für mich ihre Rätsel enthüllt. Natürlich kann man hier nur historische Orte entdecken, das London Eye gab es zur Zeit von Conan Doyle noch nicht, weshalb es nicht erwähnt wird. Aber bisweilen wird Bezug genommen auf frühere Nutzungen von Stadtvierteln und heutige und ich bin mir nicht sicher, ob dies immer nur auf Holmes Zeit Bezug nimmt, oder auch auf unsere. Für Sherlock Fans ein Muss, wenn auch kein klassischer Krimi. Für historisch Interessierte auch ohne bevorstehende Londonreise sehr aufschlussreich. Als mein Mann das Buch bei mir entdeckte, wollte er es sich sofort zum Auffrischen seiner Englischkenntnisse schnappen, dafür ist es sehr komfortabel, wenn auch für einen sehr elaborierten, nicht unbedingt zeitgenössischen Stil, dafür aber von hoher sprachlicher Eleganz.

Eine wirklich schöne Vorbereitung auf einen Londonaufenthalt, Auffrischung seiner Englischkenntnisse, Erinnerungen aufzufrischen oder etwas englische Geschichte zu lernen. Weniger ein Krimi, als eine Geschichtsstunde mit Stadtrundgang, aber eben mit Sherlock-Flair,  das ist ja auch genau das, was der Titel verspricht!

Vielen lieben Dank an den dtv Verlag für dieses vergnügliche Rezensionsexemplar.