Samstag, 7. September 2019

Die magische Pforte der Anderwelt (Sandra Regnier) Carlsen Verlag



Die magische Pforte der Anderwelt (Sandra Regnier) Carlsen Verlag

Dies ist der 1. Band der Anderweltreihe, einem Spin-off der erfolgreichen Pan-Triologie.

Allison, genannt Allie, hat bald ihren 17. Geburtstag. Sie ist die Tochter berühmter Tierdokumentarfilmer und hat früher ihre Eltern auf ihren Reisen in die abgelegendsten Gebiete der Erde begleitet, bis sie mit 12 Jahren einen schweren Unfall erlitt. Sie stürzte in eine Felsspalte und blieb mit großen Schmerzen 2 Tage lang in einer dunklen Höhle eingesperrt liegen, ehe sie gefunden wurden. Seither zieren große Narben ihre Beine und sie hat panische Angst vor dunklen Räumen. Um derartiges künftig zu vermeiden, wird ins St. Pauls Internat für Mädchen in Edinburgh geschickt. Dort schmeckt es immerhin und mit Camilla und Emma, zwei Externen hat sie die besten Freundinnen der Welt und im 11 jährigen George vom benachbarten Jungeninternat, hat sie einen Ersatzbruder gefunden. Nur Emma zu liebe traut sie sich in die Touristenattraktion St. Marys Close, einen eingemauerten unterirdischen Stadtteil. Als eine alte Verletzung an ihrer Hand wieder aufbricht, öffnet sie mit ihrer blutigen Hand aus Versehen die Pforte zur Anderwelt, von deren Existenz sie nichts ahnte. Fortan taucht der gutaussehende, ruppige, unhöfliche und humorlose Pfortenwächter Finn immer wieder auf. Er hat den Auftrag die Pforte zu schließen und die Anderwelt zu schützen. Dazu braucht er Allison, doch die hat keine Ahnung, was sie getan hat und ist völlig verwirrt von den Erscheinungen und Gaben die sie nunmehr an den Tag legt.

Ich kenne die Pan-Triologie nicht, aber da Anfang Oktober der 2. Band dieses Spinoffs erscheint, wollte ich noch schnell in diese Reihe einsteigen. Das ist auch direkt von Anfang an gelungen. Eingestiegen wird mit einem Kapitel aus Sicht des Elfenwächters Finn. Das ist noch sehr geheimnisvoll und fremd, aber sogleich wechselt der Blickwinkel zu Allie. Ihre Welt ist gleich viel vertrauter. Allerdings wundert man sich als Leser, warum sie auf keinen Fall die unterirdischen Gassen von Edinburgh betreten will, nur unter Auferbietung wahrer Erpressungsbestrebungen ihrer Freundinnen. Diese kommen aus sehr wohlhabendem Hause, sehen gut aus, sind aber, anders als Emmas Austauschfranzösin Valerie absolut loyal und verständnisvoll. In Valérie und Allies ehemaliger Zimmergenossin Lucy, hat sie allerdings gleich zwei Gleichaltrige gefunden, die es nicht gut mit ihr meinen. Das ist zwar nicht neu, bringt aber Würze in die Geschichte, zusätzlich zu dem mürrischen und unhöflichen Elfenwächter, mit dem Aussehen eines Filmstars, der allen Mädels die Augen aus dem Kopf fallen lässt, bis auf Allie. Die kennt ja seinen Umgangston und der gefällt ihr gar nicht. Ehrlich, wäre sie von ihm von Anfang an so hypnotisiert wie Valérie, würde ich ihr das sehr übel nehmen!
Allie versteht die Welt nicht mehr, aber Finn ist nicht bereit sie ihr zu erklären. Zum einen drängt die Zeit, die Pforte muß unbedingt schnellstmöglich geschlossen werden und außerdem ist Allie ein Mensch und diese gehen die Geheimnisse der Anderwelt nichts an. Aber Allie ist nicht nur der Schlüssel zur Pforte, sie kann immer mehr magische Wesen sehen und entwickelt besondere Fähigkeiten, langsam muß Finn erkennen, daß sehr viel mehr in ihr steckt, als er geahnt hat und daß er ohne sie, die Pforte nicht wird schließen können. Das stellt sich aber als viel komplizierter dar, als er dachte. Denn die Anderwelt ist aus dem Fugen geraten, doch die Oberen erkennen das wahre Problem nicht. So nehmen die zwei geheime und gefährliche Ermittlungen auf, die sie in Teufelsküche, beziehungsweise aufs Schafott bringen können.

Sehr spannend, geheimnisvoll und etwas romantisch. Mich hat Sandra Regniers Schreibstil auf Anhieb gepackt und verzaubert. Allie, die alles andere als perfekt ist und auf vielen Gebieten unsicher, aber niemals um eine eigene Meinung verlegen, mochte ich auf Anhieb. Ihr Umgang mit dem einsamen George und auch mit ihren Freundinnen fand ich unglaublich sympathisch. Auch, dass sich Allie nicht gleich von einer schönen Gestalt blenden lässt, hat mich für sie eingenommen, auch wenn ich altersbedingt nicht all die Schnuckel kenne, mit denen Finn verglichen wird. Aber Bücher lassen Raum für Fantasie und so kann ja vor meinem inneren Auge ein Elf nach meinem persönlichen Geschmack erscheinen. Vorsicht: die Geschichte endet mit einem ganz üblen Cliffhanger und 1 Monat Wartezeit bis zu Teil 2 kann ganz schön lang sein! Ab 14 Jahren.

Sehr packend, sehr fantastisch, kann ich diesen Auftaktband nur empfehlen!

Ich bedanke mich ganz herzlich bei buchcontact  und dem Carlsen Verlag für dieses fesselnde Rezensionsexemplar.

Donnerstag, 5. September 2019

Das Herz am langen Zügel, Antje Szillat, Roman, Knaur



Das Herz am langen Zügel, Antje Szillat, Roman, Knaur

Malin ist 31 Jahre alt und geht in ihrem neuen Job als Produktmanagerin ihrer Firma in Hamburg, in welcher sie nach dem Abi mit der dualen Ausbildung anfing, völlig auf. Sie liebt ihr schickes Hamburger Leben, die Eleganz, die berufliche Herausforderung und mit ihrer Assistentin versteht sie sich blendend. Nur ob der gutaussehende Wirtschaftsanwalt Claas wirklich der Richtige für sie ist, dessen ist sie sich noch nicht so sicher, obwohl er für einen so erfolgreichen Anwalt wirklich ein extrem netter Kerl ist. Ihre Assistentin empfindet ihn als Jackpot! Gerade als sie in ein wichtiges Meeting zu ihrer ersten eigenen Produktkampagne starten will, wird sie zurückgehalten. Ihre Mutter ist am Telefon und lässt sich diesmal nicht abwimmeln. Ihr Vater hatte einen Unfall und wird gerade operiert. Malin kann es nicht fassen und fährt nach fast zwei Jahren wieder zu ihren Eltern aufs Land. Ihre Eltern und auch der elterliche Reitstall haben sich sehr verändert, viel zu lange war sie nicht mehr hier, um es zu bemerken. Auch den neuen, angeblich verrückten Hengst kennt sie noch nicht, obwohl sie alle vor ihm warnen, ist es Liebe auf den ersten Blick und nicht nur bei ihm…..
Dieser Roman startet wie so viele Frauenroman, mit einer starken, erfolgreichen Frauenfigur, die scheinbar alles hat und erfreulicherweise nicht auf den Kopf gefallen ist. Oder doch? Ernsthaft, ist es wirklich so schlau nur zu arbeiten und dafür seine Familie zu vernachlässigen und sie immer auf später zu vertrösten? Man hat nur einen Vater und eine Mutter und die leben nicht ewig. Das wird Malin schmerzlich bewusst, doch es fällt ihr unglaublich schwer sich ihrer Vergangenheit, ihren Eltern und ihrer Zukunft zu stellen. 


Wer bin ich? Wer war ich? Will ich wirklich sein, wer ich auf dem besten Weg bin zu werden? Außerdem gefällt es mir sehr gut, daß das Thema der Altersversorgung der Landwirte angesprochen wird. Es ist nämlich tatsächlich so, daß Landwirte die einbezahlte Altersversorgung nicht mit Erreichen der Altersgrenze erhalten, sondern nur gegen Nachweis, daß der Hof verkauft oder verpachtet wird, dabei ist es für Landwirte immer schwieriger Nachfolger für die Betriebe zu finden. Immerhin basiert auf diesem Nachwuchsproblem ein komplettes Fernsehformat. Anwälte wie Claas haben das Problem nicht, sie können einfach weiterarbeiten, so viel sie wollen und erhalten dennoch ihre Bezüge aus dem Versorgungswerk mit Erreichen des mittlerweile 67. Lebensjahres. Die Auswirkungen dieser Ungerechtigkeit treffen Malin mit voller Breitseite. Denn mit Anfang Siebzig ist ihr Vater doch kein junger Hüpfer mehr. Auch wenn er fit für sein Alter ist, braucht er Hilfe. Sehr sensibel werden hier die Nöte beider Generationen geschildert und es wird Malins Dilemma auch wirklich genügend Raum im Roman eingeräumt. Daher kam die Liebesgeschichte für mich ein wenig abrupt und schnell, im Vergleich hierzu. Das hat mich etwas grummeln lassen, bis ich merkte, daß die Autorin es sich so einfach nun doch nicht gemacht hat, denn… hier will ich nicht zu viel verraten.
Die Charaktere sind mit Bedacht gezeichnet, wobei mir besonders der grummelige Stallknecht ans Herz wuchs und Cousine Helen. Es ist ein Roman, kein schwerpunktmäßiger Liebesroman. Wer nun lange, leidenschaftliche Szenen im Stroh erwartet, wird dann doch etwas enttäuscht. Dafür werden Tierliebhaber belohnt, denn nicht nur der traumatisierte Junghengst darf seinen Weg ins Leserherz finden, sondern auch ein kleiner Jack Russell Terrier, der natürlich ein sehr attraktives Herrchen hat.
Sehr liebevoll ist die Gestaltung der Kapitelanfänge, die jeweils ein Pferdespruch aus aller Welt ziert. 
Es ist ein sehr schwungvoll geschriebener Roman, über eine junge Frau die ihren Weg finden muss und sich dabei mit ihrem früheren Ich und ihrer Rolle als Einzelkind konfrontiert sieht. Dabei ist die Geschichte mit Romantik und Tierliebe gewürzt, wobei ich den landwirtschaftlich/tierischen Teil stärker finde, als den romantischen. 

Allerdings finde ich es sehr gut, dass auch ihr Ex-Freund nicht als Voll-Horst dargestellt wird, bei dem man sich fragt, wie sie denn an den gekommen ist. Man merkt, dass es nicht passt, aber seine Würde bleibt gewahrt, so wie bei allen Persönlichkeiten in diesem Roman. Lediglich Malins Chef hat eine Ähnlichkeit mit einem Abziehbild, aber man muß ja auch ein Feindbild aufbauen dürfen. 


Ein leichter, beschwingter Roman mit Herz und Hirn, für wahre Tierfreundinnen, dem ich gerne 4,5 von 5 Sternen gebe.

Ich bedanke mich ganz herzlich für diesen Instagramgewinn bei der Autorin.