Montag, 8. Oktober 2018

Lesung am 7.10.18 mit Kirsten Boie aus Ein Sommer in Sommerby



Lesung am 7.10.18 mit Kirsten Boie aus Ein Sommer in Sommerby

Im Rahmen des rheinischen Lesefests Käptn' Book waren wir auf einer Autorenlesung mit Kirsten Boie im Kunstmuseum Bonn. Für einige begann es erst einmal mit der Überraschung der Aussprache ihres Namens als „Beue“ statt „Boje“ wie wir immer dachten, bis wir die ersten Hörbücher von ihr kennen gelernt haben ;) Ja, eine hanseatische Autorin, wird wohl Boje heißen... dem ist aber nicht so. Auch bei der Vorstellung des Buchtitels lernte ich wieder dazu: „In Sommer in Sommerby“ wir Sommerbü ausgesprochen, das by = bü ist die skandinavische Endung für Dorf, denn dieses Sommerferiengeschichte spielt an der Grenze zu Dänemark und erzählt die Geschichte von den drei Geschwistern Martha (12), Mikkel und Mats, die wegen eines Unfalls ihrer Mutter in New York, die Ferien bei der ihnen unbekannten Großmutter verbringen müssen. Ihre Mutter hat sich vor einer gefühlten Ewigkeit mit ihrer Mutter so überworfen, daß der Kontakt abbrach, doch als nun Papa zu Mama ins Krankenhaus fliegt, ist niemand anderes da der auf die Geschwister aufpassen kann. Vor Ort erleben die Kinder einen Kulturschock. Das kleine Reetdachhaus der Oma steht zurückgezogen auf einer Halbinsel, es gibt kein Fernsehen, kein Telefon und Internet schon gar nicht. Die Drei werden auch nicht verwöhnt, sie müssen mit anpacken, denn die Großmutter verdient sich ihren Lebensunterhalt mit selbst gemachter Marmelade und es ist Saison. Als das urige Idyll sich als bedroht erweist, merken die Kinder erst, wie sehr es ihnen ans Herz gewachsen ist und denken gar nicht daran klein beizugeben.

Kirsten Boie hat einige typische Passagen ausgewählt und endete an einer der spannendsten Stellen, als die Geschwister mit dem kleinen Motorboot der Oma in Seenot geraten. Ein echter Cliffhanger!

Kirsten Boie hat eine unglaublich warme Stimme, mit der sie geduldig die Fragen der Kinder aus dem Publikum beantwortet hat. Sie erklärte, daß die Rehe sehr gerne Blumen essen, wann immer sie die Gelegenheit dazu haben. Wie sie nach der Adoption ihres Sohnes die Idee hatte ein Kinderbuch zu schreiben (Paule ist ein Glücksgriff) und danach aufhören wollte, was ihr der Oetinger Verlag jedoch genauso erfolgreich ausredete wie Paul Maar. Dass sie für ihr zweites Buch gerade mal 18 Tage Zeit hatte, was ihr für die Geschichte sehr leid tue, weil man es ihr anmerke.

Als ehemalige Lehrerin versuche sie vor allem zu erzählen und möglichst nicht Botschaften zu vermitteln, da Kinder es nicht mögen belehrt zu werden. Manchmal, wie bei Thabo, dem Detektiv und Gentleman, sei es ihr jedoch ein Herzensanliegen, den Kindern in Deutschland zu zeigen, wie z.B. in Namibia die Kinder leben, daß sie es dann doch mache. Bei Sommerby sei es ihr aber nicht darum gegangen.

Sie erklärte, wie sie sich die Namen für ihr Hauptfiguren ausdenke, indem sie sich hier zum Beispiel überlegt hat, wie die Eltern eigentlich so sind und was sich solche Eltern wohl für ihre Kinder für Namen aussuchen würden, wohl doch eher nordische, wie eben Martha, Mikkel und Mats (im Gegenteil zu den Kindern aus „Entführung mit Jagdleopard“).

Mit „Ein Sommer in Sommerby“ hat sie im Sommer 2016 begonnen und weil sie sich gerade vor Ort befand, in dem Gebiet, in dem auch diese Geschichte spielt, war sie gerade in der richtigen Stimmung und schaffte es, daß Buch binnen 3 Monaten zu schreiben. Dennoch hat es noch bis zum Frühjahr 2018 gedauert, ehe es in die Buchläden kam.

Die großen und kleinen Zuhörer hatten viel Spaß an den zum Teil sehr persönlichen Erzählungen und Ausführungen einer der bekanntesten Kinderbuchautorinnen Deutschlands und bedankten sie mit großem Andrang am Signiertisch.

Feuerwerk mit Todesfolge (Ein Fall für Wells & Wong 4), Robin Stevens, Knesebeck Verlag



Feuerwerk mit Todesfolge (Ein Fall für Wells & Wong 4), Robin Stevens, Knesebeck Verlag

Für die Jungdetektivinnen Daisy Wells und Hazel Wong beginnt nach den abenteuerlichen Ferien im Orient-Express ein neues Schuljahr im exklusiven Deepdean Internat für höhere Töchter. Doch dieses Jahr ist alles irgendwie anders. Die neue Schulsprecherin Elisabeth mit ihren 5 Aufsichtsschülerinnen verbreitet unter den Mädchen Angst und Schrecken. Alle werden irgendwie gemeiner und fieser, es wird nicht mehr gelacht, es wird sich gefürchtet. Auch Hazel, die Tochter eines reichen Bankiers aus Hong Kong hat sich verändert. Sie ist selbstbewußter und eigenständiger geworden und führt heimlich einen regen Briefwechsel mit Alexander, mit dem sie sich bei ihrem letzten Abenteuer angefreundet hat. Dies missfällt der jungen selbstbewußten Daisy aus bester englischer Adelsfamilie umso mehr, als Hazel auch Details aus ihrem neuesten Fall stets unverzüglich berichtet, heimlich natürlich. Denn während des Guy Fawkes Feuers stirbt die verhasste Schulsprecherin Elisabeth. Während die neue Schulleiterin dies als Unfall abzutun versucht, sind Daisy und Hazel fest davon überzeugt, daß es Mord war. Erstmals werden ihre Schlafsaalgefährtinnen in die Ermittlungen einbezogen, denn es gilt die fünf Aufsichtsschülerinnen zu beschatten. Doch der Zwist zwischen Daisy und Hazel lastet schwer auf den Ermittlungen.

Dieser Band steht unter dem Zeichen mieser Stimmung. Elisabeth hat es binnen kürzester Zeit geschafft, die Stimmung an der Schule zu vergiften und ein Terror-Regime aufzubauen, von dem die Lehrerinnen, genannt Fräuleins, nichts mitbekommen. Der lange unausgesprochene Zwist zwischen Daisy und Hazel schwelt vor sich hin und belastet die Atmosphäre des Schlafsaals. Mir gefällt sehr gut, daß Hazel sich endlich wagt sich von Daisy zu emanzipieren und eigene Wege geht. Sie hat ihre Meinung, hält sie für richtig und ist nicht bereit, diese zu korrigieren, nur weil die zauberhafte Daisy Wells dies so wünscht. Hazel ist in den letzten Fällen gereift, während Daisy noch immer Daisy ist, mit allen Stärken und Schwächen. Denn in ihrer Detektei sind die Rollen klar verteilt: Daisy ist der Kopf und Hazel ist Protokollantin, daher nennt Daisy sie auch gerne Watson. Doch während Daisy eine brilliante Beobachterin und scharfsinnige Kombiniererin ist, hat Hazel eine untrügliche Intuition, der sie immer mehr lernt zu vertrauen, auch wenn sie nicht zu erklären mag warum. Dabei ist auch Hazel alles andere als dumm. Doch wer vermag schon neben der strahlenden Daisy zu bestehen? Genau das gefällt mir so an diesem Band. Daisys unbestrittene Unfehlbarkeit wird angekratzt. Sie wird zwangsläufig gezwungen ihr eigenes Urteil zu überdenken. Das ist absolut untypisch für sie. Dabei sollten ja all ihre mentalen Kräfte auf den neuen Fall gerichtet sein, denn dieser hat es durchaus in sich. Der Mord ereignete sich mal wieder in einer geschlossenen Gesellschaft, quasi vor aller Augen. Nur die Aufsichtsschülerinnen waren nicht in aller Blick und kommen daher als Täter in Frage. Auch wenn sie einander nicht zu mögen zu scheinen, schweißt sie etwas, daß größer und stärker ist als sie zusammen. Was kann das nur sein?

Sehr klassisch britisch, wunderbar nostalgisch, hilft Daisy und Hazel die moderne Forensik nicht weiter im Jahre 1935. Es helfen ihnen nur ihr Hirn und ihre fünf Sinne. Nebenbei lernen auch Nicht-Engländer die Tradition der Guy Fawkes Night kennen, die jährlich am 5. November im Gedenken an den vereitelten Sprengstoffanschlag auf König Jacob und das Parlament im Jahre 1605. So bekommt man neben Ermittlungen Einblick in das soziale Gefüge zu Zeiten von Georg V. Während Wells & Wong ermitteln, bereitet sich Nazi-Deutschland auf die bevorstehenden olympischen Spiele in Berlin vor und die Lage der Juden wird immer ernster. Auch dies spielt hier am Rande eine Rolle, eingebettet in die Handlung, ohne erhobenen Zeigefinger. Während das Settin historisch ist, ebenso wie die Ermittlungsmethoden, ist es der Stil nicht. Dieser ist frisch und jung und ich habe diesmal wieder mit Hazel mitgelitten, die den Fall ja dokumentiert, weshalb auch dieser Fall wieder aus ihrer Perspektive in der Ich-Form erzählt wird. Diesmal war ich bei den Ermittlungen auf dem völligen Holzweg und wurde von der Auflösung überrascht. Dabei ist es ja das Schöne bei den klassischen Whodunnits, daß man immer eine Chance hat mitzurätseln und den Fall vor den Detektiven zu lösen, da man als Leser seine eigenen Beobachtungen macht und Schlüsse zieht.

Auch dieses Mal ist dem Fall ein Plan der Schule und ihres Geländes, sowie ein Personenverzeichnis vorangestellt, damit man bei den Ermittlungen den Überblick erhält. Sehr nostalgisch anmutend und sehr schön dargestellt übrigens. Im Anschluß befindet sich wieder ein Glossar, in welchem Daisy Deepdean-typische bzw. sehr englische Begriffe erläutert, was gerade für die Junge Leserschaft sehr hilfreich ist.

Robin Stevens ist wieder ein wunderbarer historischer Jugendkrimi mit viel Atmosphäre gelungen und so freue ich mich schon auf die weihnachtliche Fortsetzung: Mord unterm Mistelzweig.

Ich bedanke mich ganz herzlich beim Knesebeck-Verlag, der mich so unmittelbar an den Abenteuern der Detektei Wells & Wong teilhaben lässt.