Mittwoch, 26. September 2018

Die magischen 6 – Mr. Vernons Zauberladen, Neil Patrick Harris, Schneiderbuch



Die magischen 6 – Mr. Vernons Zauberladen, Neil Patrick Harris, Schneiderbuch

Carter ist in einem kleinen und gemütlichen Häuschen bei liebevollen Eltern aufgewachsen. Sein Vater hat ihm allerhand Zaubertricks bei gebracht und Carter war glücklich. Bis seine Eltern beide viel zu früh starben und er zu seinem einzigen lebenden Verwandten Onkel Sly kam. Während sein Vater Zaubertricks nutzte, um Menschen zu überraschen und zu erfreuen, nutzt Sly sie zu seinem eigenen Vorteil, um andere übers Ohr zu hauen und sich zu bereichern. Trotzdem sind sie arm und  leben auf der Straße, ziehen von Ort zu Ort, von Obdachlosenunterkunft zu Obdachlosenunterkunft.  Doch eines Tages geht Onkel Sly zu weit und Carter der inzwischen ca. 12 Jahre alt ist, reißt aus. Im Städtchen Mineral Wells entdeckt er einen Jahrmarkt voll funkelnder Verheißungen, die sich jedoch als genauso falsch erweisen, wie Onkel Sly. Als man ihn zwingen will, sich mit seinen geschickten Händen der Truppe anzuschließen, nimmt er erneut die Beine in die Hand. Im Ortskern trifft er auf eine buntgemischte Truppe Kinder, die sich zum Zaubern und Entfesseln in Mr. Vernons Zauberladen trifft. Zum ersten Mal erlebt er so etwas wie Freundschaft und die Kinder beschließen den Betrügereien des Jahrmarktes ein Ende zu setzen.

Ich war ja anfangs skeptisch. Nur weil jemand als Schauspieler berühmt ist, muß er nicht automatisch gute Kinderbücher schreiben können. Doch die Geschichte klang interessant und das Cover gefiel meinen Kindern, also bekam es eine Chance (ich war ja auch neugierig, schon wegen meiner Vorurteile). Diese Chance hat das Buch mehr als verdient, denn es hat die Kinder und mich von Beginn an in seinen Bann gezogen. Beide drängten mich immer wieder ihnen weiter „Carter“ vorzulesen. Bereits das Inhaltsverzeichnis zu Beginn ist es wert gelesen zu werden, denn es ist witzig kommentiert und weicht deutlich vom üblichen ab. Während des Erzählstrangs gibt es immer wieder kürzere Einschübe mit Gedanken von Carter und detailliert beschriebene Anweisungen für ganz unterschiedliche Zaubertricks, die wir auch schon begonnen haben zu üben. Aber wie Carter immer wieder betont: Das Geheimnis liegt im „üben, üben, üben“! Allerdings nicht nur beim Zaubern ;) Es gibt übrigens Tricks aus ganz verschiedenen Bereichen und am Ende kann man sogar noch geheime Botschaften entschlüsseln. Da mußte ich unbedingt den Spielkarten-Code kopieren, um ihn auch an die Freunde zu verteilen.

Sprachlich lässt es sich wirklich sehr gut auch vorlesen. Die Sprache ist sehr flüssig und durch die direkte Ansprache des Lesers, in der dieser in die Geschichte eingebunden wird, kann man auch wirklich gut seine Zuhörer ansprechen und so sprachlich fesseln. Keine sprachlichen Stolpersteine, allerdings merkt man bisweilen, daß der Text im Original aus dem Amerikanischen kommt, weil das Leben dort etwas anders ist. Schön ist aber, daß das Abenteuer in keiner besonderen Zeit spielt, außer definitiv nach dem großen Börsencrash, aber es kommen keine Handies oder technischen Spielereien vor, an denen man das Jahrzehnt festmachen könnte. Es ist eine Geschichte, spannend, witzig, analog, denn auch Freundschaft, wie diese jungen Zauberkünstler sie erleben, ist analog und magisch zugleich. Die Kinder die Carter trifft sind alle sehr ungewöhnlich und werden wegen ihres Faibles für's Zaubern, Entfesseln, Verschwindenlassen etc. von Gleichaltrigen als Freaks wahrgenommen. Aber untereinander, sind sie ganz normal, na ja, fast, sie können halt einiges besser als andere. Dabei ist Theo schwarz und sehr musikalisch, aber seine Hautfarbe ist nie ein Thema und er scheint interessanterweise aus der wohlhabendsten Familie zu stammen. Leila ist ein Waisenkind mit zwei Vätern, Ridley sitzt im Rollstuhl und ist sehr misstrauisch, während Olly und Izzy, die im Hotel aufwachsen, Zwillinge mit eigener Showeinlage sind. Dies ist der erste Band einer auf vier Bände angelegten Reihe. Bis Izzy und Olly zu der buntgemischten Truppe stoßen dauert es in diesem Band eine ganze Weile und wir haben daher relativ lange über den Titel nachgedacht und immer wieder die Kinder auf dem Cover durchgezählt... und endlich betraten sie dann gegen Ende der Geschichte die Bühne!

Ach ja, Autor Neil Patrickk Harris (bekannter als Barney Stinson aus „How I met your mother“) ist selbst Vater von Zwillingen und Zauberer. Er war von 2011 bis 2014 Präsident der Academy of Magical Arts.

Die ausdrucksstarken Illustrationen, sowie das Cover mit Spot- und Relieflack stammen von Lissy Marlin und haben beide Töchter direkt angesprochen.

Bis zum Erscheinen der nächsten Bände werden wir noch fleißig weiter üben, denn wir wollen alle 3 unbedingt wissen, wie es mit Carter und seinen Freunden weitergeht. Die Kinder fanden die Geschichte sehr spannend, witzig und auch emotional. Definitiv für Jungen und Mädchen ab 9 Jahren geeignet. Sie haben das Buch geliebt (Mama, wie lange dauert es noch bis zum nächsten Band?) und geben daher einstimmig 5 von 5 Sternen.

Wir bedanken uns ganz herzlich beim Schneiderbuch Verlag für magische Lesestunden.

Verloren in Eis und Schnee, Die unglaubliche Geschichte der Geschwister Danilow, Davide Morosinotto, gelesen von Nicolas Artajo, Gabrielle Pietermann und Reinhard Kunert, cbj audio



Verloren in Eis und Schnee, Die unglaubliche Geschichte der Geschwister Danilow, Davide Morosinotto, gelesen von Nicolas Artajo, Gabrielle Pietermann und Reinhard Kunert, cbj audio

Leningrad 1941, die Stadt wird von den deutschen Truppen im zweiten Weltkrieg eingekesselt. Die Versorgungssituation wird immer schwieriger, daher sollen Kinder und Jugendliche aus der Stadt gebracht werden, mit speziellen „Kinderzügen“. Diese sollen die Kinder möglichst weit weg von den herannahenden deutschen Truppen in Sicherheit bringen. Die 12 jährigen Zwillinge Nadja und Viktor bekommen von ihrer Mutter eingeschärft, daß sich sich auf keinen Fall trennen dürfen, sondern immer zusammen bleiben müssen. Aber sie waren bisher stets zusammen, sie sind Zwillinge, niemals würden sie sich freiwillig trennen. Doch die Aufpasser am Bahnhof lassen ihnen keine Wahl, obwohl Geschwister zusammenbleiben sollen. Nadja steigt in den Zug Nr. 76 der schon bald den Bahnhof verlässt, aber nach nur wenigen Kilometer anhält und nicht mehr weiterfährt. Viktors Zug bringt ihn in eine Kolchose in Sibirien, wo die Kinder zu harter Arbeit angehalten werden, um sich ihren Unterhalt zu verdienen. Nadja's Zug voll mit Müttern mit ihren Babys und der ebenso schönen wie faszinierenden Anna, fährt nicht weiter. Irgendwann steigen alle aus, weil sie nach Tagen, die Enge nicht mehr aushalten und eine Katastrophe ereignet sich. Dennoch sind Nadja und Viktor stets überzeugt, daß er andere noch lebt und sie sich finden müssen. Ein harter Kampf um Leben und Tod beginnt auf ihrem weiten und mehr als abenteuerlichen Weg.

Ich hatte altersgerechte Einblicke in das Leben während des zweiten Weltkriegs erwartet, die man auch erhält, doch rückt dies etwas in den Hintergrund. Es ist vor allem eine sehr harte und sehr spannende Abenteuergeschichte. Sehr hart, aufgrund der Witterungsbedingungen im Winter, als auch wegen des erbarmungslosen Umgangs mit Kindern und Jugendlichen in Kriegszeiten. Während einige zusammen halten und das Beste in ihrem Charakter zeigen, offenbaren sich bei anderen innere Abgründe und Selbstsucht. Beide Geschwister werden auf ihrem Weg begleitet, wobei die Truppe, die sich Viktor bei seiner Flucht aus der Kolchose anschließt, wahnsinnig groß ist, viel zu groß und zum Teil erbarmungslos dezimiert wird. Das ist schon starker Tobak, das muß man auch verkraften, weshalb ich der Altersempfehlung ab 12 Jahren nur bedingt zustimme.
Wirklich interessant ist der Einfallsreichtum der Kinder und zum Teile ihre Loyalität. Nadja hat wirklich Glück mit ihren Begleitern, auf die sie sich verlassen kann und die sie begleiten, obwohl sie ja eigentlich nicht müssen. Doch Anna ist schon bald eine wahre Freundin für sie geworden und ihre Schachpartien für beide eine überlebensnotwendige kurze Flucht vor dem Wahnsinn um sie herum. Anders ist es bei Viktor, er wird schon bei der Flucht verraten und ausgerechnet sein Feind aus Schulzeiten, schließt sich ihm an. Ein Umstand den ihn wurmt und den er gerne ändern würde, während er über die Gesellschaft von Clara sehr froh ist, auch dann noch, als er ihr Geheimnis aufdeckt. Die Geschwister und ihre Begleiter brauchen unheimlich viel Mut, Kraft und Überlebenswillen, um sich mit Einfallsreichtum, den gegebenen Gefahren zu stellen, auf die sie immer wieder treffen. Auch von Verrat und Korruption lassen sie sich nicht klein kriegen und lassen sich vor allem nicht selbst korrumpieren. Sie gehen so weit sie sie müssen, doch gibt es Grenzen der Menschlichkeit, die sie selbst in Kriegszeiten, in Kenntnis der geltenden Gesetze nicht bereit sind zu überschreiten. Festgehalten wird die Geschichte in Schulheften, die sie mit in den Kinderzug nahmen, ursprünglich um für ihre Eltern ihr Schicksal festzuhalten.

So liest Nicolas Artajo die Tagebuchaufzeichnungen von Viktor. Er ist mir bereits aus einem anderen Hörbuch bekannt, hier gefiel er mir eindeutig besser. Er konnte mich richtig überzeugen, mit einer Stimme, der man in allen Lebenslagen den an den Herausforderungen heranreifenden Viktor abnimmt. Wenn er nicht gerade Hörspiele spricht, ist er als Schauspieler auch in TV-Produktionen und als Moderator bei Disney Channel aktiv.

Gabrielle Pietermann liest Nadjas Tagebuchaufzeichnungen. Sie ist einem großen Publikum als die deutsche Stimme von Emma Watson, Emilia Clarke (Game of Thrones), Selena Gomez und Anna Kendrick bekannt. Als Synchronsprecherin arbeitet sie übrigens bereits seit ihre 9. Lebensjahr und klingt immer noch frisch und unverbraucht.

Deutlich älter klingt hingegen Reinhard Kuhnert, der gegen Ende den gestrengen Oberst Smirnow spricht. Er ist als Synchronsprecher von Peter Coyote, André Dussolier und David Stratharin bekannt, neben seiner Arbeit als Schauspieler, Regisseur, Dramatiker und Liedtexter. Er klingt streng, aber nicht grausam, einfach nach militärischer Autorität.

Alle drei Sprecher konnten mich absolut überzeugen. Sie schaffen es eine wahnsinnige Spannung aufzubauen. So spannend, daß ich nicht weiß, ob das nicht für 12 jährige etwas viel ist, da Kinder spannungstechnisch noch nicht so abgebrüht sind. Das Hörbuch zum Vorgänger „Die Mississippi-Bande“ fand meine inzwischen 11-jähre Tochter große klasse, aber es ist deutlich weniger spannend und dramatisch, für mein Empfinden (Altersempfehlung ab 10 Jahren meine ich). Die Spannung und Grausamkeit ist jedoch nie Selbstzweck sondern trägt stets die Handlung. Das vorgenannte Kinderbuch wurde übrigens für den Deutschen Jugendliteraturpreis nomminiert. Hierbei handelt es sich um eine bearbeitete Hörbuchfassung, was ich als sehr angenehm empfinde. Denn auch trotz der großen Personenanzahl und der vielen für mich fremden Namen, hatte ich fast keine Zuordnungsprobleme (Viktor ist zeitweise mit 78 Personen auf der Flucht), ich hatte kein Bedürfnis nach einem Personenverzeichnis.

Dieser erbitterte Überlebenskampf in Kriegszeiten verdeutlicht hoffentlich Jugendlichen heutzutage, den unschätzbaren Wert des Friedens den wir haben und weckt Verständnis für das Leid der Menschen auf der Flucht vor Krieg und Terror.

Ein ganz toller historischer Jugendroman, der unglaublich spannend und emotional ist. 5 von 5 Sternen.

Ich bedanke mich ganz herzlich bei cbj audio für dieses fantastische Hörbuch.