Dienstag, 18. September 2018

Das Mädchen, das im Buchladen gefunden wurde, Sylvia Bishop, Ilka Teichmüller, Argon Verlag



Das Mädchen, das im Buchladen gefunden wurde, Sylvia Bishop, Ilka Teichmüller, Argon Verlag

Mit 5 Jahren betrat eine Familie den Buchladen von Netty Miller und verlässt ihn, ohne ihre Tochter. Nettys Sohn Michael, der nur wenige Jahre älter ist, findet sie und stellt sie in das Regal für Fundsachen bzw. „Lost Property“ denn die Geschichte spielt in England. Als Netty sie dort entdeckt, nimmt sie sie herzlich bei sie auf und weil ihnen kein besserer Name einfällt, heißt das Mädchen fortan Property. Property schließt Netty und Michael sofort in ihr Herz und traut sich daher nicht, zuzugeben, daß sie mit 5 Jahren noch nicht Lesen und Schreiben kann (in England beginnt die Schule ja viel früher als bei uns). Sie liebt ihr Leben, doch als gute Beobachterin, merkt auch sie, daß es mit dem Buchladen bergab geht und ihr Leben immer ärmlicher wird. Da entdeckt Netty in der Zeitung, daß Mr. Montagomery seinen legendären Buchladen „Montgomerys Bücherparadies“ in London verlost. Warum sollte man so einen traumhaften Buchladen einfach verschenken, Property wundert sich. Als sie bei dieser Lotterie auch noch gewinnen und in den neuen Laden einziehen, wird es immer mysteriöser und das liegt nicht nur an der eigenwilligen Katze, die es als Beigabe obenauf gibt.

Diese Geschichte hat meine 9-jährige Tochter auf Anhieb fasziniert. Sowohl der Name Property, als auch sein Kind in einem Buchladen und vergessen und es dann ins Regal zu den Fundsachen zu räumen! Na sowas! Ich finde das als Gedanken ja furchtbar traurig und auch andere Erlebnisse, die nun folgen, finde ich eher schwermütig, z.B. daß Familie Miller sich die Beheizung des Buchladens nicht mehr leisten kann und daher ohne Ende Tee kocht und auch an die Kunden verteilt. Aber sie hat Recht. Auch wenn sie immer ärmer werden und die Verhältnisse immer schwieriger, so haben sie doch einander und das Reich der Wörter, der Geschichten, der Bilder und der Fantasie! Da Property nie gelernt hat zu lesen (was mich persönlich schon gewundert hat, daß Michael und Property anscheinend nie in die Schule gehen) ist sie eine ausgezeichnete Beobachterin. Mit ihrem wachen Geist reimt sie sich einiges zusammen und stellt Fragen, die sonst anscheinend niemandem in den Sinn kommen. Natürlich lässt Property die Zuhörer an ihren Fragen und Verwunderungen teilhaben, so daß man sich mit ihr wundert und auf alles gefasst ist. Na ja, nicht ganz auf alles, denn was da letztendlich auf sie zu kommt, kann man nicht erwarten und vorher sehen, denn das legendäre „Montgomery Bücherparadies“ ist beispiellos, ebenso wie die dunklen Machenschaften, die sich um dieses ranken. Das ist sehr aufregend und geheimnisvoll! Doch Property ist in ihrer Grundeinstellung so positiv und Ilka Teichmüllers Stimme so warm, daß meine sehr empfindsame jüngste Tochter, die sich bisweilen bei CD's für 4 oder 6 – Jährige gruselt, jederzeit vollstes Vertrauen in den guten Ausgang der Geschichte hatte, daß sie sie gleich zum Einschlafen gehört hat.

Es ist eine sehr ungewöhnliche Geschichte. Sehr atmosphärisch, etwas märchenhaft, etwas magisch und auf jeden Fall sehr fantastisch, ohne gleich Fantasy zu sein, aber eben sehr fantasievoll. Das Gefühl, diese Geschichte irgendwo schon mal gehört zu haben, so ungefähr, überkommt einen nie. Dabei kann man bisweilen herrliche Zitate genießen und eine malerische Sprache.
Ebenso sympathisch wie Property sind auch Netty Miller und ihr Sohn Michael, die das Findelkind ganz selbstverständlich bei sich aufnehmen und das wenige teilen, was sie haben. Bei aller Traurigkeit über den Verlust ihrer Familie, aber auch wieder sehr beruhigend, denn Property fühlt sich sehr geborgen. Nicht jedoch, wenn die Schurken auftauchen, aber da wollen wir ja nicht vorgreifen.... Es ist auf jeden Fall eine Geschichte, die nicht nur für Bücherfans und Leseratten gedacht ist, sondern auch für Fans geheimnisvoller Spannung.

Ilka Teichmüller ist Theaterschauspielerin und Sprecherin für Funk, Fernsehen und Hörbücher. Den Gedanken ein Kind in einem Buchladen zu vergessen fand ich ja sehr traurig, als meine Tochter sich das Hörbuch wünschte, aber als ich las, daß Ilka Teichmüller es einliest, war ich dann einverstanden. In „Das Wolkenschloss“ gefiel sie mir persönlich noch besser, als in dieser Geschichte, doch laufen im Grand Hotel aber natürlich noch viel mehr Menschen herum, als selbst in Mr. Montgomerys Bücherparadies und somit mehr Möglichkeiten seine Wandlungsfähigkeit zu präsentieren. Warm und voll ist ihre Stimme aber auch hier, weswegen meine Tochter stets ein wohlig warmes Gefühl beim Zuhören hatte, auch wenn es gerade sehr spannend war.

Sylvia Bishop studierte an der Universität von Oxford und ist nun als Kabarettistin Teil des Duos „The Peablossom Cabaret“. Ihre Ideen für Geschichten schreibt sie am liebsten bei einer Tasse Tee und schummrigen Licht nieder. Wir wünschen ihr sehr, daß sie sich eine funktionierende Heizung leisten kann, anders als Familie Miller.

Dieses atmosphärisch dichte Hörbuch hat den Nerv meiner Tochter getroffen, die sich nicht mit so lästigen Fragen abgibt wie: warum ist das Jugendamt nicht eingeschaltet worden? Warum kann sie immer noch nicht lesen? Für die Magie dieser Geschichte sind solch pragmatische Fragen wenig förderlich, denn sie lebt von der Fantasie. Wer „Penelop und der funkenrote Zauber“ und ähnliche Hörbücher mag ist hier goldrichtig und wird sicherlich verzaubert werden.

Märchenhafte Spannung ab 8 Jahren, der meine Tochter gerne 5 von 5 Sternen gibt.

Wir bedanken uns ganz herzlich beim Argon Verlag, für dies 2 Stunden und 40 Minuten ungekürzter Hörfreude.

Sonntag, 16. September 2018

Minus Drei und die wilde Lucy (4) – Die blöde Sache mit dem Ei, Ute Krause, cbj Verlag



Minus Drei und die wilde Lucy (4) – Die blöde Sache mit dem Ei, Ute Krause, cbj Verlag

Minus Drei ist bekümmert. Eigentlich war sein Leben doch richtig toll, aber nun wird sich alles ändern. Er hat im Schlafzimmer seiner Eltern ein schlecht verstecktes riesiges Ei entdeckt. Niemand redet mit ihm darüber, aber er weiß genau was das bedeutet: Demnächst sind sie nicht mehr zu Dritt! Wie sollen sie denn Familie Drei sein, wenn sie nicht mehr nur Drei sind? Wozu brauchen seine Eltern denn doch ein Kind, wo sie doch schon ihn und Lucy haben? Dann haben die doch gar nicht mehr genug Zeit für ihn. Wo soll das Baby überhaupt hin? In sein Zimmer ganz bestimmt nicht und seine Spielsachen wird er auch nicht hergeben! Minus wird immer trauriger, wenn er darüber nachdenkt und vor lauter Traurigkeit vergisst er ganz mit Lucy zu spielen. Die kann das Trübsal nicht mehr länger mit ansehen und bei der ersten sich ihr bietenden Gelegenheit, ergreift sie die Initiative.

Dies ist bereits der 4. Band der Reihe um Minus Drei und die wilde Lucy, wobei es bereits 5 Bände rund um Minus 3 gibt. Minus Drei und die wilde Lucy ist die Reihe mit mehr Text und immer noch sehr vielen wundervollen Illustrationen der Autorin. Beide Reihen eignen sich bestens zum Vor- und Selberlesen, wobei die Reihe um Minus Drei (natürlich auch mit seinem „Haustier“ dem Urmädchen Lucy) eben für noch jüngere Selbstleser gedacht ist und auch die Konzentrationsspanne beim Zuhören noch kürzer sein kann. Minus Drei ist ein Dinosaurierjunge, der einzige Sohn der Familie Drei und sie leben alle zusammen in Farnheim, einem kleinen Örtchen von dem eine Übersichtskarte im Inneneinband abgedruckt ist. Viele der Nachbar und Freunde der Familie haben auch Haustiere, wenn auch sonst außer Minus einen Ur-Menschen hat. Herr Fossil liebt seinen Tyrannosaurus Rex T.R. über alles und Frau Meso ihren nicht ganz so gut erzogenen Triceratop Topsi.
Diese Reihe hören meine Töchter immer noch sehr gerne, obwohl sie ab 6 Jahren ist. Sie ist einfach witzig und verbirgt immer heimliche Wahrheiten aus dem Kinderalltag. Da meine älteste Tochter sich aber immer über das Foto des Sprechers Andreas Fröhlich beschwert hat (keine Ahnung, was damit sein soll) und meine Nichte (5) abends eines der Bücher vorgelesen war, sind wir nun auf das Buch umgestiegen, da ich die Illustrationen von Ute Krause auch wirklich immer toll finde. Reaktion: Beide Kinder waren empört, daß es kein Hörbuch war! Dennoch, die Illustrationen fanden sie auch richtig klasse und die werden nun auch immer wieder angeschaut, während man die Hörbücher hört. Als Autorin und Illustratorin der Bücher schafft Ute Krause es auch immer wieder, daß die Illustrationen perfekt zum Text passen. So kann man sich die Abenteuer in Farnheim bestens vorstellen!
Die Geschichte ist wirklich ab 6 Jahren, ohne Alterbegrenzung nach oben und wirklich sehr gut geeignet mit altersgemischten Kindergruppen gelesen zu werden bzw. gehört, was sehr praktisch ist, wenn man mehrere Kinder hat eventuell auch zu Besuch.
Man muß kein großer Dinosaurier-Fan sein, um diese Reihe zu lieben. Es schadet aber auch nicht. Wir haben übrigens nicht mit den Bänden 1 der Reihe begonnen, so daß wir aus Erfahrung sagen können, daß ein Quereinstieg durchaus möglich ist. Man sollte nur wissen, daß Haustier Lucy ein Ur-Mensch ist und mit Minus nicht sprechen, sondern nur gestikulieren kann. Ein Umstand, der für Kinder sehr viel leichter zu akzeptieren ist, als für Erwachsene.
Diesmal geht es um das Thema: große Veränderung, ein Geschwisterchen steht ins Haus! Die Frage: wie sage ich es meinem Kinde, scheinen die Eltern Drei ebenso wenig für sich gelöst zu haben, wie Minus diese nagende Eifersucht. Themen, die für Kinder sehr real sind und auch schon oft angesprochen. In diesem Buch allerdings ausgesprochen witzig und spannend. Denn die wilde Lucy ist in der Umsetzung ihres Planes Minus von den Sorgen um das blöde Ei zu befreien außerordentlich gründlich. Wobei die Sorge seiner Eltern um das Ei, Minus erstmals dazu veranlasst, die Angelegenheit mal aus einer anderen Perspektive zu betrachten: nicht nur, wie fühlt er sich mit der Existenz des Eis, sondern was bedeutet es, und insbesondere sein Verlust, für seine Eltern!
Liebe ist ein Gefühl, das sich vermehrt, wenn man es teilt, das muß letztendlich auch Minus einsehen und mit ihm die jungen Leser oder Zuhörer. Aber bis zu dieser Erkenntnis, hat man schon eine Menge gelacht und mitgefiebert.
Die Schrift ist schön klar und fettgedruckt. Sie ist auch größer und somit auch sehr gut für ältere Vorleser geeignet. Allerdings steht schon recht viel Text auf jeder einzelnen der rund 80 Seiten, so daß ein Selbstleser schon sicher sein sollte und vor allem gerne lesen. Für unsichere und ungeübte Leser, mag es anstrengend und ermüdend zu sein, so viel lesen zu „müssen“ ehe sie umblättern können, diese sollten dann besser zur „Minus-Drei“-Reihe greifen. Aber wer aus dieser schon lesetechnisch herausgewachsen ist, oder gemeinsam mit erfahrenen Lesern liest, der ist hier goldrichtig!
Eigentlich schon das 9. Abenteuer rund um den kleinen Dinosaurier und sein Haustier, die wilde Lucy, aber immer noch ganz ohne Abnutzungserscheinungen. Immer noch witzig und spannend und jederzeit aktuell! Sehr zu empfehlen, nicht nur, wenn man gerade seinem Kind versucht zu erklären, daß ein Geschwisterchen unterwegs ist!
Begeisterte 5 von 5 Sternen.

Wir bedanken uns beglückt beim cbj-Verlag für diese abenteuerlichen Einblicke in das Seelenleben eines Dinosaurierkindes.