Freitag, 31. August 2018

Pasta Mista, 2 Rezepte für die Liebe, Susanne Fülscher, Carlsen Verlag



Pasta Mista, 2 Rezepte für die Liebe, Susanne Fülscher, Carlsen Verlag

Endlich! Liv hatte schon solche Sehnsucht nach ihrem Angelo, nachdem Roberto, der neue Lover ihrer Mutter mit seinen ebenfalls 16 jährigen. Kindern Angelo und Sonia wieder nach Italien zurückgekehrt war. Nun stand endlich ihr Gegenbesuch in der Nähe von Genua an, um weiter zu testen, wie sie denn so als Patchworkfamilie funktionieren. Allerdings fiebert Sonia ganz ihrer Ballet-Meisterklasse entgegen, für die sie schon so lange trainiert hat und Angelo hat einen Ferienjob in der Eisdiele. Daher nimmt Liv kurzentschlossen einen Job als Küchenhilfe in der Trattoria von Robertos Schwester Stella an. Liv liebt es in der Küche herum zu wirbeln und neue, aufregende Gerichte zu kreieren und probieren. Sie kann hier noch so viel lernen und dank Valentina, macht es gleich noch mehr Spaß. Valentina ist so alt wie Liv, aber nach dem Tod ihres kleines Bruders ist ihr Leben aus den Fugen geraten und sie hat die Schule fallen und sich selbst treiben gelassen, leider in die falsche Richtung. Die Tätigkeit in der Küche soll ihr wieder Halt geben. Zum Glück spricht auch sie Deutsch. Eigentlich würde Liv zwischen Wolke 7 und 8 1/2 schweben, würde ihre  bemessene gemeinsame Zeit mit Angelo nicht ständig von der zarten, braungebrannten Chiara unterbrochen. Ständig taucht sie plötzlich auf oder Angelo muß dringend mit ihr Reden, telefonieren, chatten... Obwohl Angelos Küsse keinen Zweifel an seiner Verzauberung für Liv aufkommen lassen, nagt die Eifersucht an ihr.

Jede Menge Liebe, Sonne und Italien-Feeling! Denn natürlich gibt es unglaublich viele herrliche Kochanregungen zu typisch italienischen Rezepten jenseits von Pizza-Magaritha und Spaghetti Bolognese. So verrät Sonia Liv z. B. daß Italiener niemals Parmesan über Gerichte mit Fisch oder Meeresfrüchten streuen würden. Doch Liv liebt den Hartkäse zu sehr, um diese Regel einzuhalten. Und auch sonst muß sie ihre eigenen Wege gehen lernen und neben all der leckeren Küchenrezepte, 2 goldene Regeln für eine stabile Beziehung lernen. Denn auch bei der ersten Liebe gelten Regeln, die immer wieder zu beachten sind, beim ersten Hormonrausch jedoch oft verkannt werden. Meine Jüngste hat der Titel stutzig gemacht und daher fragte sie mich, was er bedeutet. Damals war ich aber noch nicht an der namensgebenden Stelle angelangt, nun kann ich ihr sagen: Es geht tatsächlich nicht um Gerichte, die die Liebe, die durch den Magen geht, fördern soll, sondern um Basics, die eigentlich Grundlage eines jeden Miteinanders sind, aber inmitten von rosaroter Verliebtheit gerne mal vergessen werden. Regeln, die für die Zielgruppe nicht weniger wichtig sind, als für deren Eltern, denn sie sind universell und schon diese 2 Rezepte, können Wunder wirken.

Da ein Buch nur über Liv auf rosaroten Wolken mit Angelo süß, aber doch ein wenig langweilig wäre, passiert der Fettnäpfchen-Queen wieder so einiges. Dabei gefällt mit neben dem Einblick in den Alltag der Trattoria und den Problemen von Valentina im Umgang mit ihrer Trauer sehr gut, Livs Sprachlosigkeit. Valentina, Koch Matteo und Angelo sprechen Deutsch. Doch sobald Angelo und Liv mit Angelos Clique unterwegs sind, versteht Liv nichts mehr. Ihre Unkenntnis der italienischen Sprache machen sie hilflos, sie fühlt sich isoliert und wird richtig unsicher. Unsicherheit ist aber nicht unbedingt ein guter Ratgeber. Dieses Gefühl sollte man jedoch immer im Hinterkopf behalten, wenn man im eigenen Land auf Ausländer trifft, denen geht es meistens nicht unbedingt besser als Liv und je nach Herkunft sind für sie unsere Lebensumstände noch viel befremdlicher als das Leben, das Liv in Italien kennenlernt, und dessen Andersartigkeit sie fasziniert.

Doch all ihre Unsicherheiten sind eigentlich bedeutungslos, neben den Problemen, mit denen Liv dann konfrontiert wird und die gerade auch für Jugendliche echt wichtig und leider viel zu häufig sind.

Sehr schön flüssig geschrieben, trifft Susanne Fülscher auch bei einem locker süßen Grundton, dennoch einen Nerv. Es ist keine reine Zuckerwattegeschichte, sondern auch eine Geschichte, nicht nur über die Schwierigkeiten der ersten Liebe, sondern auch darüber, daß Probleme immer relativ sind. Jeder hat sein Päckchen zu tragen und bei den meisten ist dieses Päckchen relativ harmlos, im Vergleich zu Verlust, Krankheit oder Schicksalsschlägen. Nüchtern betrachtet, sind die meisten Probleme gar nicht so schlimm und lassen uns nur an ihren Herausforderungen wachsen und erwachsen werden.

Über der glücklichen Urlaubszeit mit Sonne, Strand und Meer, hängt aber auch stets die Ungewissheit, wie es denn mit ihrer Patchworkfamilie weitergehen soll? Sind Roberto, Angelo und Sonia wirklich bereit diesen herrlichen Ort und ihre Freunde und Verwandten aufzugeben um in das kühle und völlig überteuerte München, zu ihnen zu ziehen? Könnte Liv sich vorstellen München und ihre Freunde zu verlassen, um in Italien zu leben? Was erwarten sie eigentlich von Roberto und seinen Kindern? Ist das nicht zu viel verlangt.

Ein Liebesroman, der süß, aber nicht seicht ist, da er immer wieder dazu anregt, mal den Blickwinkel zu wechseln und sich in die Haut der anderen zu begeben. Das lässt einiges klarer und nachvollziehbarer werden. Und so kommt es, daß Liv zwar immer noch ungeschickt ist, als sie nach München zurückkehrt, aber doch um einige Erfahrungen und Einsichten reifer, klar, sie kennt ja nun die 2 Rezepte für die glückliche Liebe! Sehr schön, ist, daß auch die erste Liebe hier ernst genommen wird und nicht als pubertierende Spinnerei abgetan wird, so können sich die Leserinnen wirklich ernst genommen fühlen.

Ob wir noch erfahren, wie es mit Liv weitergeht, ist ungewiss. Ich hatte jedoch großen Spaß daran, wieder in ihre Welt eintauchen zu dürfen, auch wenn ihre Münchner Freunde, nur via Whats app anwesend waren, aber auch das entspricht jugendlicher Realität.

Wer Liebes- und Familienromane, Italien und Leckereien liebt (tun wir das nicht fast alle?) ist hier goldrichtig!

Donnerstag, 30. August 2018

Schmetterlinge, die kribbeln, können ganz schön nerven, Leslie Margolis, gelesen von Svenja Pages audiolino Verlag.



Schmetterlinge, die kribbeln, können ganz schön nerven, Leslie Margolis, gelesen von Svenja Pages audiolino Verlag.

Annabelle ist nun schon seit einem halben Jahr an ihrer neuen Schule und fühlt sich richtig wohl. Doch von Routine keine Spur. Der große Wissenschaftswettbewerb der 6. Klassen steht an und zum  Valentinstag ihr erster Middle-School Ball. Als ihr Banknachbar Oliver aus ihrer Biologieklasse fragt, ob sie gemeinsam ein Wissenschaftsprojekt machen wollen, sagt sie glücklich ja und hofft, daß ihre super schlaue Freundin Emma, als dritte das Team komplett macht. Dummerweise geht ihr anderer Banknachbar Tobias davon aus, daß er selbstverständlich mit dabei ist. Ausgerechnet Tobias, der sie noch vor Kurzem so geärgert hat! Mit Oliver macht das Arbeiten richtig Spaß, mit ihm könnte sie sich auch gut vorstellen gemeinsam zum Ball zu gehen. Doch auch wenn er sie auch zu mögen scheint, fragt er sie leider nicht. Da hilft alles Kribbeln in ihrem Bauch nichts.  Denn der Ball ist für Rachel und Claire gerade das einzige wichtige Thema während Yumi nur noch an ihrem Smartphone hängt und Emma Ärger mit ihrem Freund hat, der unbedingt mit seinem Hamster den Wissenschaftswettbewerb gewinnen will!

In dem dritten Band um Annabelle, die von einer reinen Mädchenschule auf eine normale staatliche Schule wechselt, weil ihre Mutter zu ihrem neuen Freund zieht, geht es diesmal weder um Regeln, wie man mit Jungs umgeht, man lernt auch nicht, wie man sich korrekt die Beine rasiert, diesmal geht es um Ehrlichkeit in der Freundschaft und in der Liebe. Es geht darum, möglichst offen und ehrlich miteinander umzugehen, sonst gibt es nämlich jede Menge unliebsamen Kuddelmuddels. Es geht um das Dilemma ist denselben Jungen verliebt zu sein, wie die eigene Freundin. Wie soll man sich da bloß verhalten? Es geht also um Loyalität, Konkurrenz und Fairness. Themen die für das Zusammenleben ohne Mobbing wirklich wichtig sind.

Dieser dritte Band dreht sich diesmal um die ersten Liebesgefühle, weshalb er auch erst ab 10 Jahren empfohlen wird. Meiner 8 Jährigen Tochter war ja schon im letzten Band zu viel Knutschi Knutschi. Dennoch bin ich sicher, daß ihr dieser Band, nächstes Jahr, wenn sie 10 wird auch gefallen wird. Es ist mein Lieblingsband, denn er ist sogleich wunderbar sensibel, als auch richtig süß! Naja, es geht auch um Verrat und Tobias, dessen Sprüche natürlich immer noch oft daneben liegen. Sehr schön kann man anhand von Annabelles neuer Clique sehen, daß jedes Mädchen anders ist und es für keine ein Muss gibt, wenn es um die Liebe geht, viel besser ist es auf sein Bauchgefühl zu hören. Middleschoolgeschichten  sind eher eine Rarität bei uns. Ich hatte keine Ahnung, daß es da auch Schulbälle gibt, bei denen man nicht mit Ballkleidern aufgebretzelt hingeht, sondern einfach chic gemacht, mit der Lieblingshose und edlem Top.

Svenja Pages vermag auch in diesem Band als Sprecherin wirklich zu überzeugen. Auch wenn die männlichen Stimmen nicht ihre Stärke sind, schafft sie es dennoch sogar die Entwicklung vom nervigen Tobias stimmlich zu vermitteln. Sie trifft die Nuancen der schwankenden Stimmungen sehr gut, so daß man schon alleine am Klang ihrer Stimme nachfühlen kann, wie es gerade um Annabelle und Co. Steht. Die Mütter unter den Zuhörerinnen, werden die gelernte Schauspielerin (Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt a. M.) sicher noch aus „Diese Drombuschs“ einer Familienserie, die in den 80ern wirklich jeder gesehen hat.

Leslie Margolis hat Soziologie studiert und für UNICEF als Herausgeberin gearbeitet. Sie lebt mit Mann und Hund in Brooklyn und widmet sich inzwischen ganz dem Schreiben.
Mit der Annabelle Triologie ist ihr eine wirklich tolle Reihe gelungen, die Mädchen wunderbar einfühlsam durch den Beginn der Pubertät begleitet und dabei auch Themen anspricht, die in Büchern nicht so gängig sind. Dabei empfinde ich Annabelle als ausgesprochen angenehm und unzickig, ohne aber zu perfekt zu sein. Sie ist ein normales Mädchen, das bisweilen unsicher ist, aber stets bemüht einen guten Weg zu finden, fair und ohne anderen zu schaden. Dabei ist aber dennoch immer was los, so das die Geschichten zwar mitten aus dem Leben gegriffen sind, aber ohne alltäglich zu sein, sondern immer noch etwas Besonderes bleiben. Zwischendurch hatte ich beim Hören so meine Zweifel, weil ich dachte, Annabelle ist ja erst 12 Jahre alt, da muß sich doch noch nicht alles um Jungs drehen. Aber das tut es ja auch nicht. Wenn aber ein Mädchen in den Alter Schmetterlinge im Bauch hat, erhält sie eine schöne Richtschnur an die Hand, dafür was normal ist, ohne Druck und das Gefühl zu haben, sie müsse bereits über das Händchen halten hinaus gehen. So gut, können Mütter einem nie den vermeintlichen Druck zu nehmen.

Von mir das Prädikat besonders hörenswert und pädagogisch wertvoll!

Ich bedanke mich ganz herzlich beim audiolino Verlag für dieses wunderbare Hörbuch.