Sonntag, 7. Mai 2017

Urlaubstraum(a) Deutschland: Wellen, Berge, Bauernhof… warum es zu Hause doch am schrägsten ist, Heike Abidi, Anja Koeseling (Hersg), Edel Books



Urlaubstraum(a) Deutschland: Wellen, Berge, Bauernhof… warum es zu Hause doch am schrägsten ist, Heike Abidi, Anja Koeseling (Hrsg), Edel Books
Urlaub in Deutschland ist langweilig und da können es gesammelte Geschichten über derartige Urlaubserlebnisse auch nur werden? Von wegen!
Diese Anthologie gliedert sich in 5 Kapitel zu 5 Themenschwerpunkten: 1. Ferien im, auf und am Wasser, 2. Campingurlaub, 3. Aktivurlaub, 4. Erlebnis- und Genießertouren und 5. Urlaub in der Stadt.
Die unter diesen Nennern zusammengetragenen Geschichten sind teilweise so schräg und auch so treffend, daß es zwar im Anhang die Autorenbiografien zu den 24 skurrilen, lustigen und echt wahren Urlaubserlebnissen gibt, die meisten Autoren jedoch eine Zuordnung zu ihren Erlebnissen vermeiden wollten. Das ist sehr verständlich, aber auch ein bißchen schade, wenn einem ein Schreibstil besonders gut gefiel und man von derjenigen/demjenigen der dies erzählte gerne mehr lesen würde.
Einige meiner Lieblingsgeschichten sind zu Glück nicht davon betroffen. So habe ich bei Heike Abidis: „Weinprobe erfolgreich, Tränen gelacht“ über eine Weinprobe im pfälzischen Nachbardorf Tränen gelacht! Das war so skurril und doch so aus dem Leben gegriffen, herrlich komisch geschrieben und doch so wahr!
Aber auch „Das Monster von Loch Bodensee“ von Julia Reibel zeigt wie Erwartungen auf den Kopf gestellt werden können, durch geschicktes elterliches Marketing aus einem erwarteten Urlaub am Bodensee voller Langeweile, ein Abenteuer der Extraklasse mit jede Menge Followern wird.
Und ja, ich gestehe, ich bin kein Fan von Camping und über die Einführung in dieses Kapitel „Der Mensch gibt das meiste Geld dafür aus, dass er es im Alltag schön bequem hat: Er kauf ein schickes Auto, ein gemütliches Bett, jede Menge arbeitserleichternde Gerätschaften…. Aber einmal im Jahr verhält er sich vollkommen absurd: Da gibt er seine sauer verdienten Ersparnisse dafür aus, es zwei Wochen lang so unkomfortabel wie möglich zu haben. Beim Campingurlaub. Versuchen Sie das einmal einem Außerirdischen zu erklären!“ ließ mich schon grinsen. Ja, ich mag im Urlaub mein eigenes Bad und Duschmarken und lästige Wege zu den Sanitäreinrichtungen sind nicht so meins, aber mit „Trompi der Dauercamper“ hat Anne Schmuhl mich doch ein wenig nachdenklich gestimmt (dabei ist die Geschichte durchaus amüsant), ob Camping wirklich so entsetzlich ist, oder ob diese eingeschworene Gemeinschaft nicht doch ein guter Grund ist, um auf ein wenig sanitären Komfort zu verzichten.
So unterschiedlich die Geschichten sind, so unterschiedlich sind auch die Autoren und ihre Biografien. Anne Schmuhl Jahrgang 1976 ist studierte Modedesignerin und lebt auch sonst von der Mode und Musikbranche, indem sie zahlreiche bekannte Bands einkleidet und auch z.T. auf ihren Touren begleitet. Das wird zwar zu Beginn der Geschichte angedeutet, ihr Schreibtalent wird dadurch aber nicht nachhaltig beieinflusst.
Nicht alle Geschichten sind lustig. Einige sind eher nachdenklich oder einfach schön! „Stadtmaus, Landei, Liebe!“ ist zum Beispiel Seelenbalsam, der meiner Seele sicherlich besser tut, als ein mehrwöchiges Meditationsseminar wie in „Urlaub von mir selbst“. Ein erfolgreicher, gestresstes Singlemann geht mit einem alten Grundschulkumpel auf ein Schweige-Meditationsseminar und findet zu sich selbst. Das war mir echt zu krass, aber ich verspüre ja im Gegensatz zu ihm auch kein Bedürfnis nach Drogen sobald ich in Berlin ankomme, sondern bin gefestigt genug, um Apfelschorle zu trinken ;) Ja, es gibt auch Geschichten, die einen in den bisherigen Abneigungen bestätigt, während andere einen doch ins Grübeln bringen: In „Jakobsweg trifft Kehrwoch‘ (Pilgern nicht nur)“ in der eine junge Volontärin eine Pilgergruppe auf dem schwäbischen Jakobsweg begleitet und obwohl sie den Altersschnitt deutlich senkt, nicht nur einen interessanten Artikel mit nach Hause nimmt, schafft es Petra Plaum meine Abneigung gegen Wanderurlaube oder Pilgerungen zumindest in Frage zu stellen und den Reiz nachzuvollziehen.
Einige Geschichten sind großartig, andere wirklich nachhaltig, wenige nicht so meine Welt, aber nie habe ich mich gelangweilt! Ich wurde bestens unterhalten und auch wenn ich vorhatte das Buch über Wochen verteilt zwischen mehrere Bücher (um langsam den Kopf nach besonders packender Lektüre wieder frei zu bekommen) und auf mehrere Schwimmbadcafé-sitzen und Kinder bestauen-Tage zu verteilen, konnte ich irgendwie nicht aufhören. Die Geschichten waren einfach zu unterschiedlich, als daß sich Abnutzungserscheinungen einschleichen konnten. Gerade für Menschen, die viel warten müssen oder eher wenig lesen, weil sie nie Zeit dafür haben, ist diese Sammlung mit 24 Kurzgeschichten um und über Urlaub in Deutschland die optimale Urlaubslektüre, sie macht wirklich Spaß und gute Laune.
Ich empfehle sie gerne mit 4 von 5 Sternen weiter und bin gespannt, welchem Thema sich die Herausgeberinnern sich nach Schwiegermüttern, Horror am Arbeitsplatz und Wartezimmererlebnissen sich in ihrer nächsten Anthologie nähern werden. Es war sicher nicht meine letzten von Heike Abidi und Anja Koesling.

Stinktier & Co.: Stunk in der Geisterbahn, Rüdiger Bertram, Thorsten Saleina, cbj


Stinktier & Co.: Stunk in der Geisterbahn, Rüdiger Bertram, Thorsten Saleina, cbj
Dies ist der 2. Band der Serie um Zora, die an ihrem 10. Geburtstag ein freches Stinktier namens Dieter auf ihrer Bettdecke müffelnd und hungrig vorfindet. Ihr Vater offenbart ihr, daß sie wie seine Mutter, er und Schwester Nora unsichtbare Tiere als Begleiter haben, die nur diejenigen Menschen sehen können, die selbst über einen solchen Begleiter verfügen, also nicht Zoras Mutter und nicht ihre beste noch 9 jährige Freundin Kati, denn die unsichtbaren Begleiter offenbaren sich erst zum 10. Geburtstag! Dummerweise kann man sich max. 5 Meter von seinem Begleiter entfernen und Zora ist ganz schön stinkig so ein uncooles Tier als Begleiter erhalten zu haben. Nur ihren Klassenkameraden Leon mit Ratte Jasper und die schweigsame Anna mit Faultier Paula scheint es noch härter getroffen zu haben. Zu Katis Erstaunen freundet sich Zora mit dem Streber und der Schweigerin an.
In Band 2 ist plötzlich Noras Zebra Matilde verschwunden und Nora kommt vor Kummer nicht mehr aus dem Bett. Die Mutter, die immer noch keine Ahnung von den unsichtbaren Begleitern in ihrem Haus hat, versteht die Welt nicht mehr! Die arrogante Klassenzicke Jessica kommt plötzlich von ihrem hohen Ross runter, als ihr Einhorn Wattebällchen plötzlich verschwunden ist.
Zora überredet Kati, Leon und Anna ihr zu helfen, die verschwundenen Begleiter zu finden, denn die Vorstellung, daß Dieter ihr mit seiner frechen Klappe nicht mehr ständig auf den Geist geht, verursacht ihr ein flaues Gefühl in der Magengegend….
Band 1 lieben meine Kinder so sehr, daß sich die Große von ihrem Kommunionsgutschein das Hörbuch kaufte! Die Erwartungen an Band 2 waren also sehr hoch! Obwohl ich zwei Dinge unlogisch fand (wieso wird der super schlaue Leon, der sicher keine Klasse wiederholt hat, schon 11, wenn Kati immer noch 9 Jahre alt ist und in die gleiche Klasse geht?) und wenn das Band zu den unsichtbaren Begleitern einmal durchtrennt ist, wieso stirbt der Mensch dann nicht, wenn er auch sonst krank wird, wenn der Begleiter krank wird, wie bei Annas Vater? Mich haben diese zwei Punkte doch sehr beschäftigt, meine Kinder haben darüber keine Sekunde nachgedacht, ich habe sie aber ausnahmsweise auch nicht angesprochen, um ihnen den Spaß nicht zu verderben. Denn den hatten sie diesmal ganz eindeutig wieder. Dieter und seine Sprüche und Pannen sind wieder so witzig! Ebenso Dieters Gerangel mit Ratte Jasper und diese Wortgefechte zwischen diesen verwandten Tierseelen haben manchen Kicheranfall ausgelöst. Die Situationskomik dadurch, daß einige Menschen die unsichtbaren Begleiter nicht sehen können, darf auch nicht unterschlagen werden.
Doch diesmal wird es auch ein bißchen romantisch, was zu noch mehr Gekicher und zu „die sind verknallt!“-Ausrufen führte. Ja, aber alles altersgerecht ab 8 Jahren, keine Sorge, es ist alles im grünen Bereich!
Diese Suche nach den verschwundenen Begleitern dauert etwas, bis sich die Kinder an diese herantrauen, aber auch bis dahin geschieht schon so einiges. Dieser Band ist eindeutig spannender als Band 1, denn wie es schon der Titel verrät, kommt es zum Showdown in der Geisterbahn und das ist ganz schön spannend und auch ein bißchen gruselig.
Sehr gut hat uns die Freundschaft zwischen den Kindern wieder gefallen, denn die ist ja viel wichtiger als die Frage, wer ist der coolste, hippste, angesagteste? Auf die inneren Werte (und Düfte!) kommt es an! Schön auch, daß die Kinder nach den Begleitern suchen, obwohl sie weder Zebra Matilde, noch das eitle Einhorn mögen, aber das Solidaritätsgefühl, auch mit ihren uncoolen Begleitern, ist doch sehr ausgeprägt.
Sehr schön ist auch, daß Zora mit ihren 10 Jahren, ebenso wie Kati, kein Handy hat, auch wenn sie sich so sehr eines wünscht. Das tröstet meine 4 handylosen Testkinder, es gibt auch Probleme im Leben, die ohne Handy gelöst werden können ;)
Auch wenn Thorsten Saleina nicht der übliche Illustrator von Rüdiger Bertrams Büchern ist, finden wir seine Illustrationen super! Sie sind witzig und bringen es auf den Punkt! Wir könnten noch mehr von seinen herrlichen Illustrationen vertragen, aber die Anzahl ist durchaus angemessen, für die Altersklasse ab 8 Jahren.
Rüdiger Bertram, Jahrgang 1967 lebt mit Frau und Kindern, sowie einem weißen unsichtbaren Kaninchen in Köln und hat bereits zahlreiche Dreh- und Kinderbücher geschrieben, bei denen seine Mitbewohner seine ersten Testleser waren. Meist werden seine Bücher von Heribert Schulmeyer illustriert, mit dem er sich bestens versteht. Ihren verbalen Schlagabtausch im Stile von Waldorff und Stattler von der Muppet Show, kann man auf Facebook nachlesen. Aber, wir finden Thorsten Saleina hat die Aufgabe so toll gemacht, wir können uns Dieter und Co. gar nicht anders vorstellen! Sie müssen einfach so aussehen!
Eine wirklich tolle Kinderbuchreihe für Jungs und Mädchen ab der 3. Klasse zum selberlesen, mit noch recht großer Serifenschrift, illustriert und altersentsprechender Kapitellänge (d.h. auch der vorlesenden Mutter wird der Mund nicht fusselig, sollten Kinder bereits früher Dieters Abenteuer kennenlernen wollen).
Johanna, Florian (4. Klasse) Franziska und Sebastian (2. Klasse) finden die Reihe klasse (die Mütter dazu auch!) und freuen sich schon total, daß im Herbst schon der 3. Band erscheinen wird.