Montag, 4. März 2024

Fräulein Liebe und das Glück der Bücher, Susanne Esser, Knaur Verlag

 

Fräulein Liebe und das Glück der Bücher, Susanne Esser, Knaur Verlag

 

Berlin 1944: Die junge Eva Liebe lebt trotz des seit Jahren tobenden Krieges ein glückliches Leben, da die Berliner Außenbezirke bisher von Bombeneinschlägen weitgehend verschont blieben. In einem Anflug jugendlichen Unsterblichkeitshybris meldet sich ihr Verlobter Alfred freiwillig für den Einsatz im Volkssturm an der Front. Kurz darauf fällt eine Bombe auf das Wohnhaus ihrer Eltern, während sie auf dem Weg vom Bäcker nach Hause ist. Als auch noch Alfred kurz darauf fällt, ist sie minderjährig und alleine. Sie macht sich auf den langen und gefährlichen Weg ins Rheinland, wo in Andernach ihre einzigen ihr bekannten Verwandten die Rheinbuchhandlung betreiben. Doch auch dort wird sie nicht mit offenen Armen empfangen. Ihr Onkel ist schon seit einiger Zeit verschollen und ihre Tante Maria schlägt sich mit den kleinen Töchtern Inge und Gisela beschwerlich durch. Sie rechnet jedoch nicht mit Evas Entschlossenheit dazuzugehören. Schnell arbeitet sie sich ein, nimmt Maria Arbeiten ab und beginnt sogar zu lesen. Als sie den beiden gleichaltrigen Verkäuferinnen im Gemischtwarenladen die Meinung sagt, weil sie über Margot ihrer Mutter wegen herziehen, gewinnt sie nicht nur eine Freundin, sondern auch den Respekt ihrer Tante. Denn diese leitet einen streng geheimen Lesekreis, in dem nicht nur über verbotene Literatur gesprochen wird, sondern an dem auch ein untergetauchtes jüdisches Paar teilnimmt. Doch auch Evas Herz beginnt langsam wieder Salti zu schlagen...

 

Die letzten Tage des Krieges, der im Rheinland fast 2 Monate früher endete als in Berlin sind selten Thema in Büchern, noch seltener die Reglementierungen des Buchhandels im 3. Reich. Ja, die Bücherverbrennung und dass es nicht nur entartete Kunst, sondern auch verbotene Bücher gab ist bekannt, aber wer bitte weiß denn schon, dass die Liste aller auf dem Index stehenden Werke und Autoren nicht öffentlich zugänglich waren, noch nicht einmal für die Buchhändler? Dass diese nicht einfach Waren bestellen konnten, sondern Lieferungen zugeteilt bekamen? Dies und andere Details fand ich als Buchliebhaberin unglaublich interessant. Allerdings ist da ja nur die Rahmenhandlung und der der Schwerpunkt, der auf der erstaunlichen Entwicklung des ursprünglich so behüteten und scheinbar so hilflosen Fräulein Liebes zu einer selbstbewussten und selbstständigen jungen Frau liegt. Diese hat mittlerweile begriffen, wie kurz und wertvoll das Leben ist, zu kurz für Halbherzigkeiten.

 

Susanne Esser beschreibt anschaulich die Schwierigkeiten in den alltäglichsten Dingen, mit denen die Bevölkerung in den letzten Tagen des Krieges klar kommen musste. Nicht nur die Lebensmittel wurden rationiert und nur altbackenes Brot wurde verkauft, es herrschte auch ein allgemeines Misstrauen, da es unter den Nazis keine Meinungsfreiheit gab. Ein falschen Wort gegenüber den falschen Ohren, konnte den sicheren Tod bedeuten. Trotz der Widrigkeiten ist aber auch immer Zeit für Hoffnung, durch Menschlichkeit, Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft. Das menschliche Herz gibt auch nicht so leicht auf und so ist es auch kein Wunder, dass Eva, als sie völlig entkräftet in Andernach strandet, eine Schwäche für den Mann entwickelt der ihr als erstes die Hand reicht. Auch wenn sie so völlig verdreckt und zerlumpt eigentlich gar nicht als junges Mädchen zu erkennen ist, reicht ihr der kriegsversehrte Georg aus Freundlichkeit ein Stück Brot...

 

Neben dem diskreten Widerstand gegen ein Regime, dass die Gedanken reglementieren will und die Kunst einengt, haben mir besonders gut die zwischenmenschlichen Beziehungen in Zeiten des Misstrauens, aber auch die Einblicke in die Geschichte meiner Heimat fasziniert. Wie schnell man damals Brücken bauen konnte?! (nein, das war damals so, unabhängig von den Nazis, denn auch direkt nach dem Krieg ging es viel schneller als heute!). Ganz besonders gut, gefällt mir aber auch die Darstellung der rheinischen Lebensfreude, die das Beste aus dem macht, was gerade da ist. Selbst in den letzten Kriegstagen wurde Rosenmontag gefeiert, als Zeichen der Hoffnung und zum Trotz gegen die Trostlosigkeit. Emotional und interessant. Ich freue mich auf die Fortsetzung!

 

Ich bedanke mich ganz herzlich bei der Autorin und dem Knaur Verlag für mein Rezensionsexemplar!

 

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Samstag, 2. März 2024

Safari durch die wilde Stadt, Thomas Docherty, dtv Verlag

 

Safari durch die wilde Stadt, Thomas Docherty, dtv Verlag

 

Auch wenn Joe noch klein ist, liebt er Tiere, die Wildnis und das Abenteuer! Doch wächst er mitten in der Stadt in einem Mehrfamilienhaus auf, wie soll er da jemals Abenteuer in der Wildnis erleben?  Vor dem Einschlafen vertieft er sich noch in sein Tierbuch und schaut dann aus dem offenen Fenster nach draußen. Der Wind weht ein Blatt, Samen und ganz viel Wildnis herein! Staunend sieht Joe sich um, tatsächlich kann auch er nun jede Menge aufregende Wildnis draußen unter Hecken, in den Gehwegsritzen, in den Bäumen und überall in der Stadt entdecken. Je genauer er hinsieht, desto wilder wird es!

 

Abenteuer erleben nicht nur die Anderen, man muss nur mit offenen Augen durch die Welt gehen und mit Fantasie wird alles möglich, auch für kleine Jungs! Ja, auch in der Stadt gibt es Tiere, wenn man genau hinsieht und -hört. Ganze Ameisenstraßen schlängelt sich über den Gehweg, Igel huschen durchs Gebüsch und die Elster lauert schon im Baum. Nicht spannend genug? Dann schau Dir mal die Graffitis an oder die Autos! Sieht dieser Bulli nicht aus wie ein Nilpferd oder die dunkelgrüne Bank wie ein Krokodil?  Weil alles möglich ist und eine Bank zum Alligator wird, gefällt es mir besonders gut, dass hier kein weißes Kind im Mittelpunkt steht, denn jeder kann ein Held sein und Abenteuer erleben, wenn man nur genügend Fantasie hat und neugierig ist. Abenteuer sind für alles da, groß und klein, hell und dunkel, arm und reich!

 

Dieses Bilderbuch von Thomas Docherty ist absolut bild- und farbgewaltig. Es ist ein Rausch an Farben, und verschwimmenden, sich wandelnden Formen. Der Fantasie ist keine Grenze gesetzt!

 

Empfohlen wird dieses Bilderbuch ab 4 Jahren, wobei der Textanteil so gering und einfach ist, dass es sogar 2 Jährige verstehen, aber vielleicht verstehen sie noch nicht die Idee dahinter, das Verschwimmen von Traum und Wirklichkeit, Wunsch und Fantasie. Es ist sehr gut geeignet, dass auch Geschwister ab der 1. Klasse es ihren kleinen Geschwistern vorlesen können.

 

Ein bildgewaltiges und fantasievolles Bilderbuch ab 4 Jahren!

 

Ich bedanke mich ganz herzlich beim dtv Verlag für mein Rezensionsexemplar!

 

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