Freitag, 10. Februar 2017

Rußatem, von Hubert Wiest, Lomoco Verlag



Rußatem, von Hubert Wiest, Lomoco Verlag
2048 Die Luftverschmutzung ist so groß, daß die Menschheit nur unter der großen klimatisierten und mit Luftfilteranlagen betriebenen Kuppeln in Jaikong leben können. Außerhalb der Kuppel ist die Welt so dreckig, daß es einem die Atemwege verklebt. Je weiter man sich von der Luftfilterkuppel entfernt, desto rußiger wird die Luft. Das Problem ist: nicht alle Menschen finden Platz unter der Kuppel. Für 90 Mio. Menschen reicht die Luft unter der Kuppel nicht, daher müssen mindesten 30 Mio. Menschen draußen in den 5 Industrieringen leben. Mit jedem Industriering sinkt die Lebenserwartung um weitere 5 Jahre. Im 5. Industriering beträgt sie nur 10 Jahre ab der Deportierung in diesen. Denn Kinder dürfen alle in Jaikong unter dessen strahlend hellgrauen Himmel aufwachsen. Alle haben angeblich die gleichen Chancen, aber nach dem Schulabschluß dürfen nur die Besten bleiben. Die „Versager“ werden in die Industrieringe deportiert. Die Höchststrafe ist der 5. Industriering, in dem man für eine lausige Unterkunft und schimmeliges Brot Luftfilter reinigt. Aber irgendwie bedeutet der 5. Industriering auch Freiheit, denn schlimmer kann es eigentlich nicht mehr werden?
Doch als die 3 Freunde seit Kindheitstagen, Kalana, Quinn und Eno ihren Schulabschluss feiern, gehen sie davon aus, daß sie weiterhin wie Musketiere zusammenbleiben können. Kalana als Schauspielschülerin, Quinn als Vincoonstar und Eno als erfolgreicher Wissenschaftler. Doch es kommt ganz anders, Kalana wird in den 3 Industriering versetzt und Quinn darf nur auf Probe in Jaikong bleiben. Doch lassen sich so ungerechte Zustände auf Dauer aufrecht erhalten?
Tja, ich mußte schon bei dem Cover an die Bilder aus Peking denken. Bei den Olympischen Spielen wurden die Fabriken still gelegt, um die Luftqualität zu verbessern und dennoch war nichts als schwefelgelber Nebel zu sehen und kein Mensch ohne Atemschutz auf der Straße. Diese Bilder haben auch den Autor inspiriert, daher wohl auch der asiatisch klingende Name der Metropole. Auch an die sozialistischen Staaten erinnert mich die Propaganda von Präsidentin Paal, deren Großvater als Visionär die Kuppel hat errichten lassen (auch seine Uniform erinnert an Mao). Tja, diese Regime konnten jedoch nicht ewig so weitermachen. Die Leidensfähigkeit der Massen ist doch begrenzt, wenn man erst mal hinter die Propaganda schaut. Denn irgendwann beginnen Kalana, Quinn und Eno ihre Umwelt zu hinterfragen. Als erstes Eno, der bei seinen Forschungen auf Ungereimtheiten bei den Luftwerten in den Industrieringen stößt. Als Kalana in den 5. deportiert wird öffnet ihr eine Vertrauensperson die Augen, obwohl sie sie gerne weiter verschlossen hielte und bei Quinn ist es wohl die uneingestandene Liebe zu Kalana und sein schlechtes Gewissen. Diese Entwicklungen mit einer Prise 3. Musketiere und Romeo und Julia sind sehr spannend. Die Atmosphäre ist unheimlich dicht (mindestens so dicht wie der Rußnebel in den Industrieringen) und dennoch wird sie immer wieder aufgelockert, z.B. durch die Beschreibung der idyllischen „Natur“ in Jaikong, aus saftigen Kunstrasenteppichen. Doch stimmt es auch nachdenklich, daß es schon 2048 keine Bäume mehr geben soll. Wir können nun nicht die Welt komplett ändern, aber mal öfters auf Fahrrad oder öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen, wenn es zu Fuß zu weit ist, kann jeder.
Ich bin sehr froh der derzeit hellgrauen Himmel als unangenehm zu empfinden, nachdem wir doch diese Woche schon Sonnenschein mit himmelblau genießen können. Nach diesem bedrückenden Zukunftsszenario genieße ich den sich ankündigenden Frühling umso mehr.
Die Beschreibung der Charaktere und die Spannung die sie erzeugen, fand ich super. Weniger super fand ich die Beschreibung der Vincoon-Partien, von denen man einige für meinen Geschmack deutlich hätte kürzen können (meine Harry Potter sind zuletzt rund 200 Seiten kürzer gewesen, weil ich die Quidditch-Spiele ausgelassen habe, aber viele finden sie ja spannend, ich bin nur kein Sportgucker, wenn schon selbst machen). Neben den Vincoon-Spielen störten mich einige Ungereimtheiten. Wenn es man in den Industrieringen kein Einkommen gibt, wie finanziert sich dann der Schwarzmarkt? Die Kapitel sind teilweise aus der Ich-Perspektive von Kalana oder in der dritten Person geschrieben worden, was mir aber nicht sofort auffiel, weil der Perspektivwechsel sich nicht aufdrängte. Allerdings sind mir die Nebenfiguren Eno, Kalana’s immer optimistische und aus sicher heraus strahlende Freundin Gloria, sowie die besonnene Schauspiellehrerin Frau Alenkova mehr ans Herz gewachsen als Kalana und Quinn. Dennoch gefiel mir das leicht romantische Ende gut, leicht romantisch da es nicht in erster Linie ein Liebesroman ist.
Der Autor lebt mit seiner Familie in Australien und veröffentlicht von dort aus seine Kinder und Jugendbücher, die ist sehr empfehlen kann, im Eigenverlag Lomoco. Diese sind stets sehr einfallsreich und ungewöhnlich und im Falle von Dennis und Guntram und Monstärker auch mit vielen für mich unvorhersehbaren und dennoch völlig schlüssigen Wendungen.
Da ich das Buch jedoch super spannend und mitreißend fand, gebe ich diesem Buch dennoch 4 von 5 Sternen und wie gesagt, Quidditch hat viele Fans, Vincoon wird es sicher auch bekommen. Nur so unter, es war bislang das spannendste Buch dieses Jahr und ich habe schon Thriller und Krimis dieses Jahr gelesen.
Ich bedanke mich ganz herzlich, daß ich an dieser Vorableserunde teilnehmen durfte!

Die kleine Schleife – Mädchen sind doof!, Svenja Hirsch, Katharina Kühl



Die kleine Schleife – Mädchen sind doof!, Svenja Hirsch, Katharina Kühl
Dies ist ein weiteres Geschenkbüchlein zum Verschicken oder Verschenken aus dem bewegten Leben der kleinen Schleife. Der kleine Piet wird in der Schule von den großen Jungs und der wilden Melly geärgert. Sie nehmen ihm seinen neuen Fußball weg. Da steht für ihn fest: Mädchen sind doof!
Aber Papa Kirschsiegel weiß Rat! Dank einer einfallsreichen Geschichte und der Geschenkschleife um seinen alten Fußball, erhält Piet sein Geburtstagsgeschenk zurück und hat seither eine neue Freundin, mit der er die Pausen verbringt und das Butterbrot teilt. Bis Melly ihm das Herz bricht.
Natürlich geht die Geschichte gut aus, aber alles möchte ich ja nicht verraten.
Es ist ein sehr liebevoll aufgemachtes kleines Büchlein, mit Mehrfarbdruck und stabilen hochwertigen Seiten. Man kann es zum Verschicken in einen kleinen Standardumschlag stecken mittels des beiliegenden Schleifensiegelklebers verschließen und das vorgedruckte Adressfeld ausfüllen, ausreichend frankieren und ab geht die Post.
Die kleine aber feine Geschichte ist sehr liebevoll erzählt und schön formuliert. Allerdings, und dafür ziehe ich einen Stern ab, habe ich so meine Zweifel, daß Männer oder Jungs sich von dem Cover angesprochen fühlen. Die Illustrationen in dem kleinen Büchlein sind sehr ansprechend. Von der Geschichte her ist sie auch passend für Mädchen. Doch wer greift schon bei Liebeskummer einer Freundin zu einem Büchlein mit dem Titel: Mädchen sind doof! Es lohnt sich dennoch, man muß nur erst seine Anfangshemmung überwinden. Eine schöne Art zu trösten und setzt sich garantiert im Gedächtnis und nicht auf den Hüften fest.
Eine schöne Aufmunterung bei Liebeskummer und kommt beim Betroffenen sicher besser an als weise Sprüche wie: Andere Mütter habe auch hübsche Töchter!
Aus der Reihe sind bereits kleine Geschenkbüchlein zum Thema „Wie teile ich die Schwangerschaft mit“ und „Weihnachten“ erschienen. Ich hoffe, diese Reihe wird weiter fortgesetzt, sie ist wirklich etwas Besonderes!