Freitag, 27. März 2020

Hilfe, ein Spiegelbill, Heike Abidi, Illustrationen Meinhard Berger, Hummelburg Verlag



Hilfe, ein Spiegelbill, Heike Abidi, Illustrationen Meinhard Berger, Hummelburg Verlag

Silas ist ein zehnjähriger zurückhaltender Junge. Seine Eltern sind beide Ärzte und haben sich entschlossen in diesen Sommerferien 6 Wochen für Ärzte ohne Grenzen zu arbeiten. In dieser Zeit soll er zu seiner Oma Heidi ans andere Ende der Stadt ziehen. Diese betreibt dort das urgemütliche „Café Spiegel“ dessen Wände jede Menge Spiegel zieren und wo es die besten Kuchen, Pfannkuchen und Waffeln gibt. Doch zu seinem Entsetzen muss er feststellen, dass Oma ihn für 6 Wochen Kinderferienbetreuung angemeldet hat, ganz alleine! Das macht ihm etwas Angst und er vermisst auch sehr seinen besten Freund Rocco, der mit seinen Eltern verreist ist. Der erste Tag verläuft auch ziemlich mäßig und die Aussicht auf den Nächsten macht ihn schon ein bißchen nervös. Da fällt sein Blick in den Spiegel und er stutzt! Sein Spiegelbild macht sich selbstständig! So lernt Silas seinen Spiegelbill Salis, seinen Begleiter in allen Lebenslagen kennen. Der findet Silas Leben viel zu öde und so beschließen sie für einen Tag zu tauschen. Silas zieht in die Spiegel-Kommandozetrale und beobachtet Salis an seiner Stelle im Feriencamp. Was er dort sieht, lässt ihn staunen!

Schüchterne Kinder haben es oft schwer und wünschen sich oftmals mutiger zu sein, einen Beschützer zu haben oder ähnliches. Hier hat Silas einen Tag lang die Möglichkeit Zuschauer in seinem eigenen Leben zu sein. Spannend oder beängstigend, das kann man so oder so sehen. Silas beneidet sein anderes Ich um seine Kühnheit, gleichzeitig fürchtet er aber auch die Konsequenzen, denn das Bild, das die anderen nun von ihm bekommen, ist ja ein ganz anderes als bisher! Muss er den neuen Erwartungen nun gerecht werden? Eine wirklich aufregende Frage, die hier mit viel Einfühlungsvermögen und Humor weitererzählt wird. Für uns war es wirklich originell, eine noch nie dagewesene Geschichte und das kommt ja gar nicht mehr oft vor, dass man so etwas entdeckt. Dabei ermutigt Salis Kinder mehr zu wagen und mehr auszuprobieren, um sich selbst und ihre Grenzen besser kennenzulernen, ohne sich dabei zu verbiegen. Dies erfolgt stets sehr behutsam, ohne dass sich über den vorsichtigen, schüchternen Silas lustig gemacht wird. Man muss ihn einfach gerne haben! Außerdem überrascht diese Geschichte immer wieder, auch wenn man als Mutter letztendlich zugeben muss, dass es anders ja eigentlich gar nicht sein kann... für Kinder ist es aber einfach nur verblüffend. Sehr gut gefiel uns, dann man immer mitten in Silas Gedanken zu stecken scheint und alles mit ihm zu teilen scheint, die Freude, die Verunsicherung und die Spannung. Die Erzählweise ist leicht und mitnehmend, da fliegt man als geübter Leser geradezu durch die Geschichte, weniger geübte Leser finden es aber wenigstens nicht so anstrengend und freuen sich auf den Fortgang der Geschichte, die noch dazu von fröhlichen Illustrationen von Meinhard Berger aufgelockert wird. Die Schrift ist angenehm, ebenso wie die Zeilenabstände. Es ist schon ein „richtiges“ Buch für junge Leser und kein Leseanfängerbuch mehr, aber nimmt dennoch Rücksicht auf die Bedürnisse der Zielgruppe ab 8 Jahren. Die Kapitel werden jedesmal mit Überschriften eingeleitet, die neugierig machen, auf das, was da kommen mag und haben einen angemessenen Umfang.

Wie Salis mag Autorin Heike Abidi gerne Abwechslung und Herausforderungen, weshalb sie auch gerne zwischen den Genres wechselt und sowohl für Kinder und Jugendliche, als auch Sachbücher, oder Frauenromane (gerne auch unter dem Pseudoym Anna Paulson) schreibt.

Wir bedanken uns ganz herzlich bei Heike Abidi, dem Hummelburg Verlag und Lovelybooks für die wunderschöne Leserunde.

Mittwoch, 25. März 2020

Das Rätsel des Pferdeamuletts, Karin Müller, Schneiderbuch Egmont



Das Rätsel des Pferdeamuletts, Karin Müller, Schneiderbuch Egmont

Godje hat ganz früh ihre Eltern bei einem Unfall verloren. Seither lebt sie bei ihrer Oma Magarete, die sie liebevoll Nana nennt, ihrer einzigen ihr bekannten Verwandten. Auch wenn die Verhältnisse recht bescheiden sind, mangelt es ihr eigentlich an nichts und schon gar nicht an Liebe. Sie sind ein bestens eingespieltes Team und sich einig, dass Pferde furchteinflößend sind. Das ändert sich, als Godje an ihrem 14. Geburtstag ein anonymes Geschenk erhält, dessen Anblick ihre Nana erblassen lässt. Darin befindet sich ein Anhänger mit einem majestätischen Pferderelief, dass die Pferdegöttin Epona darstellt und sehr alt zu sein scheint. Godje trägt ihn fortan als Glücksbringer um den Hals. Auf ihrem Schulweg, der an einer Pferdekoppel vorbeiführt, merkt sie, dass die Pferde von ihr nunmehr angezogen zu werden scheinen. Das macht ihr Angst, doch ihr alter Schulfreund Fynn ermutigt sie, die Tiere zu streicheln. Bei der Berührung ihrer Stirn wird sie plötzlich von lebendigen Bildern und Empfindungen geflutet, die aus einer längst vergangenen Zeit zu kommen scheinen, aber auch von traumatischen Erlebnissen der betroffenen Tiere berichten. Was hat es damit auf sich?

Nein, Godje kann das Geheimnis ihrer Gabe und ihres Amuletts in diesem Band noch nicht entschlüsseln. Man lernt sie und ihre Welt behutsam kennen, damit man auch wirklich begreift, dass dieses Geburtstagsgeschenk, alles, was für sie bislang selbstverständlich war, völlig auf den Kopf stellt. Selbst ihr Freundeskreis verändert sich! Man spürt ihr Unbehagen, ihre Ohnmacht, ihre völlig Verwirrung. Ihre Empfindungen sind sehr lebendig und einfühlsam beschrieben, so dass man sich schnell in den Bann dieser mystischen Geschichte gezogen fühlt. Damit man bei all den längst halb vergessenen Gottheiten nicht durcheinander kommt, gibt es hinten ein Glossar, in dem sie alle aufgezählt werden. Da ja nicht jede Leserin unbedingt ein Pferdeprofi ist, ist es sehr praktisch, dass Godje anfangs überhaupt keine Ahnung im Umgang mit ihnen hat und alles erklärt bekommt. Denn an das Grundstück ihrer Nana, grenzt ein durch dichte Hecken getrenntes Pferdetherapiezentrum. Diese oft stark traumatisierten Pferde vertrauen ihr plötzlich und suchen ihre Nähe. Allen voran der bildschöne aber ungestüme und dadurch gefährliche Hengst Arion. Zu ihm ist die Verbundenheit besonders groß, bislang konnte noch niemand, auch nicht die bekannte Therapeutin Anyta Kuret, den Grund für ihre Verstörung herausfinden. Doch dank des Amuletts wird Godje zur Pferdeflüsterin, doch scheint sie auch durch die Zeit zu reisen, doch lediglich ihr Geist, ihr Körper bleibt. Ob mit ihr etwas nicht stimmt? Diese immer wieder in ihrem Gehirn aufblitzenden Erinnerungen an ferne Zeiten, werden immer deutlich gekennzeichnet durch eine Vignette und eine Änderung im Schriftbild. Dadurch kommt man nie durcheinander, sondern gerät in den Bann dieser Ahnungen oder Visionen, was immer sie auch sein mögen. Aber es gibt noch mehr Unerklärliches und Geheimnisvolles, das sich in diesem Band noch nicht aufklärt. Allerdings wird Godje klar, dass man ihr etwas verheimlicht und weder Nana, noch Anyta Kuret rücken mit der Sprache heraus. Da liegt echt ein spannendes Potenzial vergraben, das verblüffende Entwicklungen in den nächsten beiden Bänden erwarten lässt. Wahrscheinlich wird es auch in den nächsten Bänden noch so einiges geben, was Godjes Herz schneller schlagen lässt und es wird nicht nur die zarte Liebe sein.

Autorin Karin Müller ist nicht nur Journalistin und Autorin, sie ist auch passionierte Reiterin und Pferdeliebhaberin und inzwischen auch staatlich geprüfte Heilpraktikerin für Psychotherapie. Die vielfältigen Interessen und Erfahrungen lässt sie in ihre Bücher einfließen und sind die Grundlage für Godjes feines Gespür für die Stimmungen der Pferde.

Diese neue Triologie von Karin Müller richtet sich an Mädchen ab 12 Jahren. Bis auf einen kleinen Kuss, hat es nicht nur mir, sondern auch meiner 10,5 jährigen Tochter sehr gut gefallen.

Wir bedanken uns ganz herzlich für dieses wunderschöne Rezensionsexemplar bei Buchcontact und dem Schneiderbuch Egmont Verlag.