Montag, 14. Januar 2019

Heinrich Heine – Dichter unbekannt!, Rolf Becker & Claus Bremer, gelesen von Rolf Becker, audiolino 2 CDs



Heinrich Heine – Dichter unbekannt!, Rolf Becker & Claus Bremer, gelesen von Rolf Becker, audiolino 2 CDs

Heinrich Heine, ja, das war ein bekannter deutscher Dichter, aus Düsseldorf, nachdem ist sogar die Uni dort benannt, die Lorelay hat er besungen und dann? So spontan fiel mir da auch nicht mehr ein, aber darauf bezieht sich der Zusatz „Dichter unbekannt!“ nicht. Heinrich Heine wurde am 13.12.1797 in Düsseldorf geboren, also knapp 8, 5 Jahre nach Beginn der französischen Revolution, die Zeit seines Lebens sein Denken prägte. Nach dem Abitur studierte er Jura in Bonn, eigentlich ein staatstragendes Fach, aber er setzte sich dennoch stets kritisch mit der Staatsform, den sozialen Unterschieden und den Besitzständen auseinander. Er bewunderte die Revolution, behielt jedoch stets seinen Geist offen und reflektierte stets alles. So liebäugelte er später auch mit dem Kommunismus, aber auch dies nicht unkritisch. Da er bereits in Preußen für seine Denkweise unter Druck geriet, zog er nach Paris. Obwohl er deutsches Liedgut und Gedichte des Volksmundes aufschrieb und sein deutsches Liederbuch lange beliebt war, war er es nicht. Da er vor allem das Nationalistische Denken in Deutschland anprangerte, das ihn anwiderte, wurde sein Ansehen zu Bismarcks Zeiten nicht besser und die Nationalsozialisten übernahmen zwar zum Teil seine Texte in die Schulbücher, versahen sie dann aber mit dem Hinweis: „Dichter unbekannt!“, was natürlich Quatsch war, doch war Heine nicht nur gegen alles Nationalistische gewandt, er war auch noch Jude, was für Hitler noch erschwerend hinzu kam. 
Das war mir gar nicht so bewusst. Ich habe in Trier studiert und die Uni dort hat bis heute noch keinen Namen, weil der berühmteste Sohn der Stadt Karl Marx von vielen für unwürdig empfunden wird, Namenspatron der Uni zu sein. Bei den ewigen Diskussionen kam auch immer wieder auf, daß nun ja auch die Uni Düsseldorf einen Namen habe, aber die Brisanz dieser Namensgebung in Düsseldorf war mir in den 90er Jahren gar nicht bewusst. Daher fand ich diese Verknüpfung des lyrischen Werkes von Heine, von dem mir durchaus mehr bekannt war, als mir bewusst war, und des politischen Heine sehr interessant. Noch besser fand ich es, weil ich parallel einen Roman über eine hohe französische Adelige (Prinzessin Charlotte von Rohan) zur Zeit der Revolution und Heines las, die dieser geistigen Strömung natürlich kritischer gegenüberstand. Einige Gedanken Heines sind noch immer sehr aktuell und als er in etwa zitiert wurde mit „bei solchen Missständen wie in Deutschland damals hätten die Franzosen längst 10 Revolutionen angezettelt“ musste ich an die Gelbwesten denken und grinsen. Wie recht Heine doch hatte. Rolf Becker liest mit viel Gefühl und Nachdruck, wobei auch die Instrumentalisierung sehr passend ist. Seine Stimme kam mir allerdings bekannt vor, doch Becker ist ja als Nachname schon ähnlich wie Müller, Meier, Schmidt. In diesem Fall jedoch nicht so ganz. Rolf Becker ist der Vater der Schauspieler Ben Becker und Meret Becker und selbst nicht unbekannt, so kann man ihn regelmäßig Di. abends ab 21.00h in der Sachsenklinik „In aller Freundschaft“ auf dem ZDF sehen. Eigentlich mäßig spannend, bis man sich mehr mit seiner Person befasst und einem dann auch sein Sohn Ben besser verständlich wird. Rolf Becker hat sich schon sehr früh mit Heinrich Heine befasst, der gerade im Zuge der 68er Bewegung wieder in den Fokus rückte. So erhielten Rolf Becker und Claus Bremer im Juni 1972 den Auftrag zu einer ersten Fassung von „Dichter unbekannt“. Wie Heine ist auch Rolf Becker im linken Gedankengut verwurzelt und hat sich für den langzeitinhaftierten Christian Klar eingesetzt und ihm das Theaterpraktikum zur Resozialisierung verschafft. (Das stand jetzt so nicht alles im Begleitheft, aber als ich das Bild des Sprechers sah, dachte ich mir, den kenne ich doch! – und befasste mich mit ihm).
Die Informationsflut dieses Hörbuches ist nicht zu unterschätzen, daher sollte man es unbedingt mehr als einmal hören und das 12 seitige Begleitbuch lesen, es ist wirklich nicht nur sehr interessant, sondern auch eine wunderbare Ergänzung zu den zu hörenden Texten und Gedanken Heinrich Heines. Sehr komplex, sehr vielschichtig, nicht zum Nebenbeikonsum geeignet, besser in kleinen Dosen zum Mitdenken und auf sich Wirken lassen. Wer bei seinem Namen nur an „Die Lorelay“ denkt, dem wird nicht bewusst sein, wie sehr sein Werk die Denker dieses Landes doch geprägt hat und welch Risiko viele von ihnen eingingen, die in der Weimarer Zeit ein Denkmal für ihn forderten. Ich bin noch ganz geflashed vom Hören und kann es wirklich jedem sehr empfehlen, der Zeit und Bereitschaft hat sich mit Heinrich Heine zu befassen.

Vielen lieben Dank an den audiolino Verlag für das überraschend politische Rezensionsexemplar.

Sonntag, 13. Januar 2019

Wildhexe (1) – Die Feuerprobe, Lene Kaaberbol, Reihe Hanser, dtv



Wildhexe (1) – Die Feuerprobe, Lene Kaaberbol, Reihe Hanser, dtv

Clara ist eine ziemlich normale 11- jährige Dänin, sie lebt alleine mit ihrer Mutter in einer Wohnung und ist ziemlich schüchtern und zurückhaltend, außer bei ihrem besten Freund Oscar. Ihre übrige Familie kennt sie gar nicht, aber das hat sie bislang auch nicht weiter gestört. Bis sie eines morgens von einem riesigen schwarzen Kater angegriffen wird. Er versperrt ihr den Weg und fährt mit ihren Krallen durch ihr Gesicht. Es brennt höllisch und ihr wird ganz mulmig. Ihre Mutter ist ganz besorgt und als Clara immer höheres Fieber entwickelt, packt sie sie kurzerhand ins Auto und fährt mit ihr scheinbar ans Ende der Welt. Dort wohnt die Tante Isa, die Schwester ihrer Mutter, ganz abgeschieden in einem kleinen Häuschen mit vielen wilden Tieren. Sie ist eine Wildhexe, vertraut mit der Natur und den Tieren. Sie hat einen weiteren Sinn, den Wildsinn, mit welchem sie in ihrem Kopf die Sprache der Tiere hört und mit ihnen sprechen kann. Clara ist angeblich auch eine Wildhexe und nicht nur das, sie ist sogar in höchster Gefahr, weil eine abtrünnige Wildhexe es auf sie abgesehen hat. Ihre schlummernden Sinne zu wecken, ist jedoch schwieriger, als sie gedacht hat.

Meine Kinder mögen gerne magische Geschichten mit Tieren, Hexen und Abenteuern, aber sie sind nicht die eifrigsten Leser und die Schrift möchte bitte nicht so klein sein. Die FBM 2018 war daher eine gute Möglichkeit bei sämtlichen Verlagen die Aufmachung, Schriftgröße, Buchumfang und Geschichten zu vergleichen. Die Wildhexe von Lene Kaaberbol mit knapp unter 200 Seiten und noch recht großer Schrift und gefälligem Zeilenabstand fand vor den Augen beider Töchter Gnade. Dennoch wurde es nach dem ersten Kapitel abgebrochen, weil die ersten 6 Seiten so komisch waren. Als ich dann das Lesen übernahm, war es dann aber doch wirklich spannend (fand sogar der Vater) und wir sind durch die kurzen Kapitel gesaust, weil es sich dann ja auch als echt fesselnd herausstellte. Dieser Kinderroman aus Dänemark ist zu recht ein internationaler Erfolg, wobei Kinder eventuell erst Hemmungen vor den dänischen Namen überwinden müssen, was aber absolut harmlos ist. Es ist eher eine Frage der inneren Haltung. Der zuhörende Vater sagte: das ist aber echt sehr spannend geschrieben und die Vorlesende kann nur ihre große Bewunderung für die Übersetzung von Friederike Buchinger ausdrücken. Die Sprache ist unglaublich flüssig und selbst beim lauten Vorlesen der Wildstimmen, hakt es nie, es fließt wie selbstverständlich, als könne kein anderes Wort auf das nächste folgen, als das was dort gedruckt steht.

Clara ist eigentlich ziemlich unauffällig, eher klein, eher ängstlich, eher, naja, irgendwie nichts besonderes und so traut sie sich auch nicht viel zu, außer wenn ihr Sandkastenfreund Oscar bei ihr ist. Bei ihrer Tante Isa trifft sie allerdings auf eine andere Wildhexenschülerin, Kahla, die zwar in ihrem Alter, ihr offensichtlich jedoch absolut feindselig gegenübersteht. Clara hat keine Ahnung, warum Kahla so fies zu ihr ist, aber langsam geht sie ihr wirklich auf die Nerven, dieses ständig frierende exotische Mädchen, das stets in 10 Schichten wollener Kleidung eingemummelt ist. Sehr schön wird stets das Mienenspiel der beiden beschrieben, deren gegenseitige Abneigung sich immer wieder an Kleinigkeiten zeigt. So wird man richtig in den Bann dieser Konkurrenz und dieser wilden fremden Welt in den dänischen Wäldern (deren Existenz ich mir bislang nicht wirklich bewusst war) und fiebert mit. Denn Clara ist das Ganze eigentlich gar nicht so recht, sie ist nicht stolz eine Wildhexe zu sein, was immer das eigentlich auch sein mag. Sie möchte eigentlich nur wieder zurück in die Stadt und zu ihrer Mutter und Oscar, auch wenn Tante Isa, ihr Hund Tumpe und Pony Sterjne wirklich klasse sind. Doch in dieser vermaledeiten Pampa gibt es ja noch nicht mal ein Handynetz!

Dieses Buch wird vom dtv in einer sehr leserfreundlichen Art verlegt. Die kurzen Kapitel stammen von der Autorin, klar, kommen aber gerade Lesemuffeln sehr entgegen. Wenn es spannend ist, kann man ja bei so kurzen Kapitel gerade noch mal ein Kapitel mehr lesen, ist ja nicht so lang, und dann noch eins und noch eins..... Der entspannte Zeilenabstand lässt auch ungeübtere Leser leichter die aktuelle Zeile im Blick behalten, ohne daß man verrutscht und auch die Schriftgröße ist zwar kein Großdruck mehr, aber größer als z.B. Harry Potter.

Nun sind wir total gespannt auf Band 2: Wildhexe – die Botschaft des Falken, das müssen wir unbedingt weiterlesen!

Wir bedanken uns ganz herzlich bei Reihe Hanser/dtv für dieses Rezensionsexemplar und ganz besonders für den kinder- und augenfreundlichen Druck!